Langanhaltende Dürren und Hitzewellen haben negative Folgen für Mensch und Umwelt. Treten beide Extreme zur gleichen Zeit auf, können die Auswirkungen zum Beispiel in Form von Waldbränden, Baumschäden und Ernteverlusten noch gravierender ausfallen. Klimaforscher des UFZ haben nun herausgefunden, dass unter Annahme eines globalen Temperaturanstiegs von zwei Grad im Zuge der Erderwärmung die Häufigkeit dieser gleichzeitig auftretenden Extremereignisse vor allem durch lokale Niederschlagstrends bestimmt wird. Das zu wissen ist wichtig, weil man so die Risikoanpassung an den Klimawandel und die Abschätzung seiner Folgen verbessern kann.
Dass sich infolge der globalen Erwärmung über den Landmassen die Temperaturen erhöhen werden und dies die Häufigkeit von Dürreperioden und Hitzewellen zunehmen lässt, gilt als gesichert – genauso wie die Tatsache, dass sich durch den Klimawandel die durchschnittliche Niederschlagsmenge an Land verändert.
Unklar war aber bislang, unter welchen Konstellationen beide Extremereignisse gemeinsam auftreten, als sogenannte „compound hot-dry-events“. Als solche Ereignisse definierten die UFZ-Forscher Sommer, in denen die Durchschnittstemperatur höher war als in 90 Prozent der Sommer zwischen den Jahren 1950 und 1980 und der Niederschlag gleichzeitig geringer ausfiel als in 90 Prozent der Fälle im selben Vergleichszeitraum. „In der Vergangenheit wurden Dürreperioden und Hitzewellen oft separat betrachtet, doch tatsächlich sind beide Ereignisse stark korreliert, was man zum Beispiel an den beiden Extremjahren 2003 und 2018 sehen kann.
Die negativen Folgen dieser kombinierten Extreme sind dann oft größer als nur bei einem Extrem“, sagt der UFZ-Klimaforscher Dr. Jakob Zscheischler, Letztautor der Studie. Doch wovon das gleichzeitige Auftreten dieser Extreme in der Zukunft genau abhängt, war bislang nicht bekannt – zu groß waren die Unsicherheiten, die die Forschung bei der Simulation bisheriger Klimamodelle in Kauf nehmen musste, um zu robusten Aussagen zu kommen.
Die Forscher nutzten nun ein neues, aus sieben Klimamodellen bestehendes Modellensemble, um diese Unsicherheiten zu reduzieren. Darin wurde jede Modellsimulation bis zu 100 Mal durchgeführt, um die natürliche Klimavariabilität abzudecken. Sie betrachteten den historischen Zeitraum der Jahre 1950 bis 1980 und verglichen die Ergebnisse mit denen eines potenziellen um zwei Grad wärmeren Klimas (im Vergleich zum vorindustriellen Niveau).
„Der Vorteil dieser Mehrfachsimulationen besteht darin, dass wir einen viel größeren Datenumfang als bei herkömmlichen Modellensemblen haben und daher kombinierte Extreme besser abschätzen können“, erklärt Dr. Emanuele Bevacqua, Erstautor und ebenfalls Klimaforscher am UFZ. Bestätigen konnten die Forscher mit der Modellierung die bisherige Annahme, dass die durchschnittliche Häufigkeit gleichzeitiger Dürre- und Hitzeereignisse künftig zunimmt: Lag diese zwischen 1950 und 1980 noch bei 3 Prozent, was statistisch gesehen alle 33 Jahre auftritt, wird sie in einem zwei Grad wärmeren Klima rund 12 Prozent betragen. Das wäre eine Vervierfachung im Vergleich zum historischen Zeitraum.
Neu ist nun, dass die Klimaforscher durch die Simulationen feststellen konnten, dass es nicht Temperatur-, sondern Niederschlagstrends sind, die über die Häufigkeit gleichzeitiger Dürre- und Hitzeereignisse in Zukunft entscheiden. Der Grund: Selbst bei einer moderaten Erwärmung von zwei Grad wird der lokale Temperaturanstieg so groß sein, dass künftig alle Dürren überall auf der Welt mit Hitzewellen einhergehen, unabhängig, um wie viel Grad genau sich lokal die Temperatur verändert.
Die Unsicherheit in der Häufigkeitsvorhersage lag nur bei 1,5 Prozent. Damit scheidet die Temperatur als entscheidende Dimension für die Unsicherheit aus. Anders der Niederschlag, für den die Forscher eine Unsicherheit von bis zu 48 Prozent berechneten: „Damit entscheidet die lokale Niederschlagsmenge, ob gleichzeitig Dürreperioden und Hitzewellen auftreten werden“, bilanziert Emanuele Bevacqua. Für Zentraleuropa bedeutet das zum Beispiel in der Prognose, dass im Fall eines „feucht“- Szenarios mit Zunahme des Niederschlags im Schnitt alle zehn Jahre gleichzeitige Dürreperioden und Hitzewellen auftreten, im Falle eines „trocken“-Szenarios bei abnehmenden Niederschlägen dagegen mindestens alle vier Jahre.
Für Zentral-Nordamerika würden solche Ereignisse alle neun Jahre („feucht“-Szenario) und sechs Jahre („trocken“-Szenario) erwartet. Diese regionalen Szenarien der Niederschlagstrends können als Grundlage für Anpassungsentscheidungen genutzt werden, um zum Beispiel Best- und Worst-Case-Szenarien zu evaluieren.
Doch auch wenn man weiß, dass Niederschlagstrends maßgebend sind für das Auftreten von gleichzeitigen Dürren und Hitzewellen, ist es immer noch schwierig, sie sicherer vorherzusagen: „Durch den Klimawandel kann sich die Verteilung von Niederschlägen in bestimmten Regionen verschieben. Das Niederschlagsregime hängt von der atmosphärischen Zirkulation ab, die durch Wechselwirkungen über große Teile des Erdballs die regionale Wetterdynamik bestimmt “, sagt Emanuele Bevacqua. Weil die Dynamik vieler dieser Prozesse noch nicht vollständig verstanden ist, ist es schwer, diese Unsicherheiten weiter zu reduzieren.
Die Erkenntnis, dass ein Trend einer Variablen das künftige Auftreten von zwei gleichzeitigen Extremereignissen bei einem globalen Temperaturanstieg von zwei Grad bestimmt, lässt sich auch bei anderen kombinierten Extremen nutzen. Das gilt zum Beispiel für das Zusammenwirken von tropischen Stürmen und Hitzewellen oder in den Ozeanen von marinen Hitzewellen und der Versauerung. „Dort ist jeweils der Trend in der Sturmfrequenz oder der Ozeanversauerung der entscheidende Faktor, der über das gleichzeitige Auftreten der beiden Extremereignisse in Zukunft entscheidet“, sagt Jakob Zscheischler.