Uni Augsburg: Auf der Piste an die Umwelt denken

Natursportarten, wie Schnee-, Wasser- oder Bergsport sind in Bayern für Lehramtsstudierende verpflichtender Teil des Studiums, in dem sie lernen, die Natur als Bildungsort zu nutzen. Colourbox

Die Auswirkungen des eigenen Handelns auf Umwelt und Gesellschaft zu verstehen, ist heute eines der wichtigsten Bildungsziele für junge Menschen. Eine Sportpädagogin der Universität Augsburg entwickelt Ideen, wie diese „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ angehenden Lehrerinnen und Lehrerinnen für das Fach Sport schon im Studium vermittelt werden kann. Besonders geeignet sind dafür die sogenannten Natursportarten, die in Bayern verpflichtender Teil des Lehramtsstudiums sind.

Winterferien, das heißt für viele: ab auf die Piste. Es wird Kunstschnee produziert, viele Urlauber sind mit dem Auto unterwegs und eine ganze Industrie wirft Kleidung und Ausrüstung auf den Markt, jede Saison erneut. Geht das nachhaltiger?
Natursportarten, wie Schnee-, Wasser- oder Bergsport sind in Bayern für Lehramtsstudierende verpflichtender Teil des Studiums, in dem sie lernen, die Natur als Bildungsort zu nutzen. Colourbox

„Ja“, sagt Julia Lohmann. „Auch beim Skiausflug kann ich mich fragen, wie ich einen möglichst kleinen CO2-Fußabdruck hinterlasse. Das beginnt bei der Frage ob und wann ich überhaupt fahre. Die Skisaison mit natürlichem Schnee verändert sich deutlich durch den Klimawandel und Kunstschnee verbraucht in der Herstellung sehr viel Energie. Wie reise ich an? Brauche ich wirklich neue Ski-Kleidung und wenn ja, wie wurde sie produziert und woraus besteht sie?“

Lohmann bildet an der Universität Augsburg Sportlehrerinnen und -lehrer aus und arbeitet an einem Konzept, wie das Nachdenken über die Folgen des eigenen Handelns und das Wissen, diese „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) weiterzugeben, bereits in die Lehrerausbildung integriert werden kann. Das Projekt sport.bne ist am Lehrstuhl für Sportpädagogik angesiedelt.

Nachhaltigkeit erleben beim Sport

Nachhaltigkeitsbildung zu vermitteln ist für Lehrkräfte herausfordernd. Die Themen sind in der Regel sehr vielschichtig. Meist gibt es viele Aspekte zu berücksichtigen, nicht immer ist die Faktenlage klar. Viele Themen werfen ethische Fragen auf und oft gibt es keine einfachen Lösungen.

„Lehrkräfte sind Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, auch bei diesem Thema. Sie prägen die ‚Erwachsenen von morgen‘“, erklärt Lohmann. „Sport ist ein beliebtes Schulfach und ein wichtiger Faktor in der Freizeitgestaltung vieler Kinder und Jugendlicher. Unsere Vision ist, dass Schülerinnen und Schüler zukünftig nicht nur lernen, wie sie freudvoll, sicher und gesund einen aktiven Lebensstil pflegen, sondern auch wie sie Sport und Freizeit nachhaltig gestalten können.“ In Bayern sind Natursportarten, wie Schnee-, Wasser- oder Bergsport, für Lehramtsstudierende verpflichtender Teil des Studiums. Bereits im Studium können die Studierenden lernen, wie sie die Natur als Bildungsort nutzen können. Bei der Ausübung von Natursportarten erleben die Schülerinnen und Schüler Umwelt und Umgebung . Dass und warum diese schützenswert sind und eines verantwortungsvollen Umgangs bedürfen, ist direkt erfahr- und sichtbar.

Aber auch andere Sportarten wie Fußball oder Leichtathletik bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte zu Themen der nachhaltigen Entwicklung. Beides sind traditionelle und beliebte Sportarten, die sowohl in zahlreichen Sportvereinen lokal verankert sind, die aber auch bei weltumspannenden Sportevents zahlreiche Zuschauer anlocken.

An solchen Sportarten können besonders gut soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte der Organisation von Sportveranstaltungen vom globalen Sportgroßereignis bis zur lokalen Stadtmeisterschaft oder dem Schulturnier veranschaulicht werden, Verflechtungen des Spitzensports mit Wirtschaftsunternehmen und Medienkonzernen können verdeutlicht werden oder es können regional spezifische Traditionen und Wertesysteme der sportlichen Praxis erkundet und mit denen des global vernetzten Spitzensports abgeglichen werden.

Bildungsziel der Vereinten Nationen

„Lehrkonzepte zur Schulung von BNE-spezifischer Kompetenz angehender Sportlehrkräfte fehlen jedoch in Bayern bislang. Dabei kann Sport einen wichtigen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung leisten. In unserem Projekt entwickeln wir entsprechende Lehrmodule für das Lehramtsstudium“, erklärt Lohmann. Die Studierenden sollen sowohl Fachwissen zu Nachhaltigkeitsthemen mit Sportbezug erwerben als auch fachdidaktische Kompetenzen, mit deren Hilfe sie BNE-Inhalte mit den Schülerinnen und Schülern erarbeiten. Die Lehrveranstaltungen sollen den Studierenden außerdem Raum geben, ihre eigenen Überzeugungen zu Nachhaltigkeit im Sport zu reflektieren und zu diskutieren, wie das eigene Sporttreiben, die sportbezogene Mobilität oder der sportbezogene Konsum mit Klimawandel, Menschenrechten, Naturschutz oder nachhaltigen Wirtschaftsweisen zusammenhängen.

Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein Bildungsziel, das die Vereinten Nationen bereits 2005 ausriefen und das seither in verschiedenen Programmen und Kampagnen weltweit weiterentwickelt wurde. In Bayern ist sie als schulart- und fachübergreifendes Bildungsziel im LehrplanPLUS enthalten.

Ziel ist, dass Schülerinnen und Schüler die Auswirkungen ihres eigenen Handelns auf die Welt verstehen und verantwortungsbewusste Entscheidungen treffen können. Die verschiedenen Dimensionen von Nachhaltigkeitsthemen (ökologische, soziale, wirtschaftliche und politische) sollen von ihnen analysiert und deren Wechselwirkungen verstanden werden.

Lehrerprofessionalität im Umgang mit Heterogenität

sport.bne gehört an der Universität Augsburg zum großen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung geförderten, Projekt „LeHet: Förderung der Lehrerprofessionalität im Umgang mit Heterogenität“.

Das Projekt sport.bne soll dazu beitragen, dass Lehrkräfte die Heterogenität in Bezug auf nachhaltigkeitsbezogene Überzeugungen konstruktiv nutzen können. Sie müssen Fähigkeiten erwerben, mit denen Sie Lernende dazu befähigen, verschiedene Perspektiven auf ein Thema zu verstehen, ihre eigene Position basierend auf faktischen Argumenten und ethischen Abwägungen zu vertreten, und Kompromisse einzugehen.