Würden 60% der konventionellen Benzin- und Diesel-betriebenen Personenwagen in der Schweiz bis 2050 auf «strombasierte» Fahrzeuge umgestellt, also Batteriefahrzeuge, wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeuge und mit synthetischen Treibstoffen betriebene Fahrzeuge, könnten deren Treibhausgas-Emissionen (THG) von heute rund sechs Millionen Tonnen um jährlich zwei bis 4.5 Millionen Tonnen reduziert werden. Dabei sind die Rahmenbedingungen entscheidend.
Der Straßenverkehr ist heute für gut 30% der schweizerischen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Diese in der Realität zu senken ist indes komplex, denn der Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie führt nur dann zu einer Reduktion der Klimabelastung, wenn gleichzeitig mehr erneuerbare Energie in das Energiesystem integriert werden kann.
Transformation der Neuwagenflotte
In einer vom Kompetenzzentrum für Energie und Mobilität des ETH-Bereichs (CCEM) finanzierten Studie, die vor kurzem im Journal «Applied Energy» publiziert wurde, haben Forscher der Empa, des Paul Scherrer Instituts (PSI), der ETH Zürich und der EPFL gemeinsam die Potentiale der strombasierten Mobilität hinsichtlich Reduktion der Klimabelastung untersucht. Dies vor dem Hintergrund des sich verändernden schweizerischen Energiesystems.
Dabei wurden nicht nur die direkten inländischen, sondern auch die indirekten im Ausland produzierten Treibhausgasemissionen berücksichtigt. Indirekte Emissionen entstehen beispielsweise bei der Herstellung von Fahrzeugen und Treibstoffen oder bei der Förderung von Rohstoffen für Batterien.
Ausgehend von einem Neuwagen-Transformationsmodell, das primär auf der CO2-Gesetzgebung für die Fahrzeugneuzulassung basiert, wurde die Auswirkung auf den Gesamtfahrzeugbestand ermittelt. Während für die Neuwagenflotte etwa angenommen wurde, dass Benzin- und Diesel-betriebene Personenwagen bis 2040 zu 60% durch strombasierte Fahrzeuge ersetzt sein werden, wirkt sich dies in der Gesamtflotte erst allmählich aus: Erst 2050 würden dann 60% der Personenwagen auf strombasierter Mobilität basieren und nur noch 40% auf Benzin und Diesel. Der Energiebedarf für die strombasierten Antriebskonzepte wurde anhand der absehbaren technologischen Entwicklung bestimmt und rechnerisch in den abgeschätzten zukünftigen Strombedarf integriert.
Zwölf energiesystemische Szenarien
Die Forscher rechneten zwölf verschiedene Szenarien durch: Für die Transformation des Strommarktes wurden drei verschiedene Photovoltaik-Zubaupfade mit 13, 32 und 52 Terawattstunden (TWh) angenommen. Zudem wurden zwei verschiedene Stromimport-Szenarien für die Versorgung im Winter angenommen: Import von mehrheitlich erneuerbarer Elektrizität oder Strom aus fossilen Gaskombikraftwerken.
Schließlich wurde auch die Nutzungsmöglichkeit von überschüssiger Elektrizität untersucht. Vor allem die hohen inländischen Photovoltaik-Zubaupfade ziehen große temporäre Stromüberschüsse im Sommer nach sich. In den Simulationsmodellen wurden diese entweder für die Produktion von synthetischem Methan genutzt, das im Gasmarkt einsetzbar ist oder sie wurden «abgeregelt», das heißt, die solare Energieerzeugung wird gestoppt, um die Stromüberschüsse zu vermeiden.
Effizienz versus Flexibilität
Strombasierte Fahrzeuge unterscheiden sich stark in ihren energetischen Auswirkungen: Während Elektrofahrzeuge eine hohe energetische Effizienz aufweisen und ein Potential für Kurzzeit-Speicherung von überschüssigem Strom, können sie nur dann geladen werden, wenn zur gleichen Zeit Strom ins Netz eingespeist wird. Bei den synthetischen Treibstoffen – in der Studie wurde synthetisches Methan für den Einsatz in Gasfahrzeugen untersucht – ist genau das Gegenteil der Fall: Dieser Ansatz weist eine niedrige Effizienz auf, dafür kann überschüssige Energie aber über eine vergleichsweise lange Zeit gespeichert und unabhängig vom Zeitpunkt der Erzeugung in Gasfahrzeugen genutzt werden. Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge liegen bezüglich Effizienz und Flexibilität in etwa dazwischen.
Rahmenbedingungen sind entscheidend
Die Resultate der Simulationen zeigen, dass für acht der zwölf Szenarien die Unterschiede für die CO2-Reduktion zwischen Batteriefahrzeugen, wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellenfahrzeugen und mit synthetischen Treibstoffen betriebenen Fahrzeugen klein sind. Grund dafür ist, dass sich in diesen Fällen Effizienz und Flexibilität gegenseitig aufwiegen. Dies ist in allen sechs Szenarien der Fall, die von Importstrom aus Gaskombikraftwerken ausgehen, wenn in der Schweiz nicht ausreichend eigener Strom zur Verfügung steht, sowie in zwei Szenarien mit der Möglichkeit, mehrheitlich erneuerbaren Strom zu importieren.
In den restlichen vier Szenarien führt die Elektromobilität zu einer substanziell höheren Treibhausgas-Reduktion als die anderen Mobilitätstypen. In diesen Szenarien ist die Wirkung der Effizienz höher als diejenige der Flexibilität. Das gilt für die drei Szenarien, in denen überschüssige Elektrizität als synthetisches Methan umgewandelt und in anderen Sektoren (z.B. Straßengüterverkehr, Industrie, Wärme-/Stromkopplung) genutzt werden kann, sowie für das Szenario mit dem geringsten PV-Zubau und der Möglichkeit, erneuerbaren Strom zu importieren.
Insgesamt heißt das, dass die tatsächliche CO2-Reduktion beim Umstieg auf strombasierte Mobilität maßgeblich von den Rahmenbedingungen wie PV-Zubau, Nutzbarmachung von Stromüberschüssen und der Möglichkeit zum Import von erneuerbarem Strom abhängt.
Intelligente Ladesysteme
Zusätzlich zu den energetischen Berechnungen haben die Forschenden die Auswirkungen des Ladens von Elektrofahrzeugen auf das lokale Stromnetz untersucht. Denn ein einziges Elektrofahrzeug, das die ganze Nacht über an der Steckdose geladen wird, entspricht ungefähr vier Elektroherden, die sechs Stunden lang bei Vollleistung betrieben werden. Wichtig sind daher intelligente Ladesysteme, die die Ladeleistung der Fahrzeuge an die aktuell verfügbaren Netzkapazitäten anpasst. So kann verhindert werden, dass die Stromnetze überlastet werden und es im Extremfall zu Ausfällen kommt.