Anfang August 2022 wurde an der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) zum zweiten Mal der «Aerogel Architecture Award» verliehen. Das Siegerprojekt kommt aus Deutschland, den zweiten und dritten Platz belegen Gebäude aus der Schweiz. Sie alle zeigen eindrücklich auf, wie historische Bauwerke mithilfe von Aerogel-Materialien energetisch auf den neuesten Stand gebracht werden können.
Die Preisverleihung fand im NEST, dem Forschungs- und Innovationsgebäude von Empa und Eawag, statt. Gewonnen hat ein eindrückliches Projekt aus Darmstadt, welches vom Architekturbüro schneider+schumacher realisiert wird. Es handelt sich um die Sanierung des einzigartigen Ausstellungsgebäudes auf der Mathildenhöhe, die seit 2021 zum UNESCO-Welterbe zählt.
«Wir waren extrem beeindruckt davon, wie dieses historische Bauwerk unter anderem mithilfe von Aerogel energetisch auf den neusten Stand gebracht wird. Aus unserer Sicht ist es das erste Mal, dass so ein grosses Gebäude auf diese Art saniert wird», fasst Jury-Mitglied Matthias Koebel, ehemaliger Leiter der Abteilung «Building Energy Materials and Components» an der Empa und nun CEO der Siloxene AG, die Diskussion zusammen.
Weiterbauen am Welterbe
Grund für die Sanierung des Ausstellungsgebäudes war zunächst die veraltete Haustechnik. Man merkte jedoch schnell, dass ein Gesamtkonzept benötigt wurde, um das Gebäude energetisch fit zu machen. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ein umfassendes, nachhaltiges Energiekonzept entwickelt. Neben modernen Gläsern, die einen kontrollierten Einsatz von Tageslicht erlauben, kommt in der Außenhülle ein neuartiger, leistungsfähiger mineralischer Dämmputz aus Aerogel-Granulat zum Einsatz. Dies wird die energetische Qualität der Fassade erheblich verbessern. Künftig werden auch die Gegebenheiten des Ortes besser genutzt, etwa indem das historische Wasserreservoir unter dem Ausstellungshaus als Energiespeicher fungiert.
Schritt für Schritt die Energieeffizienz verbessern
Auf dem zweiten Platz landete die Pfarrei Heilig Geist in Zürich. Das Zentrum umfasst eine Kirche, Gemeinschaftsräume, Büros und Apartments und wurde 1973 eröffnet. Dass damals kaum auf die Isolation von Gebäuden geachtet wurde, zeigte sich am hohen Energieverbrauch der Pfarrei. Im Laufe der Jahre setzte der Architekt Beat Kämpfen von Kämpfen Zinke + Partner deshalb verschiedene Massnahmen um, mit denen das Gebäude energetisch optimiert wurde.
Dazu gehören unter anderem mehrere Solaranlagen auf dem gesamten Gelände, der Einsatz von Aerogel in der Fassade sowie ein Ersatz der Gasheizung durch ein Wärmepumpen-System inklusive Erdsonden. Wichtig dabei war immer, dass das äußere Erscheinungsbild der Pfarrei möglichst unverändert bleibt. Dank der Neuerungen erhielt das Zentrum 2020 das Minergie-Zertifikat. «Was für uns herausstach, war die holistische Herangehensweise, mit der das Zentrum saniert und energetisch optimiert wurde», so Koebel.
Erscheinungsbild wahren
Den dritten Podestplatz belegt ein Gebäude in Winterthur. Das Haus am Lindberg wurde 1963 gebaut und im Laufe der Jahre gezielt weiterentwickelt, ohne dass die Grundstruktur dabei verändert wurde. Diese Anforderung stellte die Bauherrschaft auch bei der Sanierung der Aussenhülle an das Team um die Architektin Anne-Kathrin Halt. Das bedeutete, dass unter anderem das Volumen des Gebäudes nicht verändert werden durfte und verschiedene Elemente, wie zum Beispiel ein keramisches Relief an der Hauswand, erhalten bleiben mussten.
Aus diesem Grund entschied man sich dazu, die Villa mittels Aerogel-Platten zu dämmen. Dazu wurde zunächst der bestehende Kellenwurf inklusive Grundputz bis auf das Mauerwerk abgestemmt. Das freigelegte Volumen wurde mit 20 mm breiten Aerogel-Platten aufgefüllt, der Kellenwurf neu aufgetragen und die ursprüngliche Sichtbetonstruktur rekonstruiert. «Die Anwendung von Aerogel in dieser herausfordernden Fassade und die enorme Fläche, auf der das Material zum Einsatz kam, hat uns sehr beeindruckt », meint Juror Michael O’Connor.