Die vom CaBOL Projekt (Caucasus Barcode of Life) unter Federführung des LIB durchgeführten Bioblitze im Kaukasus erbrachten eine Vielzahl Erstnachweise von Tierarten. Von der Grenze zum Iran im Süden bis an die Grenze Russlands im Norden sollten möglichst viele der bislang unbekannten Arten in einem Biodiversitäts-Hotspot der Erde erfasst werden. Ein Teil der von Expertinnen und Experten durchgeführten Expedition nach Armenien und Georgien waren zwei “Citizen Science” Bioblitze. Erstmalig erfassten jeweils mehr als 100 Naturbegeisterte mit viel Spaß in den botanischen Gärten von Yerevan (Armenien) und Tbilisi (Georgien) an je einem Tag so viele Arten wie möglich.
Bei einem Bioblitz versuchen für die Natur engagierte Menschen, in einem bestimmten Gebiet und während eines bestimmten Zeitraums möglichst viele Arten von Pflanzen, Pilzen und Tieren nachzuweisen. In diesem Falle fanden die Citizen Science Events “für alle” jeweils in den Botanischen Gärten von Yerevan (Armenien) und Tbilisi (Georgien) als Mischung aus Wettbewerb, Festival, Bildungsveranstaltung und wissenschaftlicher Untersuchung statt. Hierzu brachte CaBOL eine Gruppe von internationalen Forschenden sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern zusammen, um gemeinsam die biologische Vielfalt in einem besonderen Lebensraum in Georgien und Armenien zu erfassen.
Diese Veranstaltung richtete sich vor allem an Kinder und Jugendliche, die so zu Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für einen Tag wurden. Auf diese Weise sollen junge Menschen ein Interesse entwickeln, zu Taxonominnen und Taxonomen der Zukunft zu werden. Die Teilnahme in den Botanischen Gärten von Yerevan und Tbilisi war für die Öffentlichkeit kostenlos. Mit jeweils weit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, insbesondere von Schulklassen, waren beide Events ein großer Erfolg.
Ein Bioblitz ist eine etablierte Methode, um in kurzer Zeit eine große Menge an Arten zu erfassen. „Die Aufgabe ist groß, denn letztlich geht es darum, den Wert der Biodiversität für die Gesellschaft in einem Hotspot der Biodiversität in extrem kurzer Zeit zu dokumentieren. So tragen wir zum Schutz der wertvollen und bedrohten biologischen Vielfalt in einem der schützenswertesten Gebiete dieser Erde bei“, erläutert Dr. Nils Hein, Koordinator des CaBOL Projekts am Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB), Museum Koenig Bonn die Herausforderung.
Die Kaukasusregion ist einer der Biodiversitäts-Hotspots unseres Planeten und beherbergt immense ökologische Schätze. Die erfassten Proben dienen einer umfassenden genetischen Erfassung zahlreicher Tier- und Pflanzenarten des Kaukasus und damit dem Schutz großer und einmaliger Naturgebiete. Die DNA-Barcodes gilt es zu katalogisieren und in einer Referenzdatenbank zu speichern, die öffentlich zugänglich ist.
Dr. Martin Husemann, Insektenspezialist am LIB ergänzt: „Wir schaffen in Georgien eine Infrastruktur für Biodiversitätsforschung und Bildung. Aber auch zu Hause engagieren wir uns dafür, den Menschen die Natur näherzubringen. So organisierte das LIB, Museum der Natur Hamburg am Samstag, 18. Juni 2022, einen Bioblitz während des langen Tags der Stadtnatur in Hamburg. Indem wir in definierter Zeit schauen, wie viele Arten wir gemeinsam finden, sehen wir, wie divers die biologische Vielfalt um uns herum ist – selbst im städtischen Umfeld.
Nichts erscheint uns geeigneter als viele und vor allem junge Menschen einzuladen, bei unseren Untersuchungen mitzumachen und die riesige Vielfalt an Arten zu erkennen, die uns im Alltag umgeben.“ Auch die beiden Citizen Science Bioblitze in Tiblisi und Yerevan richteten sich insbesondere an Kinder und Jugendliche, die so in einem “Schnupperkurs” zu Forschenden für einen Tag werden.
Im Kontext mit alten und neueren Sammlungsdaten aus aller Welt ergibt sich so die Möglichkeit zur Prognose über die Entwicklung der Biodiversität in Zeit und Raum. Welche Arten könnten Verlierer im globalen Artensterben und im Kontext der Klimakrise sein? Fachleute könnten so auch herausfinden, welche Arten möglicherweise Profiteure globaler und regionaler Umweltveränderungen sein könnten.
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt CaBOL hat zum Ziel, zahlreiche Tier- und Pflanzenarten des Kaukasus zu katalogisieren. Der Schwerpunkt des Projekts liegt zunächst auf dem artenreichen Südwest-Kaukasus, auf den Ländern Georgien und Armenien. Der Kaukasus ist einer der Hotspots der biologischen Vielfalt auf unserem Planeten, jedoch ist diese Artenvielfalt durch viele Faktoren wie den Klimawandel, die industrialisierte Landwirtschaft und die Ausbreitung invasiver Arten bedroht.
CaBOL wird zukünftig ein Standbein für die nachfolgende angewandte Biodiversitätsforschung sein und die Bildungsinfrastruktur in der Kaukasusregion weiter ausbauen. Zusätzlich ergänzt diese Arbeiten das von der VW-Stiftung finanzierte NICCCO Projekt (New Infrastructure for Caucasian Collection of Chalcids and Orthoptera) Projekt, das zum Ziel hat, eine neue Infrastruktur und Wissenstransfer zum Aufbau physischer und digitaler Sammlungen für Insekten des Biodiversitäts-Hotspots Kaukasus aufzubauen.
Im Rahmen des CaBOL-Projekts arbeitet das LIB eng mit folgenden Projektpartnern zusammen: Ilia State University, Tbilisi; Agricultural University of Georgia, Tbilisi; Yerevan State University; Scientific Center of Zoology and Hydroecology, Yerevan; Georg-August-Universität Göttingen; Universität Koblenz-Landau. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen aus anderen Instituten in ganz Europa unterstützen das Projekt zusätzlich.