Nachhaltige Agrarproduktion und Digitalisierung für das Helmstedter Revier

© Fraunhofer, Max Niemann René Borresch, Geschäftsführer der Bundeslehranstalt Burg Warberg; Prof. Dr.-Ing. Christoph Herrmann, Institutsleiter des Fraunhofer IST; Prof. Dr. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft; Prof. Dr. Lothar Hagebölling, Mitglied der Strukturkommission Helmstedt; Hilmar Freiherr von Münchhausen, Geschäftsführer des Netzwerks Ackerbau Niedersachsen e.V.; Volker Hahn, Vorsitzender des Netzwerks Ackerbau Niedersachsen e.V. (v.l.n.r.) während der »Fokusreise Strukturwandel« auf der Burg Warberg.

Wie lässt sich ein wirtschaftlicher, sozialer und ein ökologisch nachhaltiger Strukturwandel im ehemaligen Helmstedter Revier gestalten? Wie können Arbeitsplätze in der Region gesichert und neue geschaffen werden? Welche Innovationen sind notwendig, um die landwirtschaftlichen Betriebe in der Region langfristig zu stärken? Diese Fragen beschäftigen nicht nur die Politik sowie die Menschen und Unternehmen der Region Helmstedt, sondern auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Fraunhofer-Gesellschaft.

Am 3. November 2022 initiierte daher das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Ober­flächentechnik IST im Rahmen der »Fokusreise Strukturwandel« des Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft Professor Reimund Neugebauer ein Round-Table-Gespräch auf der Burg Warberg, dem Sitz des Netzwerks Ackerbau Niedersachsen NAN. Vor dem Hintergrund der Klimakrise, einer wachsenden Weltbevölkerung und geopolitischer Instabilität diskutierten etwa 30 Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft Herausforderungen und Lösungsansätze für heutige Agrarsysteme, darunter auch die Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Barbara Otte-Kinast.

»Wir brauchen eine moderne Landwirtschaft, die die großen Chancen der Digitalisierung nutzt. Nur so können wir den Agrarsektor effizient weiterentwickeln und die Region zukunftssicher aufstellen!«

Ihr Haus habe daher Digitalisierungsprojekte der Landwirtschaftskammer auf der Domäne Schickelsheim mit rund zwei Millionen Euro unterstützt.

Ein Ziel ist es, die landwirtschaftliche Produktion unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten zu optimieren. Dementsprechend rücken zunehmend regionale und dezentrale Lösungen in den Fokus, die eine optimale Anpassung an die jeweiligen örtlichen Bedingungen erlauben. Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, betont:

»Der Aufbau dezentraler und resilienter High-Tech-Agrar­produktions­systeme zur Sicherung einer qualitativ hochwertigen Nahrungsmittelproduktion leistet einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit und ist essenziell für eine krisensichere, unabhängige Lebensmittelversorgung. Durch die vorhandenen Kompetenzen im Agrarsektor im Helmstedter Revier bestehen zahlreiche Anknüpfungspunkte für Fraunhofer, zusammen mit unseren Partnern vor Ort Technologielösungen zu entwickeln, die die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft in der Region und darüber hinaus sichern und ausbauen.«

Um den landwirtschaftlichen Strukturwandel in der Region Helmstedt modellhaft voranzutreiben, plant das Fraunhofer IST gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS den Standort Helmstedt zu nutzen und überregionale Initiativen und regionale Partner zu vernetzen.

»Unser Ziel ist es, technologische Lösungen für die Herausforderungen des Agrarsektors gemeinsam mit den Stakeholdern zu erarbeiten und prototypisch zu erproben,« erklärt Professor Christoph Herrmann, Institutsleiter des Fraunhofer IST, »dazu bündeln wir die vielfältigen Kompetenzen der Fraunhofer-Gesellschaft und vor allem der regionalen Partner. Dazu gehören insbesondere die TU Braunschweig, das Julius-Kühn-Institut sowie das Thünen-Institut.«

Wie solche technologischen Lösungen aussehen und welche Möglichkeiten die digitale Landwirtschaft bietet, davon konnten sich die Teilnehmenden auf der Domäne Schickels­heim einen Eindruck verschaffen. Der Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen Gerhard Schwetje erklärt:

»Auf der Domäne Schickelsheim verfügen wir mit knapp 40 Hektar über ein deutschlandweit einzigartiges PraxisLabor Digitaler Ackerbau. Dort setzen wir modernste digitale Maschinen und Anwendungen unter betrieblichen Bedingungen ein – so sammeln unsere Fachleute wertvolle Daten und Erkenntnisse zur Praxistauglichkeit der neuen Technologien, die unter anderem das Ziel haben, den Umgang mit Dünger und Pflanzenschutzmitteln noch effizienter und sparsamer zu gestalten. Die Zusammen­arbeit mit Akteurinnen und Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft hat für uns eine große Bedeutung – dies gilt selbstverständlich auch für mögliche Praxistests mit Fraunhofer-Innovationen.«

Im Rahmen eines Rundgangs stellte das Fraunhofer IST aus Braunschweig eine mobile Anlage vor, mit der ozoniertes Wasser zur Desinfektion oder Schädlingsbekämpfung ganz ohne Zusatz von Chemikalien mit diamantbeschichteten Elektroden erzeugt werden kann. Das System lässt sich miniaturisieren und beispielsweise auch in eine tragbare Sprüheinheit integrieren.