Die Schäden durch Hurrikane steigen, wenn durch Treibhausgase aus fossilen Brennstoffen die globalen Temperaturen steigen. Computersimulationen regionaler Wirtschaftssektoren und Lieferketten in den USA zeigen jetzt, dass die daraus resultierenden wirtschaftlichen Verluste bei unvermindert zunehmender Erwärmung irgendwann nicht mehr national ausgeglichen werden können. Wenn zu viele Produktionsstandorte von einem Hurrikan getroffen werden und nicht mehr produzieren, springen andere Länder bei der Versorgung mit Gütern ein. Die Auswirkungen von Wirbelstürmen im Klimawandel auf Lieferketten werden den USA somit einen wirtschaftlichen Nachteil verschaffen – je wärmer, desto stärker.
„Tropische Wirbelstürme ziehen ihre Energie aus den sich erwärmenden Meeren. Zusätzlich kann wärmere Luft mehr Wasser aufnehmen, das dann in heftigen Regenfällen und Überschwemmungen freigesetzt werden kann, wenn ein Hurrikan auf Land trifft“, sagt Robin Middelanis vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und der Universität Potsdam, Hauptautor der Studie. „Es ist also wahrscheinlich, dass die Schäden durch Hurrikane größer werden, wenn wir unser Erdsystem weiter aufheizen.“ Auch wenn wir in Zukunft vielleicht nicht mehr Hurrikane haben werden, könnten die stärksten unter ihnen verheerender werden.
„Die entscheidende Frage ist: Können wir das wirtschaftlich bewältigen? Die Antwort lautet: Nein, jedenfalls nicht so wie bisher“, sagt Middelanis. „Unsere Berechnungen zeigen zum ersten Mal, dass die US-Wirtschaft, immerhin eine der stärksten auf unserem Planeten, irgendwann nicht mehr in der Lage sein wird, die Produktionsausfälle in Lieferketten aus eigener Kraft auszugleichen. Die zunehmenden Schäden durch Hurrikane werden die Fähigkeiten dieser Wirtschaftssupermacht übersteigen.“
Lokale Produktionsverluste breiten sich über Lieferketten aus
Die Wissenschaftler untersuchten den Hurrikan ‚Harvey‘, der 2017 Texas und Louisiana heimsuchte und schon damals die enorme Summe von 125 Milliarden US-Dollar allein an direkten Schäden verursachte. Sie berechneten, wie die Auswirkungen von ‚Harvey‘ bei unterschiedlichen Niveaus globaler Erwärmung aussehen würden. Wichtig ist dabei, dass sich die Verluste durch lokale Unterbrechungen der Produktion über nationale und globale Lieferketten ausbreiten und damit zu erheblichen zusätzlichen indirekten wirtschaftlichen Auswirkungen führen.
In ihren Simulationen von über 7000 regionalen Wirtschaftssektoren mit mehr als 1,8 Millionen Lieferkettenverbindungen kommen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die US-Volkswirtschaft künftige Kaskaden von Produktionsausfällen durch Hurrikane nicht ausgleichen kann, wenn der Klimawandel ungebremst fortschreitet. Andere Länder werden in die betroffenen Lieferketten einsteigen.
„Wir haben eine globale Erwärmung von bis zu 5°C untersucht – die leider vielleicht bereits bis zum Ende unseres Jahrhunderts erreicht werden könnte, wenn die Klimapolitik versagt“, sagt Anders Levermann, Leiter der Komplexitätsforschung am PIK und Wissenschaftler an der New Yorker Columbia University, ein Mitautor der Studie. „Wir können die Temperaturschwellen für die Anpassungsgrenze der nationalen Lieferketten der US-Wirtschaft nicht quantifizieren, weil es hier zu viele Unsicherheiten gibt. Wir sind uns jedoch sicher, dass die derzeitigen Kapazitäten der US-Wirtschaft irgendwann für den Ausgleich der Produktionsausfälle nicht mehr ausreichen werden, wenn die globale Erwärmung anhält. Es gibt eine Grenze, wie viel die US-Wirtschaft verkraften kann – wir wissen nur nicht genau, wo sie liegt.“
Schlecht für die Menschen
Ironischerweise ist es im Falle des Hurrikans Harvey vor allem die Öl- und Gasindustrie in Texas, die unter den durch die globale Erwärmung verstärkten Hurrikanen leidet – einer Erwärmung, die durch die Emissionen aus der Verbrennung von Öl und Gas und Kohle verursacht wird. Die Förderung fossiler Brennstoffe ist in dieser Region der USA ein großer Wirtschaftszweig und anfällig für Wirbelsturmschäden. Die Computersimulationen zeigen, dass Produktionsausfälle im Energiesektor zu denen gehören, die am stärksten von Ländern wie Kanada und Norwegen, aber auch von Venezuela und Indonesien kompensiert werden, und zwar auf Kosten der US-Wirtschaft.
„Wenn etwas kaputt geht und die Produktion vor Ort ausfällt, gibt es immer jemanden auf der Welt, der mit dem Verkauf der Ersatzprodukte Geld verdienen kann“, sagt Levermann. „Warum also sollte man sich Sorgen machen? Nun, eine verringerte Produktion bedeutet steigende Preise, und selbst wenn das für einige Volkswirtschaften gut ist, ist es im Allgemeinen schlecht für die Verbraucherinnen und Verbraucher – für die Menschen. Aus weltwirtschaftlicher Sicht können Veränderungen aufgrund unterbrochener Lieferketten bedeuten, dass weniger effiziente Produzenten einspringen. Es ist eine pragmatische Schlussfolgerung, dass wir einen Anstieg der Treibhausgasemissionen vermeiden müssen, die diese Art von Störungen verstärken.“