Carola Martens hat gemeinsam mit weiteren Forschenden von Senckenberg und von der südafrikanischen Stellenbosch University untersucht, wie sich der Klimawandel auf die Vegetation in Schutzgebieten in Afrika auswirken könnte. Zudem zeigt das Team in seiner im Fachjournal „Conservation Biology“ erschienenen Studie, wo diese Effekte mit starkem Bevölkerungswachstum und Landnutzungsveränderungen zusammenfallen. Laut den Modellierungen ist die biologische Vielfalt bis zum Ende des 21. Jahrhunderts in fast allen Schutzgebieten durch mindestens einen dieser Einflussfaktoren gefährdet.
Afrikanischer Elefant, Breitmaulnashorn, Leopard, Kaffernbüffel und Löwe – ¬die „Big Five“ stehen symbolisch für die einmalige Tierwelt Afrikas. „Die derzeitigen Schutzgebiete Afrikas beherbergen weit mehr biologische Vielfalt als diese fünf großen Wildtiere. Sie sind die letzte Hochburg der einzigartigen Biodiversität des Kontinents“, erklärt Carola Martens vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (SBiK-F) und der Goethe-Universität Frankfurt und fährt fort: „Doch diese Vielfalt ist durch Klimawandel, das starke Bevölkerungswachstum und kommende Landnutzungsänderungen bedroht!“
Martens und ihre Kollegen Prof. Dr. Thomas Hickler (SBiK-F), Dr. Simon Scheiter (SBiK-F) und Prof. Dr. Guy F. Midgley (Stellenbosch University) haben die zukünftigen Auswirkungen von klimabedingten Vegetationsveränderungen in afrikanischen Schutzgebieten unter Einbezug der Bevölkerungsdichte und der Landnutzung für zwei Szenarien bis zum Ende des 21. Jahrhunderts untersucht. Ziel ihrer Modellierungen ist es aufzuzeigen, wo die drei Faktoren in den nächsten Jahrzehnten relevant sind und an welcher Stelle sie zusammenwirken werden –um eine sinnvolle Naturschutzplanung zu ermöglichen.
„Der Klimawandel bedroht die biologische Vielfalt zunehmend, weil sich Vegetationszonen und Lebensräume für viele Arten verändern. Darüber hinaus beansprucht die wachsende Weltbevölkerung in Kombination mit global steigenden Lebensstandards zunehmend mehr Land für die Produktion von Lebensmitteln, zur Deckung des steigenden Fleischkonsums und für Bioenergie. Wir können den Verlust der Artenvielfalt nur aufhalten, wenn wir die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel, dem Bevölkerungswachstum und der Landnutzung verstehen“, erläutert Martens den Ansatz.
Die Simulationen wurden mittels des Vegetationsmodells „adaptive Dynamic Global Vegetation Model“ (aDGVM) für die folgenden zwei Szenarien durchgeführt: Den „mittleren Weg“, bei dem sich die bisherige gesellschaftliche Entwicklung in Zukunft fortsetzt und einige Maßnahmen zum Klimaschutz angenommen werden, sowie den „Weg der fossilen Entwicklung“. Bei diesem basiert die soziale und ökonomische Entwicklung auf der verstärkten Ausbeutung der fossilen Brennstoffressourcen mit einem hohen Kohleanteil und einem energieintensiven Lebensstil weltweit. Zudem analysierten die Forscher*innen globale Szenarien für die Entwicklung der Bevölkerung und die menschliche Landnutzung.
„Die Ergebnisse zeigen, dass in beiden Szenarien die Baumbedeckung in den heutigen Grasländern und Savannen Afrikas im Allgemeinen zunimmt. Für die Schutzgebiete in Westafrika ergaben unsere Analysen klimabedingte Vegetationsveränderungen in Kombination mit hohem zukünftigen Bevölkerungs- und Landnutzungsdruck. Mit Ausnahme von Schutzgebieten in Nordafrika ist kaum mit ausbleibenden Vegetationsveränderungen kombiniert mit einer Abnahme der Belastung durch Bevölkerung und Landnutzung zu rechnen – der Druck auf die Schutzgebiete steigt daher“, so die Frankfurter Forscherin.
Das „fossile Szenario“ führte für Gesamtafrika laut der Studie zu stärkeren klimabedingten Veränderungen der Baumbedeckung und einem höherem Landnutzungsdruck, das „mittlere Szenario“ war durch einen höheren zukünftigen Bevölkerungsdruck gekennzeichnet.
„Unsere Arbeit belegt, dass in Zukunft so gut wie alle Schutzgebiete durch mindestens einen Faktor bedroht sind: Der Klimawandel führt zu starken Vegetationsveränderungen, die Bevölkerung um das Schutzgebiet nimmt stark zu, oder der Landnutzungsdruck wächst. Die Biodiversität der Schutzgebiete in Westafrika könnte dabei besonders betroffen sein – sie trifft eine Kombination aus starken Klimaeffekten, Bevölkerungswachstum und Landnutzungs-veränderungen“, fasst Martens zusammen und gibt einen Ausblick: „Ein solides Verständnis der individuellen sozio-ökonomischen und ökologischen Bedingungen sowie bestehender oder potenzieller Konflikte bildet eine wichtige Grundlage für die Planung von Schutzgebieten. Erhaltungs- und Schutzstrategien müssen regional und lokal angepasst werden. So kann ein Beitrag dazu geleistet werden, die einzigartige Vielfalt der Ökosysteme in Afrika weiter zu schützen!“