Backqualität von Dinkel-, Emmer- und Einkorn-Vollkornmehl nun schneller vorhersagbar: Die Ergebnisse einer Vergleichsstudie des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der TU München (Leibniz-LSB@TUM) erlauben es erstmals, die Backqualität von Dinkel-, Emmer- und Einkorn-Vollkornmehl schnell und verlässlich vorherzusagen.
Die neuen Resultate könnten zukünftig dazu beitragen, zeitraubende und aufwendige Voruntersuchungen im Labor zu ersetzen. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen veröffentlichten ihre Ergebnisse jetzt im Journal of Cereal Science.
Glutengehalt und -zusammensetzung bestimmen die Backeigenschaften
Gluten ist der Oberbegriff für ein Gemisch aus verschiedenen Speichereiweißen, die natürlicherweise im Korn und damit auch im Mehl von modernem Weizen, aber auch ursprünglichen Weizenarten wie Dinkel, Emmer und Einkorn enthalten sind. Vielen ist Gluten im Zusammenhang mit der Darmerkrankung Zöliakie bekannt. Bedeutend weniger Menschen wissen jedoch, dass der Glutengehalt insgesamt ebenso wie die Zusammensetzung des Glutens maßgeblich die Backeigenschaften von Mehlen bestimmen.
Das Gluten moderner Weizenarten verleiht dem Mehl eine hohe Wasseraufnahmefähigkeit und dem Teig Gashaltevermögen, Viskosität sowie Elastizität. Übliches Weizenmehl verfügt daher über sehr gute Backeigenschaften. „Mehle von Dinkel, Emmer und Einkorn enthalten zwar etwas mehr Gluten als herkömmliches Weizenmehl. Das Gluten ist jedoch anders zusammengesetzt. Die Folge ist, dass diese Mehle meist schlechtere Backeigenschaften besitzen“, erklärt Erstautorin Sabrina Geißlitz vom Leibniz-LSB@TUM. Aus solchen Mehlen hergestellte Brote seien in ihrer Struktur deutlich kompakter, krümeliger und weniger voluminös als Weizenbrot. Um dennoch die besten Backergebnisse zu erzielen, sei es laut Expertin wichtig, die Getreidemehle vorab auf ihre Backqualität zu testen und die geeignetsten auszuwählen. Denn nicht nur die Getreideart, sondern auch die Getreidesorte und die Anbaubedingungen beeinflussen die Glutenqualität.
Einkorn, auch Blicken oder Kleiner Spelz genannt, ist eine der ältesten domestizierten Getreidearten. Einkorn stammt vom wilden Weizen (Triticum boeoticum Boiss.) ab, der im Gegensatz zu Einkorn eine brüchige Ährchengabel (Rhachis) hat. Einkorn galt als Vorläufer von Emmer, Dinkel und Saatweizen, bis durch genetische Untersuchungen festgestellt wurde, dass Emmer von Wildem Emmer aus der Südosttürkei abstammt. Quelle Wikepedia
Da moderne Weizenarten aufgrund ihrer hohen Erträge weltweitweit sehr verbreitet sind, gibt es für deren Mehle bereits standardisierte Schnelltests. Diese bestimmen die Backqualität, indem sie das Aggregationsverhalten des im Mehl enthaltenen Glutens innerhalb weniger Minuten messen. Um die Backqualität von Dinkel-, Emmer- und Einkorn-Mehlen zu ermitteln, sind jedoch immer noch zeitaufwendige Backtests im Labor notwendig. Sie erfordern zudem erfahrenes Fachpersonal sowie größere Probenmengen.
Emmer, auch Zweikorn genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Weizen (Triticum). Er ist, zusammen mit Einkorn, eine der ältesten kultivierten Getreidearten. Diese Weizenart mit lang begrannten, meist zweiblütigen Ährchen wird heute in Europa kaum noch angebaut – wenn, dann im Wesentlichen der Schwarze Emmer. Daneben gibt es den Weißen und den Roten Emmer. Quelle Wikepedia
40 Getreidesorten im Vergleich
Um Abhilfe für das Problem zu schaffen, hat ein Team des Leibniz-LSB@TUM erstmals ein Schnelltestverfahren für Dinkel-, Emmer- und Einkorn-Vollkornmehle standardisiert. Hierzu untersuchten die Forschenden die Mehle von jeweils acht verschiedenen Weizen-, Hartweizen-, Dinkel-, Emmer- und Einkornsorten, die unter den gleichen geografischen und klimatischen Bedingungen gewachsen waren. Mit Hilfe unterschiedlicher Analysemethoden ermittelten sie die Werte zum Eiweißgehalt, zur Zusammensetzung und zum Aggregationsverhalten von Gluten und setzten die Daten in Beziehung zu den Teig- sowie den Backeigenschaften der unterschiedlichen Mehle.
Dinkel oder Spelz (auch: Spelt, Fesen, Vesen oder Schwabenkorn) ist eine Getreideart aus der Gattung des Weizens und ein enger Verwandter des heutigen Weichweizens. Es gibt sehr viele Mischformen und Übergänge zwischen „modernem“ Weizen und Dinkel, weil beide in manchen Regionen gemeinsam angebaut und auch miteinander gekreuzt wurden. Quelle Wikepedia
„Aufgrund der genormten Anbaubedingungen, haben wir erstmals verlässliche Vergleichsdaten für die verschiedenen Weizenarten erheben können“, sagt Katharina Scherf, Arbeitsgruppenleiterin am Leibniz-LSB@TUM. Nur so sei es möglich gewesen, einen bereits existierenden Mehl-Schnelltest so zu optimieren, dass er die Backqualität von Mehlen ursprünglicher Weizenarten präzise vorhersage.
Scherf ist zuversichtlich, dass die Studienergebnisse künftig in der Praxis Anwendung finden. Denn optimierte Schnelltests trügen schon heute wesentlich dazu bei, die Arbeit von Bäckern zu erleichtern. Zudem seien schmackhafte und bekömmliche Vollkornprodukte aus Dinkel, Emmer und Einkorn von vielen Menschen aus gesundheitlichen Gründen zunehmend gefragt.