Der Ukrainekrieg zeigt sehr deutlich, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien absolut notwendig ist. Und fast alle politischen Entscheider betonen dies und haben inzwischen auch, wenigstens in Einzelfällen, die Rahmenbedingungen deutlich verbessert. Aber trotz einer Vielzahl von Genehmigungen kommt der Ausbau gerade bei der Windenergie zu langsam voran und gestaltet sich im Land höchst unterschiedlich.
Ulrich Lottmann, Pressesprecher des Landkreises Göttingen, schrieb auf Anfrage unserer Redaktion, dass beim Landkreis Göttingen keine Zunahme von Anfragen oder Genehmigungsanträgen für Windenergieprojekte durch Projektträger seit Februar 2022 zu verzeichnen sei. „Auch in der Bevölkerung – bei Bürgerinitiativen oder Windkraftgegnern – nehmen wir keine Änderung der Haltung zu lokalen Windenergieprojekten vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wahr.“ Zu den Potentialen für die Erneuerbaren lässt Ulrich Pollmann uns wissen, dass „eine Klärung (…) auch im Interesse des Landkreises Göttingen (ist). Wir sind ausdrücklich für den Ausbau erneuerbarer Energien inklusive der Windenergie; hier sind wir an die gesetzlichen Vorgaben seitens des Bundes und des Landes gebunden. Auf dieser Ebene müssen die Rahmenbedingungen für einen verstärkten Ausbau geschaffen werden.“
Beispielhaft für die Situation im Landkreis Göttingen ist die Lage in Duderstadt
Hier ist durch zwei parallel gelaufene Planungsverfahren die Lage komplex bis verfahren. Samtgemeinde und Landkreis haben vor einiger Zeit höchst unterschiedliche Planungen der Öffentlichkeit vorgelegt. Vorausgegangen ist dem, dass die Stadt Duderstadt gemeinsam mit dem Planungsbüro die Stellungnahmen ausgewertet hat, die während der Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangen sind. Außerdem wurde punktuell eine weitere Kartierung für Brutstandorte des Rotmilans sowie eine Landschaftsbildanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in das Plankonzept eingearbeitet. Die Stadt Duderstadt führt derzeit die 12. Änderung des Flächennutzungsplanes durch. Ziel der Planung ist die Steuerung der Windenergienutzung durch die Darstellung von Sonderbauflächen für die Nutzung der Windenergie. Damit komme die Stadt Duderstadt ihrer Verpflichtung nach und wolle die Energiewende, so Peter Uckert, Umweltplaner der Stadt, weiter mit vorantreiben. Die Stadt arbeitet dabei mit einem erfahrenen Planungsbüro zusammen.
Die erste Kreisrätin des Landkreises Göttingen, Doreen Fragel, sagte im Gespräch mit unserer Redaktion, dass der Landkreis 2020 eine erste Fassung des regionalen Raumordnungsprogrammes verabschiedet (hat). Nach Fertigstellung fand vom 13.12.2019 bis zum 31.01.2020 die Öffentliche Auslegung der Planungsunterlagen statt. Dabei sei es zu über 8000 Eingaben seitens der Bürger gekommen, die sich zum überwiegenden Teil auf das Thema Windenergie bezogen hätten. Die Abwägung und Bearbeitung der eingegangenen Stellungnahmen daueren noch an. Mit dem Ergebnis, so die Kreisrätin, würde man versuchen das Raumordnungsprogramm nachzuschärfen, mit der Absicht Ende des kommenden Jahres, die zweite Fassung des Programmes vorzulegen.
Dabei komme noch eine weitere Komponente dazu, denn das Land Niedersachsen arbeite zurzeit an einer Neufassung des Landesraumordnungsverfahrens. „Sie sehen in welcher Gemengelage wir uns befinden, und um dies ganz deutlich zu sagen, wir haben jetzt prozentuale Vorgaben, Flächenvorgaben, wir haben 1,7 Prozent der Landesfläche für Windenergie bis 2027 auszuweisen.“ Ihre Hoffnung sei es, dass es in Sachen Windenergie einen gewissen Aufbruch gäbe. Aber ob der Urkainekrieg das Denken der Menschen in dieser Sache verändert haben, wisse sie nicht. Was aber deutlich sei, wäre die steigende Zahl von Anträgen zur Errichtung von Windenergieanlagen.
Dipl.-Ing. Dietrich Kraetzschmer von der Planungsgruppe Umwelt in Hannover ist Landschaftsarchitekt und berät die Verwaltungen vor den eigentlichen Verfahren etwa in Sachen umweltfachliche Planung oder bei der Umweltprüfung in Bau- und Regionalplanungsverfahren. Zu den Widerständen gegen die Windenergie sagt er: „Mit den Ergebnissen unserer Vorplanung gehen wir sinnvollerweise sehr offen um.“ Er versuche die Bürger, in dem Prozess mitzunehmen und eine Nachvollziehbarkeit seiner Planung zu erzeugen und auch Ängste, die nicht immer einen wissenschaftlich nachvollziehbaren Hintergrund hätten, ernst zu nehmen. „Rein mit Argumenten kommt man da nicht weiter, “ so Kraetzschmer weiter.
Was aber ein guter Weg wäre, sei es die Bürger mit zu vorhandenen Windenergieanlagen zu nehmen. Dort mit Landkreis oder der Gemeinde einen Besichtigungs- und Gesprächstermin vor Ort zu organisieren. Bei solchen Terminen habe er, nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, die wachsende Verunsicherung der Menschen gespürt und auch deutlich gesehen, dass in der Politik und in den Verwaltungen ein verstärktes Einsetzen für die Erneuerbaren Energien vorhanden sei.