Im Gedächtnis zahlreicher Kulturlandschaften ist der Baustoff Holz tief verankert. Wieviel Zukunft das Bauen mit Holz eröffnet, zeigt nun eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) auf. Unter baukulturellen wie unter bautechnischen und gestalterischen Gesichtspunkten wird darin beleuchtet, wie der Holzbau auch in die Stadt zurückkehren kann. Ein Mehr an Farbigkeit, so die These, ist dabei der Schlüssel zu mehr Akzeptanz. Referenzprojekt der Untersuchung ist das mit farbigen, begrünten Holzfassaden konzipierte Wohn- und Bürogebäude „Vinzent“ im Münchener Stadtteil Neuhausen.
Im Gedächtnis zahlreicher Kulturlandschaften ist der Baustoff Holz tief verankert. Wieviel Zukunft das Bauen mit Holz eröffnet, zeigt nun eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) auf. Unter baukulturellen wie unter bautechnischen und gestalterischen Gesichtspunkten wird darin beleuchtet, wie der Holzbau auch in die Stadt zurückkehren kann. Ein Mehr an Farbigkeit, so die These, ist dabei der Schlüssel zu mehr Akzeptanz. Referenzprojekt der Untersuchung ist das mit farbigen, begrünten Holzfassaden konzipierte Wohn- und Bürogebäude „Vinzent“ im Münchener Stadtteil Neuhausen.
Die an der Professur für Entwerfen und Baukonstruktion des KIT erstellte, vom Projektentwickler Bauwerk beauftragte und finanzierte Studie „Farbige Holzfassaden im urbanen Kontext“ identifiziert unter anderem drei Megatrends, welche den neuen Holzbau-Boom tragen: Beim Megatrend „Ökologie und Umwelt“ punktet Holz mit seiner naturstofflichen CO2- und Energiebilanz, hoher Kreislaufgerechtigkeit, Emissionsreduktionen und einer vergleichsweise guten Verfügbarkeit. Im Hinblick auf „Technisierung und Digitalisierung“ verzeichnet der Holzbau eine massive Weiterentwicklung, so durch die Kopplung von Entwurfsprozess (CAD) und Herstellungsprozess (CNC) sowie neue Möglichkeiten der Flächenbearbeitung.
Beim dritten Megatrend „Schaffen von Wohnraum“ schließlich erweist sich Holz anderen Baustoffen insofern als überlegen, als es häufig modular vorgefertigt und entsprechend effizient verbaut werden kann – etwa bei Nachverdichtungen bestehender Quartiere. „Gerade weil der Holzbau im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs immer mehr Raum einnimmt, muss er sich in seinem Ausdruck neu erfinden, um speziell in der Stadt eine neue Position einnehmen und halten zu können“, betont Professor Ludwig Wappner vom Institut Entwerfen und Bautechnik (IEB) des KIT. „Wir glauben, dass dies auf der Grundlage des gestalterischen Potenzials von Materialehrlichkeit, neuester Fertigungsmöglichkeiten sowie baukultureller Kontinuitäten geschehen sollte.“
Farbigkeit erfreut das Auge und schützt das Holz
Diese Rückkehr des Baustoffes Holz in die Urbanität knüpft, so die Architekten und Forschenden des KIT, an handwerkliches Wissen und ästhetische Gesetzmäßigkeiten aus Vor-Beton- und Vor-Stahl-Zeiten an, meint jedoch nicht eine Renaissance dörflicher oder kleinstädtischer Fachwerkidyllen. Vielmehr gehen die städtebaulichen Anforderungen der Gegenwart mit der konstruktiven Logik des Holzbaus gänzlich neue Verbindungen ein. Im Fokus der an Planer, Bau- und Sanierungswillige sowie an interessierte Laien gerichteten Publikation steht hierbei die Holz-Fassade. Die Autoren beschreiben den Wandel von stabförmigen zu flächigen Bauelementen und plädieren für Sperrholzflächen und Brettstapeldecken (beispielsweise in Form von Verschalungen), für einen konstruktiven, das heißt nicht-chemischen Holzschutz, für ökologisch durchdachte Begrünungskonzepte – sowie für ein Mehr an Farbigkeit.
„Farbe ist die Eintrittskarte des Holzbaus in die Stadt“, sagt Architekt Dr. Falk Schneemann vom IEB, neben Ludwig Wappner und Peter Hoffmann, IEB, dritter Verfasser der Untersuchung. „Farbe schafft Akzeptanz und erleichtert die kontextuelle Einfügung von Holzbauten in gewachsene städtische Quartiere.“ Darüber hinaus schützen moderne, gesundheitlich unbedenkliche Farblasuren das Holz vor schädlichen Umwelteinflüssen wie Abgasen, UV-Strahlung oder Pilzen.
Referenzprojekt in der Münchener Innenstadt
Zeitgleich zur wissenschaftlichen Erarbeitung der Studie und in personeller Verknüpfung durch das ausführende Architekturbüro allmannwappner wurde in einem Gründerzeit- und Nachkriegsquartier in München-Neuhausen der Holzhybridbau „Vinzent“ konzipiert. Das exemplarische innerstädtische Vorhaben, realisiert vom Projektentwickler Bauwerk , soll ab 2024 insgesamt 56 Wohnungen sowie Büros beherbergen. Die Erscheinung des Gebäudes prägt die farbige Fassade aus Fichtenholz mit zahlreichen Gestaltungsdetails und einem angegliederten, selbstversorgenden Pflanzensystem.
„Wir führen unser eigenes Unternehmen nach ESG-Gesichtspunkten und bauen diese Haltung zunehmend aus. Das spiegelt sich auch in unseren Projekten immer mehr wider“, sagt Jürgen Schorn, geschäftsführender Gesellschafter von Bauwerk. „Mit ‚Vinzent‘ setzen wir zum ersten Mal auf den Bau mit Holz. Diese nachhaltige Ausrichtung macht das Projekt zu einem der gefragtesten, das wir jemals hatten. Das zeigt: Umweltbewusstsein steht ganz oben auf der Agenda der Menschen und ist ein echter Kaufanreiz.“