AIF: Heimische Alternativen zu tropischen Fetten

Oleogele und Backwaren Sharline Nikolay

Das Forscherteam Dr. Bertrand Matthäus und Sharline Nikolay vom Max Rubner-Institut in Detmold sowie Professor Eckhard Flöter von der Technischen Universität Berlin und Till Wettlaufer, ehemals TU Berlin, hat in einem gemeinsamen Forschungsprojekt Alternativen zu tropischen Fetten unter Verwendung von Rapsöl entwickelt und gehört zu den drei Finalisten für den Otto von Guericke-Preis 2022. Die AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. vergibt den mit 10.000 Euro dotierten Preis seit 1997 an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für besondere Innovationsleistungen auf dem Gebiet der vorwettbewerblichen Industriellen Gemeinschaftsforschung.

Palmöl ist im mehrfachen Sinne in aller Munde. Der Anbau und das Vorkommen von tropischen Fetten in nahezu jedem zweiten fetthaltigen Supermarktprodukt sind ökologisch in der Diskussion und werden auch ernährungsphysiologisch kritisch gesehen. Das Forscherteam Dr. Bertrand Matthäus und Sharline Nikolay vom Max Rubner-Institut in Detmold sowie Professor Eckhard Flöter von der Technischen Universität Berlin und Till Wettlaufer, ehemals TU Berlin, hat in einem gemeinsamen Forschungsprojekt Alternativen zu tropischen Fetten unter Verwendung von Rapsöl entwickelt und gehört zu den drei Finalisten für den Otto von Guericke-Preis 2022.

v.l. Moderatorin Anna-Katharina Schubert, Dr. Bertrand Matthäus, Sharline Nikolay, Prof. Dr. Eckhard Flöter. Jürgen Schulzki, AiF

Das Forschungs- und Transfernetzwerk Mittelstand AiF Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ e.V. vergibt den mit 10.000 Euro dotierten Preis seit 1997 an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für besondere Innovationsleistungen auf dem Gebiet der vorwettbewerblichen Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), die vom Bundeswirtschaftsministerium mit öffentlichen Mitteln gefördert wird.

Industrie reagiert auf umwelt- und ernährungsbewusste Verbraucher

Backwaren, Brotaufstriche, Marinaden oder Eiscremes scheinen heute nicht ohne Palmöl und andere tropische Fette auszukommen. Viele ernährungs- und auch umweltbewusste Verbraucherinnen und Verbraucher meiden Palmöl; so ist die Lebensmittelindustrie daran interessiert, diese festen Fette in ihrer Produktion deutlich zu reduzieren.

„Allerdings werden solche Fette aufgrund ihrer funktionellen und technologischen Eigenschaften eingesetzt und ein Ersatz durch flüssige Pflanzenöle würde die Produktqualität deutlich verändern. Eine Alternative sind Oleogele, also strukturierte Öle, die allerdings hinsichtlich ihrer industriellen Einsetzbarkeit noch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht worden sind“, erklärt Dr. Bertrand Matthäus vom Institut für Sicherheit und Qualität bei Getreide des Max Rubner-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Detmold.

Die Inhalte des gemeinsamen IGF-Forschungsprojekts mit dem Titel „Oleoboost – Regionale Pflanzenöle als Palmölersatz“ beschreibt seine Institutskollegin Sharline Nikolay: „Wir konnten klar zeigen, dass Oleogele auf der Basis von heimischem Rapsöl feste Fette bei der Herstellung von Lebensmitteln ohne Qualitätseinbußen ersetzen können.“ Durch das Einlagern des Rapsöls in die Struktur des Gelators bleibe der gesundheitsfördernde Charakter von Rapsöl erhalten und die Funktionalität, wie zum Beispiel das Mundgefühl und die Härte des Produkts, würde durch das Gefüge des Gelators geliefert, ergänzt Till Wettlaufer detailliert. Die Projektergebnisse beweisen, dass Oleogele eine Alternative für konventionelle Fette sein können.

Industrielle Umsetzbarkeit ist „natürlich Pflicht“

Eine der Herausforderungen dabei: Je nach Produkt wird die feste Struktur der Fettphase zu unterschiedlichen Zeitpunkten benötigt. Die Herstellung von Blätterteig macht beispielsweise eine Oleogelierung im Vorhinein und bei erhitzten Schokocremes im Laufe der Verarbeitung sowie nach der Herstellung notwendig. Bei der anwendungsorientierten Untersuchung verschiedener Strukturbildner sei die industrielle Umsetzbarkeit „natürlich Pflicht“, stellte Professor Eckhard Flöter vom Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie, Fachgebiet für Lebensmittelverfahrenstechnik der Technischen Universität Berlin fest.

Die Forschungsergebnisse sind hochrelevant und wirtschaftlich von großer Bedeutung für die gesamte deutsche Lebensmittelindustrie.

„Speiseölproduzenten eröffnet sich die Chance, international neue Absatzmärkte zur erschließen. Hersteller von Backwaren und vielen kulinarischen Lebensmitteln werden künftig ernährungsphysiologisch verbesserte Produkte mit einem verringertem CO2-Fußabdruck anbieten können“, betont Dr. Volker Häusser, Geschäftsführer des AiF-Mitglieds Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. – FEI.

Das bestätigt auch Jens Haunhorst, Leiter der Produktion und Entwicklung bei der VORTELLA Lebensmittelwerk W. Vortmeyer GmbH: „Als mittelständischer Produzent von Spezialölen und Margarinen für die Lebensmittelindustrie haben wir das Forschungsprojekt von Anfang an begleitet und unterstützt. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können wir unseren Kunden proaktiv neue Anwendungen und Lösungen anbieten und auch in Zukunft weitere zahlreiche Produktinnovationen daraus ableiten.“