Landwirtschaft in Zeiten der Dürre: Wie Digitalisierung ein nachhaltiges Risikomanagement unterstützen kann

Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft © Ingo Bartussek ǀ Fotolia.com

Die langanhaltende Dürreperiode wurde in diesem Sommer zu einem der meistdiskutierten Themen in Deutschland. Agrarbetriebe sind von der anhaltenden Hitze und dem ausbleibenden Niederschlag besonders stark betroffen. Gegenüber dem Vorjahr werden die Ernteeinbußen in der Landwirtschaft auf etwa 10 Prozent pro Hektar geschätzt. Auch wenn in Deutschland dieses Thema erst jetzt in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt ist, sind derartige Dürresituationen in Osteuropa und Zentralasien schon seit mehreren Jahren keine Seltenheit.

Nach den vergangenen Rekordjahren markiert die Durchschnittstemperatur in diesem Sommer einen erneuten Höchststand. Der Bauernverband spricht von einer Dürrekrise und forderte eine Milliarde Euro als kurzfristige Unterstützung für die betroffenen Agrarbetriebe. Diese direkten Ausgleichszahlungen sind umstritten, da klimatische Bedingungen zu den Geschäftsrisiken in der Landwirtschaft zählen und dadurch falsche Anreize gesetzt werden könnten. Das Landwirtschaftsministerium verweist darauf, dass mögliche Zahlungen nur auf Grundlage tatsächlicher Erntedaten zu gewähren sind, um einen effizienten Einsatz von Steuergeldern sicherzustellen. Die Sammlung regionaler Erntedaten ist jedoch sehr zeitintensiv und löst nicht das Problem des Basisrisikos im Agrarsektor.

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Um die Landwirtschaft an Extremwetterereignisse anzupassen, besteht ein zunehmender Bedarf an modernen Risikomanagementinstrumenten. Neueste Satelliten- und Radartechnik, der Einsatz von Drohnen sowie die digitale Auswertung, Verarbeitung und Kommunikation von Daten durch mobile Endgeräte bieten vielfältige Möglichkeiten der Ertragsmessung und -analyse. Zugleich werden diese innovativen Anwendungen zur Unterstützung marktbasierter Risikoinstrumente, wie etwa indexbasierter Dürreversicherungen, eingesetzt. Auch wenn einzelne Versicherungen in Deutschland derartige Produkte bereits anbieten, ist die Nachfrage bislang niedrig. In den Ländern Zentralasiens, in denen der Bedarf nach einem wirksamem Risikomanagement höher ist, bestehen durch fehlende Finanzkraft der Betriebe, unterentwickelte Versicherungsmärkte und administrative Hürden weniger gute Voraussetzungen.

Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) widmet sich der Analyse von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungsprozessen in der Agrar- und Ernährungswirtschaft sowie in den ländlichen Räumen. Sein Untersuchungsgebiet erstreckt sich von der sich erweiternden EU über die Transformationsregionen Mittel-, Ost- und Südosteuropas bis nach Zentral- und Ostasien. Das IAMO leistet dabei einen Beitrag zum besseren Verständnis des institutionellen, strukturellen und technologischen Wandels. Darüber hinaus untersucht es die daraus resultierenden Auswirkungen auf den Agrar- und Ernährungssektor sowie die Lebensumstände der ländlichen Bevölkerung. Für deren Bewältigung werden Strategien und Optionen für Unternehmen, Agrarmärkte und Politik abgeleitet und analysiert. Seit seiner Gründung im Jahr 1994 gehört das IAMO als außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft an.

„In den kommenden Jahren sind weitere Häufungen von Dürrekrisen zu erwarten. Die Entwicklung und Unterstützung eines effektiven und nachhaltigen Risikomanagements in der Landwirtschaft ist ein dringendes Anliegen. Die Politik kann hierbei wegweisende Anreize setzen, beispielsweise durch eine steuerliche Gleichstellung von Dürreversicherung gegenüber anderen Klimarisikoversicherungen oder die Schaffung rechtlicher Grundlagen zum Einsatz von moderner Drohnentechnik. Hilfszahlungen könnten hingegen die Entwicklung von Digitalisierung und marktorientierten Formen des Risikomanagements verzögern und eine Abhängigkeit der Landwirtschaft von derartigen Zahlungen schaffen“, so IAMO-Wissenschaftlerin Lena Kuhn.