Studie: Unabhängigkeit von Erdgasimporten

Die Geothermie hat großes Potenzial für den Ökowärmesektor. LIAG

Das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) hat eine Metastudie zum Potenzial der Geothermie als erneuerbare Energie und als Ersatz für fossile Brennstoffe in der Wärmeversorgung in Deutschland veröffentlicht. Die Ergebnisse machen deutlich: Ohne den durch Sofortmaßnahmen initiierten, massiven Ausbau der Geothermie ist der Aufbau des Ökowärmesektors zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele nicht möglich. Dies geht auch mit einer praxistauglichen Reduktion des Energiebedarfs im Bereich Raumwärme und Warmwasser durch Gebäudesanierung einher. Die Handlungsempfehlungen können die Ausarbeitung einer nationalen Erdwärmestrategie unterstützen.

Insgesamt sind Dreiviertel der aktuellen Wärmeversorgung Deutschlands von Importen kohlenstoffhaltiger fossiler Brennstoffe wie Erdgas, Erdöl und Kohle abhängig. Der Bereich Raumwärme und Warmwasser machte im Jahr 2020 33,4 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland aus. So verursacht dieser Sektor zwischen 87 bis 89 Millionen Tonnen CO2-Emissionen jährlich. Er ist damit für den Großteil der CO2-Emissionen im Gebäudesektor verantwortlich.

Im Zuge der Reduktion von Kohlendioxidemissionen im Wärmesektor muss der Anteil fossiler Wärmeversorgung künftig durch erneuerbare Energien – also Ökowärme – ersetzt werden. Die neue Studie des LIAG hat bestehende Potenzialstudien zur Geothermie übergreifend ausgewertet und den Energiebedarf im Bereich Raumwärme und Warmwasser der Bundesrepublik Deutschland über die vergangenen 12 Jahre analysiert. Sie verdeutlicht das Potenzial von Geothermie als erneuerbare Energie für den Wärmesektor.

Bislang macht die Geothermie als erneuerbare Ökowärme nur einen Anteil von 10 Prozent aus – und damit nur rund 1,5 Prozent des gesamten Wärmebedarfs in Deutschland. Die Studie sieht dringenden Handlungsbedarf mit konkreten und zeitlich terminierten Ausbauzielen für die oberflächennahe, mitteltiefe und tiefe Geothermie. Ohne den Ausbau der Geothermie würde im Ökowärmesektor bis 2045 eine Versorgungslücke von mindestens 138 TWh/a entstehen.

Ausbau der Geothermie verhindert Versorgungslücke im Ökowärmesektor

„Die Geothermie, bestehend aus oberflächennaher Geothermie mit Einsatz erdgekoppelter Wärmepumpen sowie tiefer Geothermie, kann unter Einsatz etablierter Technologien zukünftig bis zu 42 Prozent der Ökowärme für den Bereich Raumwärme und Warmwasser abdecken“, erklärt Prof. Dr. Inga Moeck, Leiterin des Fachbereichs Geothermik und Informationssysteme am LIAG und Autorin der Studie. „Für die Formulierung der Ausbauziele der oberflächennahen und tiefen Geothermie bieten bereits vorhandene Studien unterschiedliche Lösungen. Mit einem Blick in den Energieverbrauch der vergangenen 12 Jahre konnte ich so entscheiden, welche der analysierten Studien solide Zielmarken zum Ausbau der Ökowärme mit Geothermie liefern.“

Für die Umsetzung sieht Moeck die Notwendigkeit von verschiedenen Maßnahmen. Bei entsprechender geologischer Datengrundlage und gezielter Förderung kann der geothermische Untergrund in verschiedenen Tiefen effizient genutzt werden. Bereits jetzt steht schon eine große Bandbreite geothermischer Technologien zum Einsatz bereit. Eine effiziente Nutzung etablierter geothermischer Technologien sieht die Nutzung des geologischen Untergrunds für den Bedarf an Wärme, Kälte und Speicherung vor.

Der Anteil erdgekoppelter Wärmepumpen in der oberflächennahen Geothermie soll zudem von derzeit knapp 30 Prozent auf gut 50 Prozent der insgesamt verbauten Wärmepumpen angehoben werden. Erdgekoppelte Wärmepumpen sind effizienter als Luftwärmepumpen, so dass ein zusätzlicher Strombedarf von etwa 4 TWh pro Jahr bis 2045 insbesondere zu Spitzenlastenzeiten im Winter eingespart werden könnte.

Wärmebedarf soll durch Stufenmodell reduziert werden

Der Ausbau der Geothermie soll gleichzeitig mit der Reduktion des Energiebedarfs im Bereich Raumwärme und Warmwasser durchgeführt werden. Ein Modell solider Bedarfsreduktion sieht ausgehend vom Verbrauchsniveau 2020 eine Einsparung von 3 Prozent pro Jahr bis 2030 und von 1 Prozent pro Jahr bis 2045 vor. Die Bedarfsreduktion kann durch Effizienzsteigerung im Rahmen der Gebäudesanierung und der Modernisierung der Wärmenetze erreicht werden. Zudem sollten Gas-, Öl- und Kohle-Heizungssysteme durch Geothermie-Heizungen ersetzt werden.