Dringender Appell für mehr Meeres- und Klimaschutz
Meeresforscher veröffentlichen „Kieler Erklärung“
In dieser Woche trafen sich mehr als 300 Forschende aus 33 Ländern in Kiel, um im Rahmen einer internationalen Fachtagung über die Abnahme des Sauerstoffs im Ozean und die Ursachen und Konsequenzen zu diskutieren. Zum Abschluss der Konferenz veröffentlichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun einen eindringlichen Appell, die „Kieler Erklärung“, in dem sie zu mehr Meeres- und Klimaschutz aufrufen.
Die Zahlen sind alarmierend: In den vergangenen 50 Jahren hat der Ozean global zwei Prozent Sauerstoff verloren. Die Wassermenge im offenen Ozean, in der jeglicher Sauerstoff fehlt, ist um mehr als das Vierfache gewachsen. Als wesentliche Gründe gelten die zunehmende Erwärmung, aber auch die Überdüngung der Ozeane. Langfristig gefährden diese Veränderungen nicht nur das Leben in weiten Teilen der Weltmeere, auch Rückwirkungen auf die Atmosphäre werden erwartet, wenn sich in sauerstofffreiem Wasser Treibhausgase wie Lachgas und Methan bilden.
Die Wissenschaftler, die sich aus aller Welt auf der vom Sonderforschungsbereich 754 (SFB 754) „Klima und Biogeochemische Wechselwirkungen im tropischen Ozean“ veranstalteten Konferenz in Kiel getroffen haben, waren sich einig, dass sofort und eindringlich auf dieses Problem hingewiesen werden muss, um Lösungsansätze zu entwickeln und die Sauerstoffabnahme so schnell wie möglich zu stoppen. Deshalb verabschiedeten sie einstimmig einen Appell zu mehr Meeres- und Klimaschutz, die „Kieler Erklärung“.
„Der Ozean steckt in einer globalen Krise“, sagt Prof. Dr. Andreas Oschlies vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Sprecher des SFB754. „Für die sehr produktiven und für die Welternährung wichtigen Gebiete vor Peru und vor Westafrika ist der Nachschub von Nährstoffen und Sauerstoff von essentieller Bedeutung“ so Oschlies weiter. Aber gerade hier, so haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den letzten 120 Jahren herausgefunden, nimmt der Sauerstoffgehalt besonders deutlich ab. Außerdem sind besonders diese küstennahen Gebiete von Überdüngung betroffen, was zu zusätzlichem Algenwachstum und letztendlich erhöhter Sauerstoffzehrung beim Abbau der Biomasse führt.
„Der Vergleich zwischen Messdaten und Ergebnissen komplexer numerischer Modelle zeigt, dass auch die besten Modelle die bisher beobachteten Veränderungen deutlich unterschätzen“, erläutert Prof. Oschlies. „Die Natur verändert sich schneller, als wir bisher angenommen haben“. Deshalb halten Oschlies und die mehr als 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz und des Global Ocean Oxygen Network (GO2NE) es für wichtig, öffentlich auf diese Veränderungen hinzuweisen und auch für eine verstärkte Ozeanbeobachtung zu plädieren, die schließlich zu einem besseren Verständnis der schnellen Veränderungen und zu robusteren Vorhersagen beitragen sollten. Unter dem Titel „Kieler Erklärung“ haben sie einen eindringlichen Appell zu mehr Meeres- und Klimaschutz erarbeitet.
Darin fordern die Unterzeichnenden international mehr zu Anstrengungen auf, das globale Bewusstsein für die Sauerstoffabnahme im Ozean zu schärfen, die Meeresverschmutzung und insbesondere den übermäßigen Nährstoffeintrag in den Ozean zu beenden und die globale Erwärmung durch entschiedene Klimaschutzmaßnahmen wirksam zu begrenzen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beziehen sich dabei unter anderem auch auf das Pariser Klimaschutzabkommen und das Nachhaltigkeitsziel 14 der Vereinten Nationen zur nachhaltigen Entwicklung der Meere und Ozeane. „Wir haben jetzt die Chance, durch Umdenken und Handeln starke und nicht mehr umkehrbare Auswirkungen des Klimawandels, der Verschmutzung und Übernutzung der Ozeane zu vermeiden“, sagt Prof. Oschlies. Doch die Zeit dafür läuft rasch ab. Deshalb wollen wir mit der „Kieler Erklärung“ auch ein deutliches Zeichen für dringend erforderliche Anstrengungen zum Stopp des Sauerstoffverlusts des Ozeans und damit für den Erhalt des größten Ökosystems der Erde setzen“, so der Kieler Wissenschaftler.
Pressemitteilung der Universität Kiel