Die Biodiversität von Trockenrasen ist innerhalb eines Vierteljahrhunderts deutlich zurückgegangen. Dazu sind Reste der Steppenvegetation aus der Eiszeit verschwunden: Trockenrasen sind besondere Habitate: Sie zeichnen sich durch einen großen Reichtum an seltenen und gefährdeten Pflanzenarten aus und bieten Insekten einen wichtigen Lebensraum. Es wachsen dort zahlreiche spezialisierte Gräser und Kräuter, aber auch seltene Orchideen. Viele Trockenrasenbestände liegen daher in Naturschutzgebieten.
„Trockenrasen wachsen auf nährstoffarmen und trockenen Böden. Die Pflanzen sind gut daran angepasst, mit wenig Wasser auszukommen“, erklärt Dr. Thomas Becker. Umso überraschender waren für den Geobotaniker der Universität Trier die Ergebnisse einer Studie, die er gemeinsam mit Tim Meier, Isabell Hensen und Monika Partzsch von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg durchgeführt hat. Darin hat er Vegetationsdaten wiederholt, die er in einem mitteldeutschen Trockenrasen im Jahre 1995 im Rahmen seiner Diplomarbeit erstmals erhoben hatte. „Wir waren erschrocken, dass der Artenreichtum innerhalb dieser noch nicht einmal 25 Jahre um fast ein Viertel abgenommen hatte. Wir können dies ganz klar auf den Klimawandel zurückführen“, sagt Becker. „Gefährdete Pflanzenarten waren sogar um ein Drittel zurückgegangen.“
Spürbar begonnen hatte der Klimawandel in der Region in den 1980er Jahren mit zunächst milden Wintern. Ab der Jahrtausendwende wurden die Sommer dann merklich wärmer und seit Mitte der 2010er Jahre gibt es regelmäßig massive Sommerdürren. „Selbst den hartgesottenen Pflanzen dieses Standorts, die mit Hitze und Wassermangel eigentlich sehr gut zurechtkommen, macht diese Trockenheit zunehmend zu schaffen“, sagt der Trierer Geobotaniker Becker. Einige Arten sind schon komplett verschwunden. Besonders betroffen macht die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der voranschreitende Verlust an sogenannten Reliktarten, die hier als Reste der eiszeitlichen Steppen seit etwa 10.000 Jahren überdauert haben. „Es ist auch ein Stück Geschichte, das jetzt verloren geht“, beklagt Becker.
Nichtsdestotrotz gab es auch Gewinner unter den Pflanzen: Einjährige Arten, die aus Südeuropa stammen und an mediterranes Klima angepasst sind, haben die Vegetationslücken besiedelt, welche durch die Dürren entstanden sind. Auch eine submediterran verbreitete Grasart, die Aufrechte Trespe, hat stark zugenommen – und verdrängt nun angestammte Arten. Neben dem Klimawandel profitieren diese Arten auch von Stickstoff-Depositionen, die sich aus den Abgasen des Autoverkehrs bilden und als Dünger über den Regen überall niedergehen.
Diese Überdüngung sehen die Wissenschaftler als zweite Erklärung des Rückgangs der Biodiversität, wobei Becker einschränkt: „In unserer Studie ist der weitaus größere Teil der Abnahme der Biodiversität eine Folge des Klimawandels, vor allem der Sommerdürren, die die schwersten seit 2.000 Jahre sein sollen.“ So stehen in der Studie neun Arten, denen das neue Klima zugutekommt, 29 Verliererarten gegenüber.
Die Ergebnisse der Studie in einem Trockenrasen im mitteldeutschen Trockengebiet lassen sich laut den Forschenden auf andere Regionen Deutschlands übertragen. „Anscheinend zeigen sich die Konsequenzen des Klimawandels in Trockengebieten lediglich früher.“ Da größere Teile von Rheinland-Pfalz ebenfalls ein trockenes Klima haben und Sommerdürren hier ebenso mittlerweile die Regel sind, sind auch in Rheinland-Pfalz bald schon drastische Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität zu erwarten. Oder sie existieren schon und wurden bloß noch nicht nachgewiesen, so Becker weiter.