Die nachhaltige Logistik und Mobilität der Zukunft

Prof. Dr. Pirmin Fontaine Constantin Schulte Strathaus Schulte Strathaus/upd

Bis zu 30 Prozent des Verkehrs in deutschen Städten gehen mittlerweile auf Güter- und Warenverkehr zurück. „Die Corona-Pandemie hat diesen Trend verstärkt und beschleunigt, da der Online-Handel und die damit verbundenen Zustellungen einen Boom erfahren haben“, sagt Prof. Dr. Pirmin Fontaine. Er hat an der Katholischen Universität Eichstät-Ingolstadt KU die Juniorprofessur für Operations Management inne und beschäftigt sich unter anderem mit den Potenzialen von Lastenrädern für Logistik im urbanen Umfeld.

Zudem ist er an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät Ingolstadt (WFI) der KU Dozent im neuen Bachelorstudiengang „Sustainability in Business and Economics“, der zum Wintersemester an der WFI startet. Ziel dieses Studienangebotes ist es, Nachhaltigkeit im Wirtschaftsleben zu verankern. Einen von vier Schwerpunktbereichen bilden dabei auch Fragen rund um Logistik und digitale System.

Denn nicht nur im Hinblick auf die Folgen des Online-Handels gilt es zu klären, wie sich Produktion, Logistik und Supply Chain Management global agierender Konzerne ressourcenschonend und sozial-verantwortungsvoll gestalten lassen. Dies ergründen die Studierenden im Schwerpunkt „Customer Experience, Digital Systems, and Operations for a Sustainable World“.

Professor Fontaine hat in einem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur geförderten Projekt untersucht, welches Potenzial Lastenräder in der Zustellung bis zum Kunden auf der sogenannten letzten Meile haben. Derzeit sorgen Kurier-, Express- und Paketdienste durch zahlreiche Stopps für massive Störungen im Verkehrsfluss, insbesondere während des Berufsverkehrs.

„Bei der Paketzustellung muss man drei Gruppen berücksichtigen: die Kunden, die Paketdienstleister und die Kommunen. In unserem Projekt haben wir uns auf die Kommunen konzentriert, um sie bei der Planung von Infrastruktur für Lastenräder zu unterstützen“, schildert Fontaine.

Denn diese meist elektrounterstützten Gefährte haben zwangsläufig einen beschränkten Radius und eine beschränkte Kapazität, um Ladung zu transportieren. Somit müssen auch die Touren kleiner konzipiert werden. Grundlage für diese Überlegungen sind sogenannte Mikro-Depots, die es strategisch geschickt in den Städten zu platzieren gilt. Waren, die von außerhalb der Stadt kommen, werden dabei mittels LKW oder Transporter zu Mikro-Depots und von dort dann mit Lastenrädern zum Endkunden geliefert. Die Belieferung der Depots kann in den frühen Morgenstunden zu Zeiten mit geringem Verkehrsaufkommen erfolgen.

Um die Gebiete mit hohem Potenzial zu ermitteln, haben Fontaine und die weiteren Projektbeteiligten basierend auf einem mathematischen Optimierungsmodell ein Tool entwickelt, mit dem Kommunen selbst Gebiete ermitteln werden können, in denen sich Lastenräder besonders lohnen. Unter Berücksichtigung von Kosten und Umweltaspekte wurden für München und Regensburg verschiedene Szenarien verglichen und analysiert. Die Modellrechnungen zeigten, dass sich bis zu 20 Prozent an Lieferwagen-Kilometern und im gleichen Maß CO2-Emissionen reduzieren ließen.

Eine Möglichkeit, um das Verkehrsaufkommen weiter zu reduzieren, haben die Forscher noch untersucht. Dabei berücksichtigten sie ein Phänomen, das jeder häufig im Alltag erlebt: Kaum wurde ein Paket geliefert, steht der Zusteller eines anderen Unternehmens vor der Tür, um weitere Ware abzugeben. Überlappende Touren verschiedener Dienstleister ließen sich durch eine sogenannte Konsolidierung vermeiden.

„Wichtig für solche Überlegungen ist es, die urbane Mobilität insgesamt in den Blick zu nehmen. Denn wenn wiederum nicht genügend Radwege vorhanden sind, wird es dort für anderen Nutzer zu eng, wenn Lastenräder die Infrastruktur nutzen. Hier braucht es ganzheitliche Konzepte für Mobilität in der Innenstadt“, erklärt Professor Fontaine.

Im Studiengang „Sustainability in Business and Economics“ werden daher zu solchen Fragestellungen die Expertise von Dienstleistungsmanagement, Wirtschaftsinformatik und Logistik verknüpft. So können zum Beispiel neue Modelle für Dienstleistungen entstehen, die beispielsweise auf dem Weg durch die Stadt jeweils das optimale Verkehrsmittel aufzeigen. Zudem gelte es wiederum, solche Geschäftsmodelle tragfähig zu gestalten, so dass sie sich langfristig etablieren können.

Eine Bewerbung für den zulassungsbeschränkten sechssemestrigen Bachelorstudiengang „Sustainability in Business and Economics“ ist in der Zeit vom 1. Mai bis 15. Juli möglich. Weitere Informationen finden sich unter http://www.ku.de/sbe.