Der Durst von Pflanzen und Ökosystemen wird immer größer

The Endless Seasonal Cycle Madeleine Nicolas (distributed via imaggeo.egu.eu, CC-BY 3.0)

Wichtige Leistungen von Ökosystemen werden künftig zunehmend von der Wasserverfügbarkeit abhängen. Anhand aktueller Simulationen mit Klimamodellen fand ein internationales Forscherteam mehrere Regionen, in denen Wasser zunehmend die Ökosysteme limitiert. Darunter auch Zentraleuropa, der Amazonas und West-Russland. Gesunde Ökosysteme sind für die Gesellschaft lebenswichtig, da sie mehrere wichtige Funktionen erfüllen, z. B. Nahrungs- und Wasserversorgung, Bindung von anthropogen freigesetzten Treibhausgasen und Kühlung der Umwelt.

Gesunde Ökosysteme benötigen ausreichend Sonnenenergie und Wasser aus den Böden. Nur so kann die Vegetation Photosynthese betreiben und wachsen, und zur Bereitstellung zahlreicher wichtiger Leistungen der Ökosysteme beitragen. Durch den Klimawandel verändert sich die Energie- und Wasserverfügbarkeit für Pflanzen. Während Pflanzen aufgrund der globalen Erwärmung weltweit ständig mehr Energie zugeführt wird, wird die regionale Verfügbarkeit von Wasser in Zukunft immer unsicherer.

In einer neuen Studie, die im Fachjournal Nature Climate Change veröffentlicht wurde, untersuchte ein Forscherteam aus Deutschland, den Niederlanden und Australien mit modernen Klimamodellen dieses Problem. Mit aktuellen Simulationen analysierten sie Daten für den Zeitraum 1980 bis 2100. Sie fanden damit heraus, wie sich die gleichzeitig auftretenden Veränderungen der Wasser- und Energieverfügbarkeit auf die Funktionen und Leistungen der Ökosysteme auswirken.

„Wir haben festgestellt, dass die Ökosysteme weltweit immer durstiger werden, sie werden immer stärker von Wasser abhängig“, sagt Dr. Jasper Denissen, ehemals Doktorand am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena und Erstautor der Studie. Die Forscher haben mehrere „Hot-Spot-Regionen“ ausgemacht, in denen Ökosysteme besonders schnell in die Wasserabhängigkeit geraten. Dazu gehören große Gebiete in Zentraleuropa, dem Amazonas und Westrussland.

Die zunehmende Abhängigkeit vom Wasser kommt auf verschiedene Weise zustande. In den schon früher an Wasserknappheit leidenden Ökosystemen nimmt der Bedarf weiter zu. Darüber hinaus wird nun in vielen Regionen, in denen Ökosysteme früher nicht ausreichend mit Wärmeenergie versorgt waren, Wasser immer häufiger auch zum limitierenden Faktor. Grund dafür ist die zunehmende Energiezufuhr durch die globale Erwärmung im Klimawandel.

Der Studie zufolge wird die Vegetation im Jahr 2100 im Vergleich zu 1980 auf zusätzlichen 6 Millionen Quadratkilometer unserer Landoberfläche durch die Wasserverfügbarkeit beeinträchtigt sein. Und dieser Effekt tritt nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich auf. Die Dauer der Wasserabhängigkeit wird in fast der Hälfte des Untersuchungsgebiets um bis zu 2 Monate pro Jahr zunehmen.

„Aus diesen räumlichen und zeitlichen Verschiebungen folgt, dass die Pflanzen in größeren Regionen und während längerer zusammenhängender Zeiträume auf der Erde von Wasser abhängen“ sagt Dr. René Orth, ebenfalls führender Autor der Studie. Dies gefährdet die Stabilität und Gesundheit der Ökosysteme. Wichtige Funktionen für die Gesellschaft könnten eingeschränkt werden. Zu den möglichen Auswirkungen gehören eine Nahrungsmittel- und Wasserknappheit, die Verminderung der Aufnahme von anthropogen freigesetztem Kohlendioxid (CO₂) aus der Atmosphäre sowie eine abnehmende Pufferkapazität gegenüber Extremwetter wie Hitze und Trockenheit.

Die verschiedenen Funktionen und Leistungen der Ökosysteme sind in vielfältiger Weise miteinander verknüpft, wie der folgende Mechanismus der Pflanzenphysiologie verdeutlicht. Während der Photosynthese öffnen sich winzige Poren auf der Blattoberfläche, die sogenannten Spaltöffnungen, um aus der Atmosphäre CO₂ aufzunehmen. Mit dem Umsetzen von CO₂ gewinnt die Pflanze Energie und baut Biomasse auf. Dies trägt dazu bei, den anthropogen verursachten Anstieg von CO₂ in der Atmosphäre zu mildern.

Gleichzeitig verdunstet durch die geöffneten Poren Wasser aus den Pflanzen in die Atmosphäre, wodurch ein Kühlungseffekt eintritt. Diese Kühlung hängt von der Wasserverfügbarkeit ab und ist besonders bei Hitzewellen wichtig. Sie kann dazu beitragen, die höchsten Temperaturextreme und den damit verbundenen Hitzestress zu dämpfen. Das Beispiel unterstreicht wie wichtig es ist, die Reaktion der Ökosysteme auf den Klimawandel zu verstehen. Nur so können mögliche Anpassungen der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung geplant werden, um Funktionen und Dienstleistungen der Ökosysteme für die Gesellschaft zu erhalten.