Mikroplastik in der Papierproduktion

Grobrejekte aus der Altpapieraufbereitung. © Hochschule RheinMain

Wissenschaftler der TU Darmstadt und der Hochschule RheinMain (HSRM) forschen aktuell an der Identifizierung von Mikroplastik-Emissionen bei der Papierherstellung. Ziel des Projekts ‚Eintrag MiPa‘ ist es, herauszufinden, ob und in welchem Umfang bei der Papierherstellung Mikroplastik-Partikel in das Abwasser eingetragen werden und wie sich diese gegebenenfalls reduzieren lassen, bevor das gereinigte Abwasser in das Oberflächengewässer eingeleitet wird. 

Untersuchungen zu Herkunft, Verbleib und Auswirkungen von Mikroplastik in der Umwelt werden bereits seit längerem durchgeführt. Auch in der Papierherstellung stellen sich die Fragen zum Eintrag von Kunststoffpartikeln im Produktionsprozess. „In diesem Forschungsprojekt wollen wir zusammen mit der TU Darmstadt Eintragspfade von Mikroplastik in die Papierprodukte und das Abwasser identifizieren. Hierzu haben wir bereits geeignete Papierfabriken ausgewählt und mit der Forschung begonnen“, erklärt Projektleiterin Prof. Dr. Jutta Kerpen vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften der HSRM.

In Deutschland gibt es aktuell circa 170 Papierfabriken, die jährlich rund 210 Millionen Kubikmeter biologisch gereinigtes Abwasser in die Oberflächengewässer einleiten oder indirekt in andere Abwasserreinigungsanlagen abgeben. „Ein Eintrag von Mikroplastik-Partikeln in das Prozess- und Abwasser der Papierfabriken kann etwa aus dem Abrieb von Maschinenteilen, der Verwendung von chemischen Additiven und Streichfarben oder dem Eintrag von Kunststoffen über das eingesetzte Altpapier resultieren“, erklärt Prof. Dr. Samuel Schabel vom Fachgebiet Papierfabrikation der TU Darmstadt. Bei Altpapier seien unter anderem mögliche Einträge durch Folien, Styropor, beschichtete Verpackungspapiere und -kartons, Sichtfenster in Briefumschlägen und Bäckertüten sowie Beschichtungen von hochwertigen Magazinen zu nennen.

Nicht nur im Abwasser, sondern auch in den Produkten

Ein Teil dieser Stoffe wird mit dem Rejekt (Ausschuss) ausgeschleust, verbleibt im Papier oder wird in der Abwasserreinigungsanlage der biologischen Abwasserbehandlung entfernt. „Über die Art, Menge und Zusammensetzung von Mikroplastik-Partikeln in den gereinigten Papierfabrikabwässern liegen bis heute keine belastbaren Daten vor – das wollen wir ändern“, so Prof. Dr. Kerpen. Der Eintrag in die Umwelt sei aber nicht nur im Abwasser von Papierfabriken von Interesse; zunehmend werde auch nach den Anteilen dieser Mikroplastik-Partikel in den Papierprodukten selbst gefragt.

Innovationspotenzial für Wirtschaftszweige

Das beantragte Vorhaben ist ein branchenübergreifendes Projekt, das nicht nur sämtliche Aspekte der Papierherstellung und -verarbeitung umfasst. Produzenten der eingesetzten Rohstoffe und chemischen Additive tangiert das Thema genauso wie die Herstellern und Planern von Papiermaschinen und Anlagenteilen sowie Unternehmen der Abwasserreinigungstechnik. Rohstoffseitig spielten demnach insbesondere die Verunreinigung des Altpapiers mit Kunststoffen und der Einsatz von synthetischen Polymeren in chemischen Additiven und Streichfarben bei der Papierherstellung eine Rolle. Aber auch Klebstoffe und Druckfarben könnten bei der Aufbereitung zum Eintrag von Mikroplastik-Partikeln ins Prozesswasser führen, so die Wissenschaftler.

Abhängig von den Projektergebnissen könnte daraus die Entwicklung von Materialien resultieren, die bei den gegebenen Anforderungen weniger Abrieb zeigen oder in der Umwelt leichter abbaubar sind. „Innovationen sind hier möglich und sinnvoll, um den Eintrag von Mikroplastik in Papierfabriksabwässer und Papierprodukte zu reduzieren“, sagt Prof. Dr. Schabel von der TU Darmstadt.

„Auch der Bereich der Abwassertechnik kann durch die Projektergebnisse wesentliche Impulse zur Weiterentwicklung von Trenntechnologien zur Partikelabscheidung bekommen“, sind sich Prof. Dr. Kerpen und Prof. Dr. Schabel einig.

Mit der Abschätzung möglicher Mikroplastik-Einträge durch Papierfabrikabwässer und Papierprodukte könnten die Hersteller ihre Produktionsprozesse entsprechend optimieren. Damit könnten sie mittel- und langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit und Marktposition erhalten beziehungsweise ausbauen. Insbesondere technische Anlagen könnten bei der Reduzierung von Mikroplastik an Bedeutung gewinnen.

„Die wesentlichen Ziele dieses Forschungsprojektes sind die Erfassung des Eintrags und Empfehlungen zur Reduzierung des Kunststoffpartikeleintrages in Papier und Abwasser bei der Papierherstellung und zur Optimierung der Mikroplastik-Abscheidung in der Abwasserreinigungsanlage zu erarbeiten“, sagt Prof. Dr. Kerpen.