Zwei Drittel der Deutschen sind bereit, im kommenden Winter weniger zu heizen und stattdessen einen Pullover oder eine wärmende Decke zu nutzen, um so einen Beitrag zu mehr Unabhängigkeit Deutschlands von Energielieferungen aus Russland zu leisten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des forsa-Meinungsforschungsinstituts im Auftrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) für den DBU-Umweltmonitor „Energiewende und Wohnen“.
Demnach geben 65 Prozent der Befragten an, dass sie selbst dazu bereit und in der Lage wären. Frauen ziehen ein solches Vorgehen offenbar eher in Betracht (68 Prozent) als Männer (61 Prozent). Die größte Zustimmung signalisieren die 18- bis 29-Jährigen (73 Prozent), wohingegen die 30- bis 59-Jährigen weniger dazu neigen
(62 Prozent). Unter den über 60-Jährigen steigt der Wert wieder (65 Prozent). Bei der repräsentativen forsa-Erhebung wurden neben 1.000 Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren auch 1.011 Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer in Deutschland befragt.
87 Prozent der Befragten für höhere Energieeffizienz an oder in Gebäuden
Eine große Mehrheit, nämlich 87 Prozent der Befragten, hält Maßnahmen für „sehr wichtig“ und „wichtig“, die eine höhere Energieeffizienz an oder in Gebäuden gewährleisten – ebenfalls als Beitrag für mehr Unabhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland. Bessere Dämmung, neue Fenster sowie energiesparende Geräte werden als Optionen genannt. 85 Prozent sind für den Einbau von Solaranlagen zur Eigenstromversorgung, 81 Prozent für den Austausch älterer Heizungsanlagen.
Sorgen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft wegen eines drohenden Gasmangels
Die Ergebnisse der Erhebung können sowohl auf die Gesamtheit der erwachsenen Bevölkerung als auch auf die Hauseigentümer in Deutschland übertragen werden. Die Umfrage der „forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen“ im Auftrag der DBU liefert überdies Erkenntnisse über Deutschlands Herausforderungen bei Energieversorgung, Energiesicherheit, der Abkehr von fossilen Energieträgern und dem Kampf gegen die Klimakrise in einer durch Russlands Angriffskrieg völlig veränderten geopolitischen Lage. Hinzu kommen aktuell Sorgen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wegen eines drohenden Gasmangels. Befürchtet wird, dass Russland die wichtigste Pipeline für Erdgas nach Deutschland, Nord Stream 1, nach der derzeit laufenden turnusmäßigen Revision nicht wieder in Betrieb nimmt. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bei der Energieversorgung in Deutschland ist derzeit noch hoch: 52 Prozent der Befragten heizen Haus oder Wohnung mit Gas, 18 Prozent mit Öl.
Zwei Drittel der Befragten wollen attraktive Förderbedingungen
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang die Antwort auf die Frage, welche Form von erneuerbaren Energien bei der Anschaffung einer neuen Heizungsanlage in Frage käme. Die Spitzenreiter: Solarenergie zur Stromerzeugung vom eigenen Dach (62 Prozent), Nutzung von Solarenergie zum Heizen und zur Warmwasseraufbereitung, ebenfalls vom eigenen Dach (58 Prozent) sowie die Installation einer Wärmepumpe, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird (52 Prozent). Dabei zeigt sich allerdings, dass die Erwartungen an Politik und Gesetzgeber hoch sind: Etwa zwei Drittel (64 Prozent) betrachten attraktive Förderbedingungen als einen wichtigen Anreiz für eine energetische Sanierung; 55 Prozent der Befragten verlangen einfachere Förderangebote, um eine solche Sanierung vorzunehmen.
„Wir müssen ran an den alten Gebäudebestand“
Laut forsa-Erhebung müsste die energetische Sanierung von Wohngebäuden oben auf der politischen Agenda stehen. Denn zwar halten 44 Prozent der Hauseigentümer eine solche Maßnahme „so gut wie in jedem Fall“ für sinnvoll. Aber: 49 Prozent der Befragten sind nur dann dafür, „wenn die Kosten der Sanierung nicht höher sind als die späteren Einsparungen beim Energieverbrauch“. Nach den Worten von DBU-Generalsekretär Alexander Bonde ist der Gebäudesektor „ein entscheidender Schlüssel für die Lösung der energiepolitischen Aufgaben“. Bonde: „Wir müssen ran an den alten Gebäudebestand. Es geht um Energieeffizienz, Energiesparen und den Ausbau erneuerbarer Energien und hilft gegen die Klimakrise. Zugleich führt das zur Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern und Energieimporten aus dem Ausland.“
Sanierung kann Heizwärmebedarf von Mehrfamilienhäusern auf ein Zehntel reduzieren
Das Einsparpotenzial im Gebäudebereich ist enorm. Denn fast zwei Drittel der Gebäude bundesweit wurden vor 1977 errichtet – also bevor per Wärmeschutzverordnung Dämmung von Dächern, Wänden und Kellerdecken vorgeschrieben wurde. Ziel der Bundesregierung sind aber klimaneutrale Gebäude in Deutschland bis 2045, also ohne Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase (THG). In der Europäischen Union (EU) sind laut EU-Kommission Gebäude für 40 Prozent des Energieverbrauches und etwa ein Drittel der THG-Emissionen verantwortlich. Berechnungen zeigen, dass der Heizwärmebedarf bei Mehrfamilienhäusern durch Sanierung von Gebäudehülle und Haustechnik auf ein Zehntel reduziert werden kann – von rund 250 auf 25 kWh pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr.