Studie zum Heizverhalten in Deutschland

Das Wärme- & Wohnen-Panel wird in Ariadne über drei Jahre durchgeführt und gibt detaillierten Einblick in die Wohn- und Heizsituation der Haushalte in Deutschland. Die ersten Ergebnisse liegen jetzt als Report vor.

Von Rekordpreisen für Kraftstoffe, Heizöl, Strom und Gas der vergangenen Monate bis hin zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs: Die Energiekrise belastet Haushalte unter anderem durch massiv steigende Heizkosten. Um die Klimaziele im Gebäudesektor voranzubringen und Haushalte zielgerichtet zu unterstützen, braucht es eine gute Informationsbasis. Bisher ist die Datenlage zur Heiz- und Energieinfrastruktur in Deutschland allerdings sehr spärlich. Diese Lücke will das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Kopernikus-Projekt Ariadne jetzt schließen:

Eine neue Erhebungsreihe unter rund 15.000 Haushalten über drei Jahre verbindet erstmals detaillierte Informationen zu Gebäuden und Energienutzung mit sozioökonomischen Merkmalen der Bewohnerschaft. Die ersten Ergebnisse liegen jetzt vor.

Ko-Autorin Kathrin Kaestner vom RWI: „Bis Mitte des Jahrhunderts soll der Gebäudebestand in Deutschland nahezu klimaneutral sein. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, muss umfangreich modernisiert werden und dazu müssen bestehende Hindernisse, wie Unsicherheiten über Förderprogramme und die Rentabilität von energetischen Sanierungen, beseitigt werden.“

Die im Klimaschutzgesetz festgelegten Vorgaben zur Emissionsreduktion im Gebäudesektor wurden bereits wiederholt verfehlt. „Jetzt kommen die Herausforderungen der aktuellen Energiekrise noch erschwerend hinzu“, erklärt Manuel Frondel vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. „Wir setzen hier an einem sehr grundsätzlichen Punkt an: Damit Politikinstrumente für eine effiziente und sozial ausgewogene Gebäudepolitik entwickelt und in ihrer Wirksamkeit überprüft werden können, braucht es auch detaillierte Daten zur Wohn- und Heizsituation der mehr als 40 Millionen Haushalte in Deutschland. Bislang wurden jedoch viele politische Maßnahmen im Gebäudesektor lediglich in dem guten Glauben aufgesetzt, dass sie hinreichend wirksam sind.“

Auch die Kritik des Bundesrechnungshofes im vergangenen Winter macht deutlich, wie dringend die Überprüfung der Wirksamkeit der Energieeinsparprogramme ist. Die Daten des Ariadne Wärme- & Wohnen-Panels bieten eine neue Basis dafür, zielgenaue Maßnahmen für unterschiedliche Haushaltsgruppen entwickeln und überprüfen zu können.

Ko-Autorin Antonia Schwarz vom PIK: „Die meisten Deutschen wissen offenbar nicht, was der CO2-Preis an konkreter finanzieller Belastung, aber auch an klimapolitischem Nutzen für die Erreichung der Klimaschutzziele bringt. Hier braucht es eine gezielte Aufklärung seitens der Politik. Eine gemeinsame Faktenbasis ist letztlich die Voraussetzung für einen erfolgreichen Dialog über die Ausgestaltung der CO2-Bepreisung.“

Die Erhebung wird nach 2021 auch 2022 und 2023 durchgeführt. Künftig können im Längsschnitt zum Beispiel Rückschlüsse über Veränderungen in der Heizinfrastruktur, Modernisierungstätigkeiten oder im Verbrauchsverhalten privater Haushalte gezogen werden. Dies soll etwa dazu beitragen, Hemmnisse und Barrieren der Haushalte bei der Änderung ihres Heizverhaltens zu identifizieren.

„So kann nicht nur die Wirksamkeit der Maßnahmen im Gebäudesektor künftig besser untersucht und ausgerichtet werden. Wir können auch konkrete Reaktionen auf Maßnahmen besser verstehen“, sagt Ko-Autor Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Besonders relevant ist das vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise. Die Erhebung wird in diesem Jahr deshalb unter anderem explizit abfragen, ob die Haushalte überhaupt schon über den starken Anstieg der Großhandelspreise für Gas informiert sind, und ob beziehungsweise wie sie darauf reagiert haben.“

Der Ausgangspunkt: Auswertung der Erhebungswelle 2021

Ergebnisse in fünf Schlaglichtern:

  • Einkommen und Energiekosten: In der Erhebung 2021 lagen die Kosten für Heizung und Warmwasser pro Quadratmeter für Mietwohnungen deutlich höher als für Eigentumswohnungen. Unabhängig von Eigentum oder Miete sinken die durchschnittlichen Kosten pro Quadratmeter in allen betrachteten Gebäudearten mit steigendem Einkommen.
  • Einkommen nicht ausschlaggebend für Modernisierung: Bei der Modernisierungstätigkeit in Eigentumswohnungen gab es 2021 kaum Unterschiede zwischen den Einkommensgruppen. Nur rund 20 Prozent der Befragten gaben an, sich eine energetische Sanierung nicht leisten zu können. Gleichzeitig schätzten 37 Prozent ein, dass sich eine energetische Sanierung trotz Förderprogrammen nicht lohnen würde. Insgesamt fühlten sich nur 25-30 Prozent der Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer gut informiert über bestehende Förderprogramme zur Gebäudesanierung.
  • Hohe Zustimmung für aktuelle Politikmaßnahmen: Die bestehenden Politikmaßnahmen im Gebäudesektor fanden 2021 überwiegend eine hohe Zustimmung und die Maßnahmen wurden als wirksam wahrgenommen. Viel Zustimmung erfuhren auch diskutierte neue Maßnahmen. Von der Wirksamkeit eines Einbauverbots für Gaskessel waren die Befragten dabei weniger überzeugt als von dem bereits verabschiedeten Einbauverbot neuer Ölkessel.
  • Zusätzlicher Informationsbedarf bei der CO2-Bepreisung: Fast 60 Prozent der Befragten fühlten sich eher nicht oder gar nicht über die CO2-Bepreisung informiert. Das wurde auch dadurch unterstrichen, dass unterschiedliche Preishöhen oder Informationen zu verschiedenen Rückverteilungen unter den Befragten kaum zu Unterschieden in der Akzeptanz oder Bewertung von Wirksamkeit und Fairness der CO2-Bepreisung führten.
  • Kostenaufteilung zwischen Vermietenden und Mietenden: Eine Aufteilung der Kostenbelastung der CO2-Bepreisung gemäß Bausubstanz, bei der der Kostenanteil des Vermietenden umso niedriger ist, je höher die Energieeffizienz des Gebäudes ist, genoss jeweils die höchste Zustimmung unter den befragten Mietenden und Vermietenden.