Seit dem 24. Februar 2022 erleben wir mit dem Beginn des Überfalls Russlands auf die Ukraine eine bis dahin nicht vorstellbare Steigerung des „Kata-strophischen“ in unserer Zeit. Zum Klimawandel und der noch immer grassierenden Pandemie kommt nun auch noch ein Krieg auf europäischem Boden. Gerade dieser zeigt noch einmal die Fragilität unserer globalisierten Welt und die darin liegenden Interdependenzen; Selbstverständlichkeiten bröckeln weiter und Eindeutigkeiten gehen verloren. Begriffe wie „Zeitenwende“ oder „Epochenbruch“ versuchen das Außergewöhnliche zu beschreiben.
Auch zeigt sich erneut die Vielfalt der Probleme in dieser globalisierten Welt wie in einem Brennglas: Abhängigkeiten von Öl, Gas, Kohle; Lieferketten- und Versorgungsprobleme. Soziale und Globale Ungleichheit wird sich verfestigen und Vulnerable, wie auch im Klimawandel und der Pandemie, sind die „Verliererinnen“. Es stellen sich angesichts dessen viele Fragen, u.a.:
• Was ist eigentlich Frieden?
• Kann Soziale Arbeit das ignorieren?
• Welche Rolle kann oder soll sie darin spielen?
Hierauf gibt es, wie es in der Ringvorlesung diskutiert wird, eine klare Antwort: Als Menschenrechtsprofession muss Soziale Arbeit Position beziehen und sich zugleich als Akteurin der Friedensbildung verstehen und zudem einen Begriff von Frieden konzipieren. Dabei kann und muss sie vielfältige internationale Erfahrungen im Kontext von „peacebuilding“, in denen sie als Profession schon länger involviert ist, aufarbeiten, reflektieren und weiterdenken.
Frieden ist nicht nur als die Abwesenheit von Krieg zu verstehen – das wäre negativer Frieden -, sondern Vorstellungen und Bedingungen eines positiven Friedens zu skizzieren und daran zu arbeiten. Positiver Frieden meint die Reduktion struktureller Gewalt; er ist ein Prozess, der auf den Abbau von Ungerechtigkeit und Ungleichheit zielt und zugleich Toleranz und die Akzeptanz von Vielfalt fördert sowie Gleichheit und die Entfaltung eines guten Lebens Aller will.
Ein positiver Friede bedarf der Friedensbildung und somit der Gestaltung von Bildungsprozessen. Darin liegt auch eine Aufgabe Sozialer Arbeit, insbesondere da diese mit Bildungsprozessen verknüpft ist. Insofern ist der Titel der Reihe programmatisch: Bildung kann zur Herstellung eines positiven Friedens beitragen. Hierzu sollen die Beispiele und Beiträge der Ringvorlesung beitragen:
Themen und Termine:
Die Online-Ringvorlesungen beginnen stets um 17:30 Uhr.
24.10.2022
Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. Christine Rehklau (FH Erfurt), Prof. Dr. Claudia Lohrenscheit (HS Coburg)
Regionale Perspektiven auf den Krieg in der Ukraine
Mag. Sebastian Schäffer, Geschäftsführer des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM), Wien
7.11.2022
Organisation of social services during and after political confl ict – the role of grassroots, international and supranational organisations
Dr. Reima Ana Maglajlic, University of Sussex, United Kingdom
14.11.2022
Peacebuilding? Report from Slemani
Prof. Dr. Kristin Sonnenberg, Prof. Dr. Cinur Ghaderi; Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe; Ass. Prof. Dr. Luqman Saleh Karim, Social Work De-partment, University of Sulaimani, Kurdistan Region of Iraq
21.11.2022
Lokale ‚Friedensbildung‘ – Perspektiven sozial- und kulturanthropologischer Friedensforschung
Dr. Philipp Naucke, Institut für Sozialanthropologie und Religionswissenschaft (ISAR), Philipps-Universität Marburg
28.11.2022
Social Work in the Context of War: What We Can Learn from Bosnia and Her-zegovina?
Prof. Dr. Sanela Bašić, University of Sarajevo, Faculty of Political Science, Depart-ment of Social Work
5.12.2022
Menschenrechte als Leitplanken für die Friedensarbeit. Das Beispiel der Su-che nach Verschwundenen in Kolumbien
Stefan Ofteringer, Dipl. Regionalwissenschaftler Lateinamerika, Berater für Men-schenrechte MISEREOR
12.12.2022
Global Citizenship Education als Perspektive für Frieden und Globale Ge-rechtigkeit
Prof. Dr. Hans Karl Peterlini, Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsfor-schung; Universität Klagenfurt
19.12.2022
Bildung – ein Ort epistemischer (und anderer) Gewalt?
Assoz. Prof. Mag. Dr. Claudia Brunner; Zentrum für Friedensforschung und Frie-densbildung; Institut für Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung; Universität Klagenfurt
9.1.2023
Kriegsgesellschaftstheorie und ihre Konsequenzen für die Friedensbildung
Prof. i. R. Dr. Volker Kruse, Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie
16.1.2023
Krieg und Soziale Arbeit – Antinomien eines Berufsfeldes
Prof. Dr. Ruth Seifert, Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Regensburg
23.1.2023
Indigenous Peacemaking
Natasha Gourd, Traditional Court, at the Spirit Lake Nation – former Traditional Court Director of the Wodakota; Timothy Connors, Chief Judge; Verna Teller, Chief Jugde of the Pueblo of Isleta Nation
30.1.2023
Friedensarbeit als Element im Studium der Sozialen Arbeit
Assia Bitzan, Universität Tübingen; Prof. Dr. Kristin Sonnenberg, Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe; Maria Mauersberger, Directora Fundación Mujeres en Paz, Colombia
Schlusswort: FG ISA, Prof. Dr. Andrea Schmelz
Alle Vorlesungen finden virtuell statt: https://www.fh-erfurt.de/veranstaltungen/detailansicht/online-ringvorlesung