Blühstreifen am Rande eines Ackers erhöhen nicht nur die Biodiversität, sondern können auch einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das hat ein Forschungsteam des Thünen-Instituts für Agrarklimaschutz in Braunschweig gezeigt. Die Arbeitsgruppe wollte wissen, wie viel Biomasse in Blühstreifen gebildet wird, denn dieses pflanzliche Material wird nicht geerntet, sondern in den Boden eingearbeitet und steht somit zur Bildung von Humus zur Verfügung. Humus ist reich an organischen Verbindungen; er bindet also Kohlenstoff, den die Pflanzen als CO2 aus der Atmosphäre entnommen haben, im Boden.
In einer Feldstudie wurden zunächst 23 Blühstreifen von Bayern bis Niedersachsen auf Artenzusammensetzung, ober- und unterirdische Biomasse sowie mögliche erste Effekte auf den Bodenkohlenstoffvorrat untersucht. „Das war ein gewaltiger Aufwand“, erklärt Dr. Christopher Poeplau, Arbeitsgruppenleiter am Thünen-Institut, „da wir zum Beispiel aus mehreren Hundert Bodenproben die Wurzeln herauswaschen mussten“. Doch dieser Aufwand hat sich gelohnt, denn der Biomasseaufwuchs von Blühstreifen war bisher weitgehend unbekannt.
Im Mittel kamen die Forscher auf eine Biomasse im Hochsommer von knapp 8 Tonnen pro Hektar, an einem Extremstandort sogar 19 Tonnen. Da die beprobten Blühstreifen ein Durchschnittsalter von nur drei Jahren hatten (seit erstmaliger Anlage), waren noch keine großen Änderungen im Kohlenstoffvorrat der Böden zu erwarten. Erste positive Tendenzen konnten aber schon festgestellt werden. Interessant war der Zusammenhang zwischen pflanzlicher Biodiversität und Gesamtbiomasse: Je mehr Gräser sich in die Blühstreifen mischten, was mit der Zeit selbst durch regelmäßige Erneuerung kaum zu vermeiden ist, desto geringer war die Anzahl verschiedener Arten, aber desto höher war gleichzeitig die Gesamtbiomasse und somit die Humuswirkung.
Um die längerfristige Humuswirkung von Blühstreifen deutschlandweit abschätzen zu können, benutzten die Forscher ein Modell und einen Datensatz, der im Zuge der Bodenzustands-erhebung Landwirtschaft gewonnen wurde. Auf jedem von insgesamt 1500 Ackerstandorten, für die die Bewirtschaftung der letzten 10 Jahre sowie Bodenkohlenstoffvorräte bekannt waren, ließen sie alle 23 Blühstreifen fiktiv wachsen. Im Mittel ergab sich daraus für die nächsten 20 Jahre eine jährliche Kohlenstoffanreicherung von 0,5 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar Blühstreifen (entspricht 1,8 Tonnen CO2), vorausgesetzt die Blühstreifen würden über längere Zeiträume bestehen bleiben.
Christopher Poeplau erläutert die Dimension: „Zurzeit sind rund 1 % der deutschen Ackerfläche mit Blühstreifen bewachsen. Wenn noch einmal 1 % hinzukämen, könnten dadurch jährlich zusätzlich 240.000 Tonnen CO2 im Boden gebunden werden. Dies entspricht knapp 0,5 % der jährlichen Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft.“ Hinzu kommt der Klimaschutzeffekt der ausbleibenden Düngung auf den Blühstreifen. In den Streifen wachsen Blühmischungen, die – staatlich gefördert – im Rahmen von Agrarumwelt- oder Naturschutzmaßnahmen eingesät werden und in erster Linie die Vielfalt von Pflanzen und blütenbestäubenden Insekten erhöhen sollen. Der positive Klimaeffekt lässt sie nun noch attraktiver escheinen.
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Deutsch, Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Blühstreifen,