Stickstoffoxid ist ein starkes Treibhausgas. Sein globales Erwärmungspotenzial kann, über einen Zeitraum von 100 Jahren, bis zu 300-mal so hoch sein wie das von CO2. Weltweit stammt mehr als die Hälfte der Menschen gemachten Stickstoffoxidemissionen aus der Landwirtschaft. Eine Verringerung des eingesetzten Stickstoffdüngers und eine Verbesserung der Stickstoffnutzungseffizienz von Kulturpflanzen sind also wichtige Maßnahmen im Klimaschutz. Ein internationales Team, koordiniert vom Wiener Metabolomics Zentrum (VIME) der Universität Wien, stellt in dem wissenschaftlichen Fachmagazin „Trends in Plant Science“ ein neues Konzept vor, mit dem die Effizienz von Stickstoffdüngung erhöht und die Emission von Stickstoffoxid (N2O) dabei verringert werden kann.
Hauptziel dieser neuen, auf langjähriger Forschung aufbauenden Studien ist es, Landwirte eine bessere wirtschaftliche Alternative zu bieten, bei der sie biologische Hemmstoffe anstelle von hochgradig umweltschädlichen chemischen Düngemitteln verwenden können. Eine wichtige Aufgabe der Forschung ist dabei, das komplexe Wurzel-Boden-Mikrobiom-Ökosystem besser zu verstehen und technologische Plattformen zu entwickeln, mit denen man ein Gleichgewicht zwischen Wurzel und Boden für eine nachhaltige Landwirtschaft der nächsten Generation nutzen kann. Dem internationalen Team unter Leitung der Universität Wien ist nun ein wichtiger Schritt in diese Richtung gelungen.
Mikroorganismen im Boden produzieren Treibhausgase
Hintergrund der Studie ist ein Prozess beim Pflanzenanbau, durch den das schädliche Treibhausgas entsteht, die sogenannte Nitrifikation. Dabei wandeln Mikroorganismen im Boden den Stickstoffdünger in Stickstoffoxid und andere Stoffe um. Um dem entgegenzuwirken werden in der Landwirtschaft Nitrifikationsinhibitoren eingesetzt, die die Nitrifikation des stickstoffhaltigen Düngers verlangsamen können.
Diese Inhibitoren werden vom IPCC als Mittel zur Eindämmung des Klimawandels empfohlen und bereits in der Landwirtschaft eingesetzt; sie können aber auch Nachteile haben, wie z. B. schlechte Effizienz oder dass sie nicht biologisch abbaubar und toxisch für die Umwelt sein können. Es gibt aber auch natürlich vorkommende, so genannte biologische, Nitrifikationsinhibitoren: So etwa können Pflanzenwurzeln ähnlich wirkende Verbindungen ausscheiden, die eine hemmende Wirkung auf die nitrifizierenden Mikroorganismen im Boden haben.
Neuer Ansatz zur effizienteren Suche nach natürlichen Nitrifikationsinhibitoren
Das Wiener Metabolom Zentrum (VIME) mit Beteiligung des Japan International Research Center for Agricultural Sciences (JIRCAS) stellt nun einen neuen Ansatz vor, mit dem man die natürliche Verlangsamung des Nitrifikationsprozesses besser verstehen und nutzen kann. Der Systembiologe und Ökologe Wolfram Weckwerth, Direktor des VIME und Leitautor der Studie, erklärt:
„Mit einem neuen und ganzheitlichen methodologischem Ansatz schlagen wir ein neues Kapitel im Verständnis der Wechselwirkung zwischen Wurzelbotenstoffen der Pflanzen und den nitrifikationshemmenden Mikroorganismen im Boden auf und können vor allem Pflanzen, die diesen Prozess effizient ausführen, leichter identifizieren. Idealerwiese liefern diese Nutzpflanzen dann nicht nur unsere Grundnahrungsmittel, sondern können die negative Klimagasbilanz der Landwirtschaft deutlich verbessern.“
Arindam Ghatak, ebenfalls Ökologe an der Universität Wien und einer der Hauptautor*innen der Studie, ergänzt: „Dabei ist es wichtig, die von den Pflanzenwurzeln freigesetzten Botenstoffe zu charakterisieren und die Interaktion mit den Bodenorganismen zu entschlüsseln. Mit Hilfe von komplexen Metabolomics-Analyseplattformen können wir die Botenstoffe der Wurzeln testen und damit ihr Potenzial, den Nitrifikationsprozess zu hemmen oder zu verhindern. Damit wird ein komplexer Prozess durch OMICS-Technologien, wie Proteomics und Metabolomics, analysiert und Komponenten identifiziert, die eine biologische Nitrifikationshemmung auslösen können.“