Die Risiken, die Pflanzenschutzmittel für Insekten und andere Kleintiere in Gewässern in Schutzgebieten verursachen, sind nahezu vergleichbar mit denen in Gewässern außerhalb von Naturschutzgebieten – auch wenn die Konzentrationen von Pestiziden in Gewässern in Schutzgebieten geringer sind. Das haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Koblenz-Landau in einer aktuellen Studie festgestellt.
„Wir haben erstmals in Deutschland umfangreiche Daten über das Vorkommen von Pestiziden in Gewässern ausgewertet und Naturschutzgebiete mit Gebieten verglichen, die nicht unter Naturschutz stehen“, sagt der Landauer Ökotoxikologe Jakob Wolfram, Hauptautor der Studie.
Das Ergebnis: „Die von der Pestizidbelastung ausgehenden Risiken für Gewässerorganismen sind deutlich durch die landwirtschaftliche Landnutzung im nicht gesondert geschützten Oberlauf der Gewässer geprägt.“ Der Grund: Der Oberlaufbereich – das komplette Einzugsgebiet eines Gewässers und somit der Bereich, der einen Fluss speist – liegt meist außerhalb der Schutzgebiete. Pestizide gelangen dort ins Gewässer und werden flussabwärts in die geschützten Gebiete geschwemmt.
Mehr als 3,8 Millionen Messwerte von über 200 Pestiziden, die in den vergangenen über 20 Jahren von behördlicher Seite im Bundesland Sachsen gemessen worden waren, haben die Forschenden ausgewertet. Die Messwerte aus den Gewässern haben sie mit den für jedes Pestizid spezifischen Schwellenwerten aus der behördlichen Zulassung abgeglichen, um so mögliche Risiken für Tiere und Pflanzen zu identifizieren. Besonders hoch lagen die Risikoprofile für Wasserpflanzen und wirbellose Kleintiere (Insekten und Krebstiere), trotz der häufig geringeren Pestizidkonzentrationen in Naturschutzgebieten.
„Insgesamt belegen unsere Ergebnisse, dass Gewässer in Schutzgebieten zahlreichen Pestizidrisiken ausgesetzt sein können und somit oftmals kein adäquates Schutzniveau erreicht wird“, unterstreicht Wolfram.
Ein besserer Schutz der Tiere und Pflanzen müsse daher gerade in Schutzgebieten sichergestellt werden. Wie die Autoren der Studie anführen, spielen die Ergebnisse eine wichtige Rolle für die aktuelle Diskussion um die Landwirtschaftsstrategie der EU, welche eine Verringerung des Einsatzes und der Risiken von Pestiziden zum Ziel hat. Der Umweltwissenschaftler Ralf Schulz, Koautor der Studie, betont:
„Unsere Ergebnisse sind hochaktuell, insbesondere im Licht der im Augenblick vor allem aus Deutschland vorgebrachten Forderung nach einer Aufweichung der von der EU geplanten Reduktion des Pestizideinsatzes in Schutzgebieten.“