Anhand von Langzeitdaten untersuchten Forschende die Auswirkungen des Rückgangs von Großsäugern – bedingt durch Bürgerkrieg und Wilderei – auf die Artzusammensetzung an Kleingewässern in einem Savannenökosystem. Guillaume Demare führte die Untersuchungen im Rahmen seiner Doktorarbeit am Museum für Naturkunde Berlin und der Freien Universität Berlin durch. Das Forscherteam fand heraus, dass der Verlust von großen Pflanzenfressern zu erheblichen Veränderungen in kleinen Süßwasserökosystemen führte. Dies zeigt einmal mehr, wie stark verschiedene Ökosysteme miteinander vernetzt sind, welche weitreichenden Folgen das Verschwinden von Arten hat und wie Krieg Natur nachhaltig stört.
Die Studie, die sich auf die Savannenamphibien des Comoé-Nationalparks im Norden der Elfenbeinküste in Westafrika konzentrierte war möglich, weil die Daten sowohl vor als auch nach den Ökosystemveränderungen erhoben wurden.
„Das Sammeln von Daten über den Zustand von Ökosystemen, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart, ist absolut unerlässlich, wenn wir komplexe ökologische Auswirkungen in unserer sich verändernden Welt verstehen wollen“, sagt Dr. Mark-Oliver Rödel, Forscher am Museum für Naturkunde Berlin.
Drei der Autoren untersuchten bereits in den 1990er Jahren die Artzusammensetzung von Amphibienpopulationen an Kleingewässern im Comoé-Nationalpark. Etwa 10 Jahre später brach dort ein Bürgerkrieg aus. Während dieser Zeit war der Park ungeschützt und die Wilderei, welche die großen Säugetiere der Region ohnehin schon stark bedrängt hatte, nahm so stark zu, dass der Comoé-Nationalpark von der UNESCO zum gefährdeten Weltnaturerbe erklärt wurde.
Als Rödel und sein Kollege im Jahr 2014 in das Gebiet zurückkehrten stellten sie fest, dass sich das Ökosystem dramatisch verändert hatte. Nicht nur die Vegetation im gesamten Park schien massiv zugenommen zu haben, sondern auch die Artzusammensetzung an den Teichen, die 20 Jahre zuvor beprobt wurden, hatte sich verändert.
„Es gibt keinen Zweifel daran, dass diese Vegetationsveränderungen durch den Verlust großer Pflanzenfresser wie Flusspferde und Büffel verursacht wurden“, erklärt Guillaume Demare. „Diese Großtiere werden oft als ‚Ökosystem-Ingenieure‘ bezeichnet, weil ihre Aktivitäten ganze Ökosysteme prägen.“
Die Auswirkungen großer Pflanzenfresser auf die Savannenvegetation sind aus früheren Forschungen bekannt. Das vom Museum für Naturkunde Berlin geleitete Team war jedoch das erste, das ihre Auswirkungen auf kleine temporäre Gewässer untersuchte, die von großen Säugetieren intensiv zum Trinken und Schlammbaden genutzt werden.
„Kleine temporäre Tümpel sind schlecht untersuchte Ökosystemkomponenten, und doch sind viele Arten für ihre Fortpflanzung auf sie angewiesen“, sagt Guillaume Demare. „Lebensraumveränderungen wie die von uns gemessene dramatische Zunahme der Vegetation gingen mit signifikanten Verschiebungen bei den darin vorkommenden Arten einher: Einige wurden häufiger, während andere seltener wurden oder sogar gänzlich verschwanden. Zu den Arten, die häufiger geworden sind, gehören Hemisus marmoratus und Afrixalus spp. Frösche der Gattung Afrixalus profitieren von der zunehmenden Vegetation, da sie ihre Eier in Nester aus längsgefalteten Blättern legen. Im Gegensatz dazu bevorzugen einige Arten der Gattung Ptychadena Teiche mit wenig oder gar keiner Vegetation. Folglich sind die Ptychadena-Populationen zurückgegangen.
Diese Forschungsergebnisse zeigen einmal mehr, wie stark verschiedene Ökosysteme miteinander vernetzt sind und welche weitreichenden Folgen das Verschwinden von Arten, wie zum Beispiel die Großsäuger der Savanne im Comoé Park, auf terrestrische und angrenzende aquatische Ökosysteme haben kann. „Die meisten Arten, die wir in den untersuchten Tümpeln gefunden haben, verbringen den Großteil Ihres Lebens an Land, so dass sich die Veränderung der Amphibiengemeinschaft wiederum auf das terrestrische Ökosystem auswirken kann“, sagt Guillaume Demare. „Der nächste Schritt in unserer Forschung ist es zu klären, wie wichtig kleine Gewässer für das Funktionieren sowohl von aquatischen als auch von terrestrischen Ökosystemen sind.“