Potential für Leichtbau-Photovoltaik auf dachlastbeschränkten Dächern

Matthias Mittelviefhaus Foto: OSNATECH

Matthias Mittelviefhaus, Geschäftsführer der OSNATECH GmbH aus Bissendorf bei Osnabrück, hat langjährige Erfahrungen in Technologie-Unternehmen. Als Spezialist für das Vertriebsmanagement war er u.a. bei SHARP und Huawei erfolgreich tätig, bevor er sich den erneuerbaren Energien zuwandte. In Kooperation mit dem Photovoltaik-Hersteller SunMan macht Mittelviefhaus die zahlreichen, bisher ungenutzten Hallendächer mit Traglastbeschränkung für die Energiewende nutzbar machen.


Dass das Thema Energie im Schatten des Ukraine-Krieges einen extrem hohen Stellenwert bekommen hat, ist mehr als deutlich. Deutlich zeigt sich ebenfalls die Abhängigkeit Deutschland von Energieimporten eingedenk fehlender eigener Energiequelle – bis auf die Erneuerbaren. Aber auch hier scheinen viele Möglichkeiten noch nicht wirklich genutzt zu werden. Ein Blick auf die Dächer der Industrie zeigt deutlich in Sachen Solarenergie ist hier noch deutlich Luft nach oben. Warum zögern so viele Unternehmen die Chancen, die die Photovoltaik bietet zu nutzen?

Dafür gibt es in vielen Fällen eine simple Antwort. Die Statik vieler Industriehallendächer ist einfach nicht ausreichend für die Installation von herkömmlichen Photovoltaikanlagen. Die Dächer in Gewerbegebieten sind oft so kostenoptimiert gebaut, dass sie gerade noch die Schneelast aushalten können und so häufig nicht mit viel mehr als 10 Kilogramm pro Quadratmeter belastet werden dürfen.

Was bedeutet das für die Unternehmen, wenn sie sich doch für die Nutzung ihrer Dächer für die Photovoltaik entscheiden?

Bei Anfragen bei Anbietern von klassischen, Glas basierten Photovoltaikanlagen werden die interessierten Unternehmen hören, dass die Glasmodule mit Metallrahmen mindestens 12 bis 15 KG pro Quadratmeter wiegen. Wie gesagt lassen die Industriedächer eine solche Last in den meisten Fällen nicht zu, zumal die Schneelastreserve ebenfalls einkalkuliert werden muss. Und genau aus diesem Grund sehen wir so viele Hallendächer ohne Photovoltaikanlagen.

Sie haben eine Anlagentechnik gefunden, die deutlich leichter, aber noch nicht hinreichend bekannt ist.

Ja, dass stimmt. Der Anbieter Sunman Energy, mit Sitz in Australien, hat Module entwickelt, die nur drei bis vier Kilogramm pro Quadratmeter wiegen und so für die dachlastbeschränkten Dächer eine geeignete Lösung darstellen.

Nun gibt es ja nicht nur Flachdächer, sondern besonders bei älteren Gebäuden auch beispielsweise die sogenannten Grabendächer oder Tonnendächer, die früher in der Industrie gebaut worden sind. Lässt sich das Sunman-Produkt hier auch anwenden?

Anders als Glasmodule sind die Module sind biegsam, denn sie sind aus GFK gefertigt. GFK steht für Glasfaserkunststoff, also ein Faser-Kunststoff-Verbund aus einem Kunstharz und Glasfasern. Die Basis von GFK sind duroplastische Kunststoffe, beispielsweise Polyesterharz oder Epoxidharz, sowohl als auch thermoplastische Kunststoffe wie Polyamid. Dieselben Siliziumwafer, die auch in den normalen Glasmodulen eingesetzt werden, werden in diesem GFK-Gemisch eingebettet und vollständig umschlossen. Damit sind die Module auch, natürlich bis zu einem gewissen Maße, biegsam. So lassen sich Dachwölbungen oder Dachrundungen ebenfalls realisieren.

Aber wie werden die Module angebracht?

Die Module werden mit einem Spezialkleber auf der Dachhaut verklebt, Bohrungen für die Befestigung können entfallen. Dieser Kleber kommt auch in der Automobil- und in der Flugzeugindustrie zu Einsatz und verfügt auch über die entsprechenden Zertifikate.

Ohne Beschädigung der Dachhaut und mit geringem Gewicht: Die PV-Anlage auf diesem Foliendach hat eine Gesamtleistung von 99 Kilowatt Peak. (Quelle: OSNATECH)

Dann ließen sich ja auch andere, vertikalen Flächen, wie beispielsweise Fassaden, nutzen?

Das ist richtig. Und hier kommt dann ein weiterer Vorteil der Sunman-Module zum Tragen. Die Oberfläche der Module ist derart ausgestaltet, dass sie eine große Zahl prismenförmiger Erhebungen aufweist. Diese sind übrigens auch für den Lotuseffekt mit verantwortlich und sorgen für eine Selbstreinigung. Der Winkel der Sonneneinstrahlung wird optimiert. Die bekannten 30 Grad Aufstellwinkel der klassischen Photovoltaikmodule ist aus diesem Grund nicht zwingend notwendig.

SUNMAN Module basieren auf glasfaserverstärktem Kunststoff und sind flexibel.

Eine derartige Moduloberfläche reflektiert doch wahrscheinlich viel weniger als ein klassischen Glasmodul?

Sehr viel weniger. Die Oberfläche reflektiert eigentlich kaum, was zusätzliche Einsatzmöglichkeit wie Lärmschutzwände, Fassaden oder im Flughafenumfeld ermöglicht. Darüber hinaus ist die GFK-Oberfläche auch nicht so empfindlich bei kleinerem Steinschlag.

Bis zu einem bestimmten Grad biegbar und nicht empfindlich für „normalen“ Steinschlag. Heißt das, die Leichtbaumodule ließen sich auch auf Fahrzeug anbringen. Beispielsweise Kühlwagen oder Kühlcontainer?

Absolut, bedingt dadurch das die Module sehr leicht sind und verklebt werden, sind sie bereits bei Transportern oder im Schienenverkehr zur Anwendung gekommen, besonders zur Stromerzeugung für Kühlaggregate. LKW haben viele Leerzeiten, in denen sie stehen und für die Kühlung dabei fossilen Kraftstoff, also Diesel, verbrauchen. Das könnte durch die Photovoltaik deutlich nachhaltiger gelöst werden.