Die Umsatzverluste durch Lebensmittelabfälle und Lebensmittelspenden im Lebensmitteleinzelhandel sind von 2019 zu 2020 um mehr als zwölf Prozent gesunken. Das geht aus einer Erhebung hervor, die das Braunschweiger Thünen-Institut für Marktanalyse aktuell durchgeführt hat. Für die Studie lieferten 16 Lebensmitteleinzelhändler und erstmals auch sechs Großhändler Daten darüber zu, wie viele Tonnen Lebensmittel sie im Jahr 2020 nicht verkauft haben. Auch wenn in der Tendenz weniger Abfälle im Handel anfallen, können die Forschenden daraus noch keinen Trend ableiten. Dafür ist eine längere Zeitreihe erforderlich.
„Durch die größere Anzahl von Handelsunternehmen, die an der Studie teilgenommen haben, ist die Datenqualität unserer Ergebnisse deutlich gestiegen“, sagt Lia Orr, Projektmitarbeiterin am Thünen-Institut für Marktanalyse. Dennoch können die Forschenden auch weiterhin nur schätzen, wie viele Lebensmittel tatsächlich in den Müll wandern oder beispielsweise an die Tafeln gespendet oder zu Tierfutter verarbeitet werden.
Der Handel weist diese Verwertungslinien nicht gesondert aus. Expertinnen und Experten vom EHI Retail Institute, das einen Teil der Daten für die Studie zugeliefert hat, schätzen, dass etwa 30 Prozent der deklarierten Verluste gespendet werden. „Wenn der Lebensmitteleinzelhandel seine abgeschriebenen Abfälle detailliert aufführen würde, könnten auf dieser Datengrundlage deutlich passendere Programme zur weiteren Reduzierung der Lebensmittelabfälle entwickelt werden“, sagt Projektleiter Dr. Thomas Schmidt vom Thünen-Institut für Marktanalyse.
Zentrale Rolle des Handels
Der Lebensmittelhandel spielt bei der Reduzierung von Abfallmengen eine zentrale Rolle: Er liefert nicht nur Daten, sondern hat auch den direkten Kontakt zu Verbraucherinnen und Verbrauchern. In Privathaushalten entstehen die mit Abstand meisten Abfälle. In den Supermärkten und Lebensmittelläden ist es am einfachsten, direkt auf die Themen Lebensmittelverschwendung und Abfallreduzierung hinzuweisen. Zugleich können Handel und Produzierende die Verluste in der Zulieferkette reduzieren, etwa durch geringere Qualitätsanforderungen.
Die aktuelle Thünen-Studie ist Teil des Dialogforums Groß- und Einzelhandel zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Forschende des Thünen-Instituts für Marktanalyse und des Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP) arbeiten gemeinsam mit Unternehmen und Verbänden an einem Monitoring der Lebensmittelabfälle und entwickeln effiziente Maßnahmen zu deren Reduzierung. Ziel ist unter anderem eine Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und der Wirtschaft, um das übergeordnete Bestreben einer EU-weiten Halbierung der Lebensmittelabfälle zu erreichen.