Die Digitalisierung verändert alle Bereiche unseres Lebens, unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft. Nicht zuletzt im Energiesystem nehmen digitale Technologien schon seit Jahren eine zentrale Rolle ein – insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien. Mit der Studie »Digitalisierung des Energiesystems – 14 Thesen zum Erfolg« positioniert sich das Fraunhofer Exzellenzcluster CINES zur Digitalisierung des Energiesystems. CINES ist ein Zusammenschluss von Fraunhofer-Instituten und adressiert die zentralen technologischen und ökonomischen Herausforderungen der Energiewende und bündelt so die Kompetenzen für angewandte Energieforschung in der Fraunhofer-Gesellschaft.
Auf Basis des aktuellen Stands der Digitalisierung des Energiesystems, haben Fraunhofer-Experten des Fraunhofer Cluster of Excellence »Integrierte Energiesysteme« in einer Studie 14 Thesen erarbeitet, die die Potenziale einer weitreichenderen Digitalisierung der verschiedenen Sektoren und gleichzeitig aktuelle Hemmnisse aufzeigen. Ziel der im September 2022 veröffentlichten Studie, bei der Expert:en der Fraunhofer-Institute IEE, ISE, SIT, ISI, und IOSB-AST mitgewirkt haben, war im ersten Schritt die Analyse der aktuellen Trends in den Bereichen Energie und Digitalisierung und die Bestimmung des aktuellen Stands der Digitalisierung im Energiesystem. Darauf aufbauend wurden in Zusammenarbeit mit internen und externen Expert:en 14 Thesen aufgestellt, die auch konkrete Handlungsempfehlungen für Akteure im Energiesystem und die Politik enthalten.
In einem Symposium zur Digitalisierung der Energiewende wurden die Thesen am 27. und 28.09.2022 im Fraunhofer ENIQ in Berlin vorgestellt und diskutiert. »Es wurde klar, dass die rechtzeitige und wirtschaftliche Umsetzung der Energiewende eine weitreichende Digitalisierung des deutschen Energiesystems von der Anlagensteuerung bis zu den oberen Netzebenen benötigt«, fasst der Digitalisierungsexperte und Leiter des Fraunhofer IEE, Dr. Reinhard Mackensen, die Diskussionen zusammen.
Die Thesen der Studie sind in fünf Schwerpunkte gegliedert, die sich aus einer Analyse der relevantesten Trends der Energiesystemtransformation und der Digitalisierung ergeben: Datenökonomie, Sektorenkopplung, Anlagenkommunikation, Netzplanung und Netzbetrieb, Cybersicherheit. Die vorliegende Studie will so einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Digitalisierung im Energiesystem leisten, um die klimaneutrale Energiewirtschaft mit digitalen Werkzeugen bestmöglich zu etablieren.
»Die Autor:innen der Studie haben für alle Schwerpunkthemen Thesen formuliert, die keine rein nationale Perspektive haben, sondern auch einen Impuls für eine europäische Strategie zur Digitalisierung der Energieversorgung geben sollen«, erläutert Dr. Marijke Welisch, Geschäftsführerin von Fraunhofer CINES. Schwerpunkt der Analyse und der konkreten Handlungsempfehlungen war allerdings die deutsche Regulatorik und Gesetzeslage.
»Zusammenfassend sind die Autor:innen der Ansicht, dass die Digitalisierung einen zentralen Schlüssel zur Umsetzung der Energiewende darstellt. Ohne eine weitreichende und konsequente Digitalisierung von der Anlagensteuerung, über die gesamte Netzkaskade bis in die einzelnen Sektoren ist eine ökonomische und rechtzeitige Energiewende nicht machbar«, so das Fazit von Manuel Wickert vom Fraunhofer IEE, der die Dimension Digitalisierung im Cluster CINES leitet.
»Dabei kann eine Datenökonomie der Enabler sein, um die notwendige akteursübergreifende Prozessautomatisierung möglich zu machen. Um die Sicherheit der Energieversorgung dabei weiter zu erhöhen, muss zudem die Cyberresilienz eine relevante Rolle in einer europäischen Digitalisierungsstrategie für die Energieversorgung einnehmen«, sind Wickert und seine Kolleg:innen überzeugt.
Antonia Heinemann von Umlaut Energy in ihrer Keynote betonte, dass Deutschlands Ausbauziele erneuerbarer Energien und der E-Mobilität für 2030 nur durch den Einsatz effizienter digitaler Werkzeuge und Prozesse erreichbar sind.
Zur Rolle von Digitalisierung im Energiesystem der Zukunft gab es an beiden Tagen spannende Vorträge und lebhafte Diskussionen. Zu Themen Sensorik und IoT in der Energiewirtschaft, Digitales EVU, Datenräume, Cybersicherheit und DigitalisierteSektorenkopplung haben sich die Teilnehmende und Expert:innen aus der Forschung, Wirtschaft und Politik über die Trends, Herausforderungen und möglichen Lösungen ausgetauscht.
Die 14 Thesen zur Digitalisierung des Energiesystems lauten:
These 1: Der Wert von Energie ist zukünftig abhängig von den verknüpften Daten
These 2: Digital getriebene Wertschöpfungsnetzwerke sind die Zukunft der Energieversorgung
These 3: Ein souveränes und resilientes europäisches Energiesystem benötigt eine EU-Basis-IKT
These 4: Ohne eine digitalisierte Sektorenkopplung steigen die Kosten der Transformation des Energiesystems erheblich
These 5: Tragfähige energiewirtschaftliche Geschäftsmodelle für eine digitalisierte Sektorenkopplung auf Quartiersebene scheitern derzeit an regulatorischen Hürden
These 6: Eine effiziente Dekarbonisierung des Wärmesektors ist nur mit Digitalisierung zu erreichen
These 7: Das intelligente Messsystem wird in der Anlagenkommunikation von anderen Lösungen überholt
These 8: Die Energiewende braucht Anlagenkommunikation basierend auf aktuellen IT-Technologien und offener Dokumentation
These 9: Moderne Anlagenkommunikation ist plug&play-fähig und ermöglicht akteursübergreifende Prozessautomatisierung
These 10: Digitalisierung ist notwendige Kernkompentenz im zukünftigen Stromnetzbetrieb
These 11: Eine dezentrale Energiewende bedeutet vollständige Digitalisierung bis in die unteren Netzebenen
These 12: Die rechtzeitige Umsetzung der Energiewende kann nur durch eine vollständige Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen gelingen
These 13: Cyberresilienz wird Cybersecurity ablösen
These 14: Zuverlässige EV-Netze bedürfen zuverlässiger Kommunikationsnetze