Mittelstandspolitik im Zeichen der sozial-ökologischen Marktwirtschaft

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Mehr als 40 Vertreter und Vertreterinnen von wissenschaftlichen Instituten, Wirtschaftsverbänden, von der KfW Bankengruppe sowie seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen diskutierten über „Mittelstandspolitik im Zeichen der sozial-öklogischen Marktwirtschaft“.

„Wir wollen gemeinsam mit dem Mittelstand das Ziel der Klimaneutralität erreichen. Dafür arbeiten wir. Wir werden es Unternehmen erleichtern, eigenen erneuerbaren Strom zu nutzen. Das senkt ihre Kosten und hilft dabei, das Ziel von 80 Prozent Erneuerbaren in 2030 zu erreichen. Auch den Bereich der Fachkräftesicherung nehmen wir verstärkt in den Blick. Um klimafreundliche und nachhaltige Technologien einzusetzen, brauchen wir qualifizierte Fachleute im Mittelstand“, mit diesen Worten eröffnete Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär und Beauftragter der Bundesregierung für den Mittelstand, den gestrigen Round Table Mittelstand in Berlin.

Nach Ansicht von Prof. Dr. Friederike Welter (IfM Bonn/Universität Siegen) sind bei der Weiterentwicklung der sozialen Marktwirtschaft zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft drei grundlegende Schritte aus Sicht des Mittelstands notwendig: „Die Politik muss verbindliche Rahmenbedingungen festlegen, sie sollte den direkten Dialog zu den mittelständischen Unternehmen suchen und die Mittelstandspolitik insgesamt als Querschnittspolitik sehen.

Konkret bedeutet dies: Alle beteiligten Ministerien müssen bei Gesetzesinitiativen die Auswirkungen der Vorgaben auf die mittelständischen Unternehmen im Auge behalten, um unnötige Belastungen zu vermeiden.“ Schließlich leistet der Mittelstand nach Untersuchungen von Dr. Susanne Schlepphorst (IfM Bonn) neben seiner wirtschaftlichen Tätigkeit auch auf vielfältige Weise einen gesellschaftlichen Beitrag – und trägt somit zur Zukunftsfähigkeit und Krisenfestigkeit von Regionen bei.

Ein erheblicher Teil des Beitrags wird aber nicht allein von den Unternehmen generiert, sondern entsteht im Zusammenspiel mit anderen Akteuren in den Regionen. Die Vernetzung in der regionalen Gemeinschaft als auch die gemeinsame regionale Identität spielen eine große Rolle bei dieser gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Wertschöpfung.

Schon heute leisten die mittelständischen Unternehmen nach Aussagen von Dr. Michael Schwartz (KfW Research) einen wichtigen Beitrag zum Ziel der Klimaneutralität bis 2045: „In 2020 investierten rund 12 % aller mittelständischen Unternehmen insgesamt 22 Milliarden Euro in Vorhaben, die dem Klimaschutz dienen. Jeder zehnte Euro, den der Mittelstand im Jahr 2020 investiert hat, floss somit in Klimaschutzvorhaben.“

Unabhängig von der Gesamthöhe der Investitionen in den Klimaschutz, achten mittelständische Unternehmen auch verstärkt auf die CO2-Reduktion der eigenen Prozesse, Dienstleistungen und Produkte und versuchen die Klimaziele nicht nur über Kompensation und externe Reduktion zu erreichen. Dies zeigen laut Prof. Dr. Jörn Block (Universität Trier) erste Ergebnisse einer empirische Befragung von mehr als 300 mittelständischen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland.

Nach Untersuchungen von Bastian Krieger (ZEW Mannheim) erhöht das Erhalten öffentlicher Beschaffungsaufträge mit umweltorientierten Vergabekriterien die Wahrscheinlichkeit, dass kleine und mittlere Unternehmen umweltfreundlichere Produkte einführen. Ein Zusammenhang mit der Einführung umweltfreundlicherer Prozesse sei dagegen nicht festzustellen. „Diese Ergebnisse gelten mit hoher Wahrscheinlichkeit insbesondere für Jungunternehmen, da diese besonders stark von der zusätzlichen Nachfragesicherheit der Aufträge profitieren“, so der ZEW-Forscher.

Dr. Klaus-Heiner Röhl (IW Köln) präsentierte Ergebnisse aus der Arbeit des Instituts der deutschen Wirtschaft, die sich mit der Internationalisierung des Mittelstands und der Vorleistungs- und Rohstoffabhängigkeit der deutschen Wirtschaft vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine befassen. Während sich der Internationalisierungstrend in den vergangenen Jahren verlangsamt hat, bleibt die Abhängigkeit von Energieimporten – auch aus Russland – hoch.

Ebenso stellen auch das Ziel der Sustainable Finance insbesondere die KMU vor neue Herausforderungen: „Die kleinen und mittleren Unternehmen bereiten sich jedoch schon jetzt auf die neuen Pflichten vor, auch wenn konkrete Vorgaben beispielsweise im Zuge der EU-Taxonomie erst in den nächsten Jahren für die KMU zu erwarten sind. Dennoch wird deutlich, dass es für viele KMUs schwer wird, den Überblick über die wachsende Zahl an Berichtspflichten zu behalten und die bürokratischen Lasten zu beherrschen“, berichtete Dr. Matthias Mainz (IHK NRW).