TU München: Mehr Weizen für eine sichere Welternährung

Forschende arbeiten intensiv an Perspektiven zur Steigerung von Weizenerträgen. U. Benz / TUM

Durch die Verschiebungen auf den Welthandelsmärkten, auch durch den Krieg in der Ukraine verursacht, ist die sichere Versorgung der Weltbevölkerung mit ausreichenden und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln stark in das öffentliche Blickfeld gerückt. Forschende der Technischen Universität München (TUM) suchen nach modernen Methoden, mit denen die weltweite Ernte gesteigert und damit die Welternährung gesichert werden kann. Weizen spielt hierbei eine besondere Rolle.

Weizen ist weltweit – bezogen auf die Anbaufläche – eines der wichtigsten Getreide und ein bedeutendes Grundnahrungsmittel. Er wird in über 100 Ländern angebaut. Jedoch ist die Versorgung mit diesem Lebensmittel nicht ausreichend. Viele Entwicklungs- und Schwellenländer sind stark von Importen abhängig. Senthold Asseng, Professor für Digital Agriculture an der TUM, beschäftigt sich in Zusammenarbeit mit internationalen Forschungsteams mit Szenarien und Modellen, die aus der Weizenkrise führen können.

Weizenkrise bedroht die Ernährungssicherheit und den Weltfrieden

Schwankende Weltmarktpreise und Erntemengen haben einen großen Einfluss auf die Ernährungssituation weiter Teile der Weltbevölkerung. Diese Versorgungsengpässe führen in der Folge zu einer Verschlechterung der Lebensqualität der Bevölkerung, was die Störung des sozialen Friedens zur Folge haben kann.

„Die aktuelle weltweite Weizenkrise zeigt uns, wie wichtig Weizen für die Welt ist. In vielen Ländern ist die Ernährungssicherheit mit der nationalen Sicherheit, zivilen Unruhen, Migration und sogar Krieg verbunden”, stellt Prof. Asseng, Direktor des Hans Eisenmann-Forums (HEF) für Agrarwissenschaften der TUM in Weihenstephan, fest. „Die Weizenerträge stagnieren in vielen Teilen der Welt. Gerade durch die steigende Weltbevölkerung, ist eine kontinuierliche Ertragssteigerung in den kommenden Jahrzehnten notwendig, um den weltweiten Nahrungsmittelbedarf zu sichern”, mahnt Asseng.

Verborgene züchterische Ressourcen finden und nutzen

Prof. Asseng arbeitet intensiv an Perspektiven zur Steigerung von Weizenerträgen. Als Wissenschaftler setzt er dabei nicht nur auf theoretische Berechnungen und Modellierungen, sondern forscht direkt in der Natur, in Feldversuchen, auch mit regional unterschiedlichen Weizensorten.

„Wir nähern uns den biophysikalischen Grenzen des Weizenertrags. Daher müssen wir die Funktionen von Nutzpflanzen verstehen, um weitere Ertragssteigerungen erzielen zu können“, so der Wissenschaftler.

Und er ist überzeugt, dass die genetischen Ressourcen der Kulturpflanze Weizen groß sind. In seinen Experimenten hat er die ungenutzten genetischen Ressourcen zur Steigerung der Weizenerträge in der ganzen Welt identifiziert. Er spricht von einer genetischen Ertragslücke von 51 Prozent. Diese züchterische Lücke gelte es zu mobilisieren. Dieses kann durch eine gezielte Züchtung erfolgen, die das Ertragspotenzial der Pflanzen nutzt und somit zu reicheren Ernten führen kann.

Genetik ist wichtig, aber nur ein interdisziplinärer Ansatz führt zum Ziel

Prof. Asseng versichert jedoch: „Die Genetik allein wird die globalen Ernährungsprobleme nicht lösen. Dies kann nur interdisziplinär erfolgen, durch eine Kombination von Genetik mit Boden-, Klima- und Kulturpflanzenforschung.“

Die Anwendung moderner, fortschrittlicher Züchtungsinstrumente und die kontinuierliche Verbesserung des landwirtschaftlichen Anbaus, durch ein Optimieren des Pflanzen- und Bodenmanagements, führen zu den dringend notwendigen Steigerungen der weltweiten Weizenernte. „Dies kann dann die zielführende Lösung für eine ausreichende, weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln in der Zukunft sein“, sagt Asseng.