Pflanzen brauchen Licht, um zu wachsen. Durch überschüssige Nährstoffe und/oder das Fehlen von Pflanzenfressern gelangt jedoch weniger Licht in die untere Vegetationsschicht des Grünlands. Dann dominieren wenige wuchsstarke Arten und die Pflanzenvielfalt geht zurück. Dieser Zusammenhang wurde bislang nur indirekt hergestellt, aber nie experimentell im Freiland. Nun hat ein internationales Forscher-Team, u.a. mit Wissenschaftlern des UFZ, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), die dominierende Rolle der Lichtkonkurrenz experimentell belegen können und in Nature veröffentlicht.
Das Forscher-Team unter Leitung von Prof. Dr. Anu Eskelinen, die von der Universität Oulu (Finnland) aus das Experiment leitet, nutzte dafür die Global Change Experimental Facility (GCEF) in der UFZ-Forschungsstation in Bad Lauchstädt. Die GCEF wird von Wissenschaftlern weltweit als Experimentalpattform genutzt, um beispielsweise den Einfluss des sich ändernden Klimas auf unterschiedliche Formen der Landnutzung und die Struktur von Pflanzengemeinschaften zu untersuchen und vorherzusagen.
Anu Eskelinen, die als Gastwissenschaftlerin mehrere Jahre am UFZ und iDiv gearbeitet hat, experimentierte in der GCEF mit Licht, um dessen Bedeutung für die Pflanzenvielfalt im Grünland herauszufinden – unter den speziellen Einflüssen von Düngung und Beweidung. Dabei setze sie auf einen neuen experimentellen Ansatz: Das Team beleuchtete die niedrigwüchsigen Pflanzen im Grasland direkt mit LED-Lampen und sorgte so für eine Zunahme der Lichtmenge. Diese Behandlung ergänzten sie durch die Zugabe von Düngemitteln auf einigen Parzellen und die Beweidung durch Schafe auf anderen.
Dabei zeigte sich unter anderem, dass durch künstliche Düngung sowohl die Artenzahl als auch die biologische Vielfalt stark zurückgingen, wenn die Flächen nicht beweidet wurden. Setzten die Forschern zusätzlich LED-Lampen ein, um das Tageslicht zu verstärken, reduzierte sich dieser Verlust. Unterbanden sie die Beweidung, gingen durch verstärkten Pflanzenwuchs Artenzahlen und Biodiversität zurück. Die Zufuhr von Licht schwächte diesen Verlust wieder ab.
„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Pflanzenfraß ein dominanter Faktor ist, der den Wettbewerb um Licht und Pflanzenvielfalt steuert“, sagt Erstautorin Anu Eskelinen. „Und sie machen deutlich, wie wichtig es ist, einheimische Pflanzenfresser zu erhalten und eine nachhaltige Weidehaltung als Managementmaßnahme zu nutzen.“
Prof. Dr. Stan Harpole, Mitautor und Leiter des Departments Physiologische Diversität an UFZ und iDiv, ergänzt: „Diese Studie unterstreicht den Wert sorgfältig konzipierter, manipulativer Freilandexperimente. Wir brauchen sie, um die Ursachen für den Verlust der Artenvielfalt genau zu untersuchen. Nur dank der hervorragenden Infrastruktur der Global Change Experimental Facility des UFZ, der Unterstützung durch die Forschungsstation Bad Lauchstädt und der Kooperation mit iDiv konnten wir unser Verständnis verbessern und die bisherigen Theorien unter realistischeren Bedingungen testen.“