Pilotprojekt zur ökologischen und ökonomischen Nassgrünlandbewirtschaftung auf Moorböden

© Abteilung Grünland und Futterbau, Uni Kiel Mithilfe der Eddy-Kovarianz-Technik werden die Treibhausgasemissionen an vier Moorstandorten in der Projektregion über viele Jahre gemessen. Dadurch können die durch Wiedervernässung eingesparten Emissionen genau ermittelt werden.

Wie können für den Klimaschutz vernässte Moorböden von Landwirt*innen weiter genutzt werden und dabei ökonomisch attraktiv bleiben? Das wird in den nächsten zehn Jahren im Rahmen des Projekts KlimaFarm entwickelt und erprobt.

Im Verbund entwickeln hochkarätige Akteure aus Schleswig-Holstein in einem Pilotvorhaben eine ökonomisch und ökologisch tragfähige Nassgrünlandbewirtschaftung auf Moorböden. Die sogenannte Paludikultur soll Landwirten eine attraktive Alternative bieten, die neue Wertschöpfung mit den beiden größten Herausforderungen unserer Zeit, den Kampf gegen den Klimawandel und den Schutz der Biodiversität, verbindet.

Ziel ist es, dass sich Landwirten vermehrt für diese Nassbewirtschaftung entscheiden, dafür den Wasserstand auf ihren Moorböden erhöhen und mit neuen Produkten Geld verdienen. Damit könnten jedes Jahr viele tausend Tonnen CO2-Emissionen aus den Moorböden vermieden werden. Gut fürs Klima und eine neue Perspektive für die Landwirtschaft.

Das Projekt hat ein Gesamtvolumen von 15,5 Millionen Euro, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) fördert das Vorhaben mit insgesamt rund 12,4 Millionen Euro. Durchführen wird es die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein zusammen mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel unter Einbeziehung weiterer Partner. Zuständige Projektträgerin ist die Zukunft –Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH.

Das Verbundprojekt ist am 17. Dezember 2021 gestartet und beginnt jetzt mit der Zusammenstellung der Teams und dem Aufbau eines landwirtschaftlichen Modellbetriebs für nasse Moorbewirtschaftungen (Paludikultur) in Erfde, Kreis Schleswig-Flensburg. Damit wird die Eider-Treene-Sorge-Niederung als Schleswig-Holsteins moorreichste Region zum Innovations-Hotspot für die Landwirtschaft auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft.

Moorbauern brauchen Alternativen

Mehr als 90 Prozent der Moorböden in Deutschland und Schleswig-Holstein wurden in den letzten Jahrhunderten entwässert, um sie vor allem landwirtschaftlich zu nutzen. Doch diese Landwirtschaft auf trockengelegten Moorböden trägt erheblich zum Klimawandel bei und steht heute vor großen Herausforderungen.

Entwässerte Moore geben laufend klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre ab, allein in Deutschland über 53 Millionen Tonnen jedes Jahr. Das sind sieben Prozent der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen, im moorreichen Bundesland Schleswig-Holstein beträgt der Anteil mit 3,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sogar 18 Prozent. Erhöht man den Wasserstand wieder, wird ein Großteil dieser Emissionen gestoppt, nach einiger Zeit können vernässte und renaturierte Moore sogar wieder aktiv CO2 aus der Atmosphäre speichern.

Zudem ist die aktuelle entwässerungsbasierte landwirtschaftliche Nutzung endlich, da die entwässerten Moorböden immer weiter absacken – bei zugleich steigendem Meeresspiegel. Das führt dazu, dass die Entwässerung immer aufwändiger und teurer wird, bis schließlich die Entwässerungskosten den Ertrag der Flächen übersteigen.

Pioniere einer neuen Moorboden-Bewirtschaftung

Diese Alternativen werden auf der KlimaFarm gemeinsam von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und weiteren Akteuren aus Wissenschaft, Landwirtschaft sowie Moor- und Klimaschutz entwickelt. Dafür wird ein Modellbetrieb für die Nassgrünlandbewirtschaftung (Paludikultur) in Erfde, mitten im moorigen Herzen Schleswig-Holsteins, geschaffen.

Im Rahmen des Verbundvorhabens plant die Stiftung Naturschutz, auf trockengelegten landwirtschaftlich genutzten Moorflächen den natürlichen Wasserstand wiederherzustellen, darauf artenreiches Grünland als Paludikultur zu etablieren und mit der Nutzung der Biomasse neue Produkt- und Wertschöpfungsketten aufzubauen.

Wissenschaftler der CAU werden die Treibhausgasemissionen und die Biodiversität bei unterschiedlichen Wasserständen untersuchen, um weitere Erkenntnisse über eine klimaoptimierte Bewirtschaftung der Moorböden bei gleichzeitigem Artenschutz zu erlangen.

Durch diese enge wissenschaftliche Begleitung der Wiedervernässung und Nassbewirtschaftung der Flächen auf der KlimaFarm wird eine breite Datengrundlage zur Treibhausgas-Emission aus Moorböden geschaffen, die für die Klimaschutzziele vieler moorreicher Länder weltweit relevant sind. Aus den Daten soll mit Hilfe künstlicher Intelligenz die Vorhersage zukünftiger Treibhausgaseinsparungen auf Moorflächen möglich werden.

Schleswig-Holsteins Reichtum an Moorböden und seine hoch entwickelten Agrarstrukturen machen das Land zum optimalen Standort für dieses Projekt. Die Moorflächen bergen ein großes Potential für den Klimaschutz, den Artenschutz und die Landwirtschaft. Auf der KlimaFarm werden Techniken entwickelt, die diese Bereiche fruchtbar verknüpfen und Vorbild für Moor-Standorte in ganz Deutschland und Europa werden sollen. So positioniert sich Schleswig-Holstein nach Windkraft und Wasserstoff erneut als Pionier bei der Verknüpfung von Innovation und Klimaschutz.