Starkregen und daraus entstehende Sturzfluten gab es in den letzten Jahren immer häufiger. Sie haben zu großen Schäden an der Infrastruktur und vereinzelt sogar zu Verletzten und Todesopfern geführt. Sogenannte Notabflusswege stellen eine Möglichkeit dar, Wassermengen möglichst schadlos durch Wohngebiete abzuleiten. Mit ihnen befasst sich das Verbundforschungsprojekt „Urban Flood Resilience – Smart Tools“ (FloReST), das nun unter der Förderinitiative „Wasser-Extremereignisse“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gestartet ist.
Neben der Universität Trier sind die Hochschule Trier mit dem Umwelt-Campus Birkenfeld, die Hochschule Koblenz, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, der Softwareentwickler Disy Informationssysteme GmbH sowie die Ingenieurgesellschaft Dr. Siekmann & Partner beteiligt. Gemeinsam bündeln sie die nötigen Fachkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis.
„Unsere Kanalisation ist auf eine gewisse Wassermenge beschränkt, die sie abtransportieren kann“, erklärt Juniorprofessor Dr. Tobias Schütz von der Universität Trier. Bei Wasser-Extremereignissen wie Starkregen und dadurch entstehenden Sturzfluten würden allerdings so große Wassermengen frei, dass die Kanalisation regelrecht überflutet werde. „Es entstehen Oberflächenabflüsse, die möglichst kontrolliert und ohne große Schäden zu verursachen durch Siedlungen gesteuert werden müssen. Hierfür werden Notabflusswege in die Bebauung hinein geplant“, so Schütz.
In enger Abstimmung mit Pilotkommunen, Fachverbänden und betroffenen Bürgerinnen und Bürgern sollen nachhaltige und lokal angepasste Maßnahmen zur Hochwasser- und Sturzflutvorsorge entwickelt werden. Dabei stellt die kontinuierliche Einbindung einiger bereits von Sturzfluten betroffener Kommunen sicher, dass sich die entwickelten Maßnahmen auch in die Praxis übertragen lassen.
Schütz betont allerdings, dass alle beteiligten Gemeinden das Thema Notabflusswege bereits vor der Flutkatastrophe des vergangenen Jahres im Blick hatten: „Aus fachlicher Sicht war das Thema schon lange relevant, es mangelte an einer Umsetzung in der Praxis. Mit allen beteiligten Akteuren hatten wir schon vor mehr als anderthalb Jahren erstmals Kontakt.“
Während der dreijährigen Projektlaufzeit verfolgen die sechs Verbundpartner eine Reihe von Schwerpunktthemen. Dazu zählt die Neuentwicklung eines robotergestützten Systems, das eine hochaufgelöste 3D-Datenerfassung der innerörtlichen Infrastruktur ermöglicht. Damit wird eine bisher schwer erreichbare Erfassung kleinster Fließhindernisse und Bruchkanten ermöglicht.
Technologien mit künstlicher Intelligenz sollen zukünftig Notabflusswege durch Machine-Learning-Verfahren auch ohne die ressourcen-intensive detaillierte Anpassung hydraulischer Modelle für große Einzugsgebiete nachweisbar machen. Zudem soll der Einsatz von Drohnentechnik dazu genutzt werden, belastungsabhängige Notabflusswege experimentell auszuweisen, um die Maßnahmen zur Hochwasser- und Sturzflutvorsorge zielgenau planen und umsetzen zu können.
Des Weiteren ist geplant, eine App zu entwickeln, die die Erfahrungen und Ortskenntnisse der Bürgerinnen und Bürger zu vergangenen Starkregenereignissen erfasst. So soll die Bürgerbeteiligung gefördert und die Betroffenenperspektive mit einbezogen werden. Hinzu kommen Workshops, um Forschungsinteressen und die benötigten Lösungen in den einzelnen Kommunen zu ermitteln. „Was wir im Projekt erforschen, wollen wir möglichst zielgenau an die Bedürfnisse der Kommunen und der darin lebenden Bürgerinnen und Bürger anpassen“, betont Schütz.