Weichmagnetische Werkstoffe sind Schlüsselmaterialien für die Energiewende. Sie werden in Elektromotoren eingesetzt, die die Energie aus nachhaltigen Quellen wie Wind und Wasser in Elektrizität umwandeln und so nutzbar machen. Allerdings sind herkömmliche Weichmagnete, die derzeit in der Industrie eingesetzt werden, anfällig für Schäden bei starker mechanischer Beanspruchung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung (MPIE), der Technischen Universität Darmstadt und der Central South University, China, haben eine neue Designstrategie entwickelt, die die Lebensdauer von weichmagnetischen Werkstoffen erhöht und High-Tech Anwendungen wie Hochgeschwindigkeitsmotoren ermöglicht. Ihre Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Nanopartikel erhöhen Festigkeit und Duktilität
„Das Problem bei herkömmlichen weichmagnetischen Werkstoffen ist, dass wir entweder einen starken Magnetismus oder ein festes Material haben. Beide Eigenschaften gleichzeitig ließen sich bisher nicht vereinen“, erklärt Liuliu Han, Doktorand am MPIE und Erstautor der Veröffentlichung. Eine höhere Festigkeit von Werkstoffen wird normalerweise durch Anpassungen in der Mikrostruktur, wie zum Beispiel durch die Implementierung von Ausscheidungen und Defekten erzielt. Laut bisherigem Forschungsstand würde der Einsatz von Nanopartikeln in der Mikrostruktur die magnetischen Eigenschaften verringern, da diese Nanopartikel die Bewegung der Domänenwände hemmen.
Diese Bewegung ist jedoch essentiell für die magnetische Wirkung des Werkstoffs. Das internationale Forschungsteam entdeckte nun, dass die Größe der Nanopartikel sowohl für die mechanische Festigkeit und Duktilität des Werkstoffs, als auch für dessen magnetische Eigenschaften eine entscheidende Rolle spielt. „Bisher ging man davon aus, dass kleinere Nanopartikel weniger mit den Domänenwänden interagieren und so die Stärke der magnetischen Wirkung weniger beeinflussen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Wir haben Partikel eingesetzt, die nur etwas kleiner sind als die Breite der Domänenwand. Diese Vergröberung führt zu einer geringeren spezifischen Oberfläche und reduziert die innere Spannung. So werden die magnetischen Eigenschaften trotz der Partikel nicht beeinträchtigt und die Duktilität und Festigkeit wird verbessert“, sagt Han.
Mehrkomponenten-Legierung für bessere weichmagnetische Werkstoffe
Das Forschungsteam setzte diese Designidee in einem Mehrkomponenten-Legierungssystem mit multifunktionalen Eigenschaften um. Es stammt aus dem Konzept der Hochentropie-Legierung und enthält Eisen, Nickel, Kobalt, Tantal und Aluminium. Bei herkömmlichen Weichmagneten, die nicht auf eine hohe Festigkeit und Duktilität setzen, ist diese Zusammensetzung unüblich. Darüber hinaus sind die auf dem neuen Legierungssystem basierenden Werkstoffe einfacher herzustellen und haben eine höhere Lebensdauer als herkömmliche Magnetwerkstoffe.
„Mit Hilfe von Computersimulationen und maschinellem Lernen versuchen wir nun die Kosten der neuen Legierung zu senken. Dazu wollen wir die Menge der teuren Elemente wie Kobalt reduzieren. Und Elemente mit ähnlichen Eigenschaften finden, um die teuren Elemente zu ersetzen“, sagt Dr. Fernando Maccari, Postdoktorand in der Gruppe „Funktionale Materialien“ der TU Darmstadt und Zweitautor der Veröffentlichung.
Die magnetischen Eigenschaften wurden an der TU Darmstadt untersucht, während Design und Charakterisierung der Legierung am MPIE durchgeführt wurden. Die hier verwendete Zusammensetzung dient als Modellsystem für Mehrkomponentenlegierungen. Das Konzept ist nicht auf weichmagnetische Werkstoffe beschränkt, sondern lässt sich auch auf High-Tech-Legierungen mit neuen und ungewöhnlichen Kombinationen von funktionellen und mechanischen Eigenschaften anwenden.