Abwasseraufbereitung mit Nano-Schwämmen

Abb. 1: (a) Veranschaulichung des Adsorptionsmechanismus von Farbstoffen bei voluminösem COF-Pulver und ultradünnem COF. Das COF-Pulver lässt nur Farbstoffe mit einer Molekülgröße, die viel kleiner als die Porengröße ist, in die COF-Kanäle eindringen, während ultradünne COF eine maximale Exposition der Adsorptionsstellen ermöglicht, was zu einer hohen Aufnahme verschiedener Farbstoffe führt. (b) Vergleich der Gleichgewichtszeiten und maximalen Adsorptionskapazitäten (qm) von COF-Pulver und ultradünnem COF für Rhodamin B. (© Changxia Li, Freddy Kleitz et al.)

Effiziente Filter für die industrielle Abwasserbehandlung sind wichtig, um potenzielle Umweltschäden zu minimieren. Insbesondere organische Farbstoffe, als eine bedeutende Gruppe industrieller Schadstoffe, sind in der Regel gut wasserlöslich, nicht abbaubar und viele sind toxisch bis krebserregend. Ein Team um Changxia Li und Freddy Kleitz von der Fakultät für Chemie der Universität Wien haben nun ein neuartiges Verbundmaterial vorgestellt, bestehend aus einer hoch porösen kovalenten organischen Gerüstverbindung (kurz: COF) sowie Graphen, das höchst effizient organische Schadstoffe aus dem Wasser filtert. 

„Es gibt heute verschiedene Wege, darunter Aktivkohle-Filter, um Wasser zu reinigen, aber bei der Effizienz bzw. Adsoprtionskapazität der Anwendungen gibt es noch Luft nach oben“, sagt Erstautorin und Postdoc-Forscherin Changxia Li. Die Gruppe um Freddy Kleitz vom Institut für Anorganische Chemie – Funktionelle Materialien entwickelt neuartige nanoporöse Materialien. Poröse Materialien haben bei gleichem Volumen eine viel größere Gesamtoberfläche als ein nicht-poröses Material und können so im Zuge von Adsorption besonders viele Moleküle an den Oberflächen anlagern.

Hochporöse COF als neue Materialklasse

Die kovalenten organischen Gerüststrukturen (covalent organic frameworks, COF) sind eine neuartige Materialklasse. Sie sind besonders porös, bei gleichzeitig geringer Dichte und geringem Gewicht. Kovalent meint, dass sich die chemischen Bindungen über Elektronenpaare zwischen Atomen bilden.

Abb. 2: a) Das Syntheseverfahren für ultradünnes COF/Graphen-Aerogel. Ein ultradünnes COF mit Sulfonat-Ionen mit einer Dicke von 2 nm, das auf Graphen verankert ist. (b) Foto und SEM-Bild des ultradünnen COF/Graphen-Aerogels. Das Aerogel mit einer ultraniedrigen Dichte von 7,1 mg cm-3 zeigt makroporöse Kanäle. (© Changxia Li, Freddy Kleitz et al.)

Die Farbstoffe, die die Forscher in ihrer wässrigen Modelllösung untersucht haben, waren etwa 0,8 bis 1,6 Nanometer groß. „Wir haben eine Methode entwickelt, COF vergleichsweise umweltfreundlich, unter Nutzung von Wasser, zu bilden und konnten darüber quasi kleine ‚Schwämme‘ designen, mit speziellen Porengrößen und Porenformen im Nanometerbereich sowie einer abgestimmten negativen Oberflächenladung, die sehr selektiv die positiv geladenen Zielmoleküle, also unsere Farbstoffe, aus dem Wasser herausziehen konnte“, so die Forscher*innen. „So wie der Schwamm das Wasser aufsaugt, nur dass es bei uns die Schadstoffe sind.“

Rückgrat aus Graphen

Bei der Verwendung von COF-Pulver sind die inneren Poren des Materials für die Schadstoffe oft nicht mehr zugänglich, da die Poren am äußeren Rand verstopft sind, insbesondere bei großen Schadstoffmolekülen. Das entwickelte neuartige Verbundmaterial bietet eine durchwegs durchlässige Struktur: Dafür ließen die Forscher*innen COF auf dünnen Nano-Schichten von Graphen wachsen. Die Kombination von Graphen – in sich bereits eine 2D-Schicht aus Kohlenstoffatomen – und der bis zu zwei Nanometer dicken Schicht von COF ergab eine kompakte, offene 3D-Struktur. Die ultradünne COF-Schicht konnte mehr Adsorptionsstellen freilegen als das lose COF-Pulver.

Zudem unterstützen die größeren, wabenartigen Poren des Graphen-Netzwerks den Transport von Wasser durch das Filtermaterial. „Die großen Poren des Graphen-Netzwerks in Kombination mit der ultradünnen COF-Schicht und ihrer großen Anzahl von Adsorptionsstellen ermöglichen daher eine besonders schnelle sowie effiziente Abwasserreinigung“, so die Forscher*innen. Aufgrund des vergleichsweise geringen Materialeinsatzes von Graphen sowie der Möglichkeit, das Verbundmaterial – nach dem Auswaschen der Schadstoffe – als Filter wiederzuverwenden, sei die Entwicklung auch relativ kostengünstig, so die Forscher*innen.