Die Gruppe um Prof. Dr. Yana Vaynzof am Integrated Center for Applied Physics and Photonic Materials (IAPP) und dem Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed) der Technischen Universität Dresden hat ein völlig neues Konzept für Solarzellen entwickelt. Dieses macht sich die Tatsache zunutze, dass Materialien in unterschiedlichen Kristallmodifikationen vorliegen können.
Der Zweck einer photovoltaischen Zelle ist die Umwandlung von Sonnenlicht in Elektrizität. Durch Absorption von Sonnenlicht entstehen im Material Paare von Ladungsträgern, die zu unterschiedlichen Polen der Solarzelle geleitet werden müssen, um den elektrischen Stromfluss zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, müssen Solarzellen einen Übergang zwischen zwei unterschiedlichen Halbleitermaterialien aufweisen, der den Ladungsträgern die ideale „elektronische Landschaft“ für die Trennung bietet.
In Siliziumsolarzellen wird dies durch Bereiche im Material erreicht, die unterschiedlich dotiert sind und einen sogenannten p-n-Übergang bilden. In organischen Solarzellen erreicht man einen solchen Heteroübergang beispielsweise durch Mischung zweier Halbleitermaterialien, mit einem Donor und einem Akzeptor. Für neuartige Materialsysteme sind diese Methoden jedoch kaum geeignet.
Prof. Vaynzof und ihr Team zeigten nun, dass ein solcher Heteroübergang in Solarzellen auch völlig anders erzeugt werden kann. Dafür nutzten die Forscher aus, dass manche Materialien in unterschiedlichen Kristallformen (Phasen) vorliegen können. Dieses Phänomen der Polymorphie bedeutet, dass ein Material unterschiedliche Eigenschaften aufweisen kann, je nachdem wie seine Atome und Moleküle im Kristallgitter angeordnet sind. Prof. Vaynzof und ihrem Team ist es erstmals gelungen, einen Heteroübergang in Solarzellen zu bilden, in dem sie das gleiche Material in zwei unterschiedlichen Phasen zusammengebracht haben. Um die neue Funktionsweise zu demonstrieren, nutzten die Forscher Cäsium-Blei-Iodid Perowskit – ein effizientes Absorbermaterial für Solarzellen – in der Beta- und der Gamma-Phase.
„Die optischen und elektrischen Eigenschaften von Cäsium-Blei-Iodid in der Beta- und der Gamma-Phase sind unterschiedlich“ erklärt Prof. Vaynzof. „Indem wir Gamma-Cäsium-Blei-Iodid auf der Beta-Phase abscheiden, können wir einen Phasen-Heteroübergang in Solarzellen realisieren, wodurch die Bauteile wesentlich effizienter als jene Solarzellen mit nur einer Phase des Perowskits sind.“
Die Forscher zeigen in ihrer Arbeit, dass die obere Lage aus Gamma Perowskit die Leistungsfähigkeit der Solarzelle auf verschiedene Arten beeinflusst. „Sehr dünne Schichten des Gamma-Perowskits führen bereits zu einer Leistungssteigerung, da diese dünne Schicht Defekte der darunterliegenden Schicht passiviert. Dickere Schichten des Gamma-Perowskits steigern dann jedoch die Leistungsfähigkeit der Solarzelle weiter und erreichen einen Wirkungsgrad von über 20%“ ergänzt Ran Ji, der Erstautor der Studie. „<
Fortschrittliche spektroskopische Untersuchungen konnten zeigen, dass diese Verbesserung der Leistungsfähigkeit auf die erhöhte Lichtabsorption und eine verbesserte Ausrichtung der elektronischen Energieniveaus zurückzuführen ist.“ fügt Prof. Vaynzof hinzu.
Ganz wichtig war dabei, dass die Forscher nachweisen konnten, dass ein solcher Phasen-Heteroübergang auch beim Betrieb der Solarzelle erhalten bleibt und sogar die Ionenwanderung im Absorbermaterial herabsetzt, was ein typisches Problem von Perowskit-Solarzellen löst.
Um einen solchen Phasen-Heteroübergang zu realisieren, nutzten die Wissenschaftler unterschiedliche Herstellungsprozesse für die obere und untere Schicht. Dadurch wird es möglich sein, solche Strukturen auch in Zukunft sehr leicht herzustellen.
„Wir hoffen, dass dieses neuartige Konzept und die sehr einfache Herstellung eines solchen Übergangs sich auch auf andere Materialsysteme und Halbleiterbauteile übertragen lässt“ sagt Prof. Vaynzof.
Da Polymorphie auch in vielen anderen Halbleitern bekannt ist, könnte dieses neue Konzept des Phasen-Heteroübergangs den Weg zu neuen elektronischen Bauteilen und Anwendungen ebnen, die sich mittels einfacher und kostengünstiger Herstellungsprozesse auf Basis eines einzigen Materialsystems realisieren lassen.