TU Freiberg: Grubenwasser für die Wärmeversorgung nutzen

Der wissenschaftliche Mitarbeiter Lukas Oppelt im Versuchstand im Besucherbergwerk Ehrenfriedersdorf. Foto: TU Bergakademie Freiberg

Im ehemaligen Steinkohlerevier Lugau-Oelsnitz im Nordwesten Sachsens entstanden durch die Flutung des Grubengebäudes unterirdische Wasserreservoirs, die zur Quelle für die Wärme- und Kälteversorgung ganzer Kommunen werden könnten. Eine Analyse der TU Freiberg zeigt nun: Mit Wärmepumpen könnte Wärme für mindestens 500 Einfamilienhäuser gewonnen werden.

Grubenwasser hat standortabhängig meist ein Temperaturniveau zwischen 12 und 30 Grad Celsius. Da zur Versorgung von Wohngebäuden mit Heizwärme höhere Temperaturen benötigt werden, untersuchen die Freiberger Universität und die Firma DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH im Rahmen eines aktuellen Forschungsprojekts, wie das Grubenwasser dank Wärmepumpen genutzt werden kann.

„Eine Wärmepumpe funktioniert ähnlich wie ein Haushaltskühlschrank, nur nach dem umgekehrten Prinzip. Aus dem Grubenwasser wird Wärme aufgenommen, durch die Zufuhr von elektrischer Energie wird dann ein Kältemittel verdichtet und auf ein höheres Druck- und Temperaturniveau gebracht. Nachdem die Wärme anschließend an das Gebäude abgeführt wurde, wird das Kältemittel wieder entspannt und es kann wieder Wärme aus der Umgebung aufgenommen werden“, erklärt Prof. Tobias Fieback.

Großes Potenzial für kommunale Wärmeversorgung

„In Verbindung mit Wärmepumpen sind Grubenwässer eine stabile und erneuerbare Energiequelle zur Wärme- und Kälteversorgung von Kommunen“, sagt der Leiter des Lehrstuhls für Technische Thermodynamik an der TU Bergakademie Freiberg. Erste Analysen des Teams zeigen, dass durch das stündlich neugebildete Grubenwasser in den betreffenden Gemeinden Oelsnitz/Erzgebirge, Lugau, Hohndorf und Gersdorf, eine Wärmemenge von bis zu 3,7 Gigawattstunden pro Jahr verfügbar ist, wodurch bereits mehr als 500 Einfamilienhäuser mit Wärme versorgt werden könnten. „Wird weiteres Grubenwasser gehoben und nach der thermischen Nutzung wieder in das Grubengebäude zurückgeleitet, sind noch weitaus höhere Energiemengen, beispielsweise auch zur Versorgung von Gewerbegebieten möglich“, so Prof. Tobias Fieback.

Um die Heiz- und Kühlpotenziale im gefluteten Revier zu bestimmen, nutzten die Freiberger Forschenden Monitoring-Daten der durch den Freistaat Sachsen eingerichteten Grubenwasser-Messstellen. An einem Tiefenbrunnen in Hohndorf führt das Team außerdem Versuche mit einem mobilen Wärmepumpenversuchsstand durch. Mit einer GIS-basierten Berechnung erfasst die DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH parallel die Wärmebedarfe der Gebäude in der Modellregion für verschiedene Gebäudetypen und Nutzungsarten. Die beteiligten Gemeinden definieren im Rahmen des Forschungsprojekts kommunale Gebäude als mögliche Verbraucher und bringen eigene Pläne für die zukünftige Bebauung und Energieversorgung mit ein.

Kommunen und Stadtwerke informieren sich zur Technologie

Am 14. Juni fand an der TU Bergakademie Freiberg ein Wärmepumpen-Workshop für Gemeinden, Energieversorger und Stadtwerke statt, bei dem sich über 80 Teilnehmende aus Sachsen und weiteren Bundesländern trafen, um sich über die Wärmewende, bestehende Projekte und konkrete Umsetzungen zu informieren und darüber zu diskutieren. „Das Interesse an der Technologie ist groß, denn der vorgestellte Ansatz könnte prinzipiell in jedem ehemaligen Bergbaugebiet angewendet werden“, erklärt Prof. Tobias Fieback.

Hintergrund zum Forschungsprojekt MareEN

Bauherren, Kommunen sowie der Gesetzgeber achten aktuell vermehrt auf eine Versorgung mit regenerativer elektrischer- sowie Wärmeenergie von Wohngebäuden und Quartieren. Die Sanierung des Gebäudebestandes sowie die Neubauoffensive im Wohnungsbau bedürfen dabei neuer und weiterer Technologien für eine nachhaltige erneuerbare und unabhängige Energieversorgung.

Die Grubenwassergeothermie ist dabei ein möglicher Ansatz. Im Rahmen der Mehrwert-Initiative »Nachhaltig aus der Krise« des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft werden im Projekt MareEn Möglichkeiten untersucht, wie die Nachsorgemaßnahmen in ehemaligen Steinkohlerevieren in Einklang mit einer erneuerbaren Energieversorgung gebracht werden können. MareEn steht dabei für „Standortgenaue Machbarkeitsstudie zur regenerativen Energieversorgung von Gebäuden mittels Grubenwassergeothermie in den durch die Folgen des Steinkohlebergbaus geprägten sächsischen Gemeinden Oelsnitz/Erzgeb, Lugau, Gersdorf und Hohndorf“.