Mit einem Festakt unter dem Motto „zehn plus zwei“ wurde die Gründung des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam und seine Aufnahme in die Helmholtz-Gemeinschaft zum kommenden Jahr gefeiert. Aufgrund der Pandemie war es vor zwei Jahren nicht möglich, das zehnjährige Jubiläum des Instituts zu begehen. Der Präsident des Umweltbundesamtes Dirk Messner hielt die Festrede und als Ehrengast war Gründungsdirektor Klaus Töpfer zugegen. Die Veranstaltung endete mit einer Würdigung des Direktors Ortwin Renn, der zum Jahresende in den Ruhestand tritt.
Rund 200 Gäste waren der Einladung in die Schinkelhalle in Potsdams Schiffbauergasse gefolgt, wo die Belegschaft des Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. ihre Jubiläumsfeier beging. Zugleich konnte bei der Feier eine erfolgreiche durchgeführte Evaluierung durch den Wissenschaftsrat und die Integration in die Helmholtz-Gemeinschaft inklusive Einbindung des IASS in das Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam gefeiert werden. Ab dem 1. Januar 2023 wird das Institut unter dem neuen Namen „Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam“ laufen.
Direktor Mark Lawrence begrüßte die Gäste aus Kommunen, Verwaltung, Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft, die nicht nur aus Deutschland, sondern auch international angereist seien. Zudem sei erfreulich und ein Zeichen des Erfolgs, dass frühere Mitarbeitende nun in den verschiedensten Stellen arbeiten, inklusive in Universitäten und in der Bundesregierung – oder aber auch als Mitgründerin eines Ökodorfs in Spanien. Auch Gründungsdirektor Klaus Töpfer sprach von einem großen Erfolg, „dass die Mitarbeitenden des IASS woanders sehr gefragt sind.“
Freiheit des Denkens bewahren
Karin Lochte, Vorsitzende der IASS-Mitgliederversammlung und per Video zugeschaltet, lobte den einzigartigen Spirit und Enthusiasmus der Belegschaft des Instituts: „Und nun ist das Institut lebenstüchtig geworden und hat eine Mission, die einmalig ist in Deutschland.“ Lochte verglich das IASS aufgrund seiner zwölf Bestandsjahre mit einem Teenager, der „sich hoffentlich in seinen neuen Partner verliebt – und viele weitere gute Freunde findet.“ Sie wünsche sich, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich „die Freiheit des Denkens bewahren; die Möglichkeit, schwierige Ideen zu entwickeln, die nicht mit einer Erfolgsgarantie ausgezeichnet sind, weil dies ein Asset für alle – und auch die Helmholtz-Gemeinschaft ist.“
IASS-Gründungsmitglied Ernst Rietschel blickte in seinen Grußworten zurück auf die Jahre von der Idee bis zur Gründung des Instituts. Mit dem Potsdam-Memorandum „Global Sustainability – A Nobel Cause“ sei vor 15 Jahren ein wichtiger Impuls für die Gründung des IASS gegeben worden. Seither hätten alle so schwer daran mitgewirkt, „ein eigenes Profil zu erarbeiten und im internationalen Wettbewerb zu bestehen.“ Ein so attraktiver Partner sei begehrt, jedoch müsse die Eigenständigkeit und das Profil des Instituts unbedingt bewahrt werden. Ähnlich sah es Staatssekretär Tobias Dünow, der stellvertretend für Brandenburgs Wissenschaftsministerin Manja Schüle am Jubiläum teilnahm: Er wünsche sich, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler per se „nicht dienlich“ seien im Sinne von „Akzeptanzbeschaffungsmaschinen“, sondern: „Die Aufgabe ist zu gucken, wie bekomme ich andere Perspektiven mit ins Bild, wie kann ich eher Neues bringen als Altes zu bestätigen?“
Messner: „Flaggschiff der Nachhaltigkeitsszene“
In seiner Festrede lobte Dirk Messner vom UBA: „Dem Institut ist es gelungen, in nur zehn bis fünfzehn Jahren ein Flaggschiff der deutschen Nachhaltigkeitsszene zu werden.“ Wie seine Vorredner hob auch er den eigenständigen Ansatz zu transdisziplinärer Arbeit hervor und, dass die Imperative des Anthropozäns ernst genommen würden. „Nur mit einer Transformation im demokratischen Rahmen seien die großen Herausforderungen zu meistern“, sagte der UBA-Präsident, wofür das IASS stehe. Er ortete vier große „Headaches“, die es für die Menschheit in wenigen Jahren zu bewältigen gebe: die globale Urbanisierung, China und Indien, die in nicht-nachhaltige Pfadabhängigkeiten gerieten, negative Emissionen und zu wenig Engagement der Industrieländer für den Globalen Süden.
Nachhaltigkeitsforschung – ein Privileg
Teil der Jubiläumsveranstaltung war zudem die Verabschiedung des langjährigen wissenschaftlichen Direktors Ortwin Renn, welcher zum Ende des Jahres in den Ruhestand geht und maßgeblich am Gelingen der Evaluierung des Instituts durch den Wissenschaftsrat beteiligt war. Er gab zu, beruhigt zu sein, dass das Schiff IASS an sämtlichen Klippen vorbeinavigiert und nun in ruhigeres Fahrwasser kommt. „Allerdings kommt ein Schiff ohne Crew keinen Meter weit“, sagte Renn – all das wäre ohne diese engagierte Crew niemals möglich gewesen. Zum Abschluss gab er der IASS-Crew mit auf den Weg: „Es ist ein Privileg, dass wir in einem Land leben, in dem wir es uns leisten können, über Nachhaltigkeit nachdenken und forschen zu dürfen – deshalb ist es zugleich auch eine Verpflichtung.“ Er zeigte auf seine Enkelin: „Und ihr wird all Eure Arbeit zugutekommen.“
Was passiert am „Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit“?
Das Institut soll Entwicklungspfade für die globale Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft aufzeigen und unterstützen. Es wird von Bund und Land in diesem Jahr mit rund neun Millionen Euro gefördert. Es folgt einem transdisziplinären, dialogorientierten Ansatz, um gemeinsam mit Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Lösungen zu entwickeln. Zentrale Forschungsthemen sind unter anderem die Energiewende, der Klimawandel und Luftverschmutzung, der soziotechnische Wandel, aber auch Governance und Partizipation. Nach zwei Phasen der Projektförderung wird das IASS ab 2023 als Teil der Helmholtz-Gemeinschaft, Eingebunden ins Geoforschungszentrum GFZ Potsdam, seine transformative Forschung dauerhaft fortsetzen können – dann als das „Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit“.