Messungen des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass der Frankfurter Flughafen eine bedeutende Quelle ultrafeiner Partikel ist und sich diese weit über das Stadtgebiet verbreiten können. Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt haben jetzt in Zusammenarbeit mit Experten des HLNUG herausgefunden, dass die ultrafeinen Partikel zu einem Teil aus synthetischen Turbinenschmierölen bestehen. Die Wissenschaftler folgern, dass bei der Verbesserung der Luftqualität neben den Emissionen durch Kerosin auch die durch Schmieröl reduziert werden müssen, damit die Ultrafeinstaubkonzentration abnimmt.
Ultrafeinstaub entsteht bei Verbrennungsprozessen, zum Beispiel bei der Verfeuerung von Holz oder Biomasse, durch Kraftwerke und durch Industrieanlagen. Neben dem Straßenverkehr sind große Flughäfen eine bedeutende Quelle für die ultrafeinen Partikel mit einer Größe von weniger als 100 Millionstel Millimeter (100 Nanometer). Weil sie so klein sind, können sie tief in die unteren Atemwege eindringen, die Blut-Luft-Schranke überwinden und, je nach ihrer Zusammensetzung, im Gewebe beispielsweise Entzündungen hervorrufen. Ferner steht Ultrafeinstaub im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen zu können.
Seit mehreren Jahren misst das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) die Anzahl und Größe ultrafeiner Partikel an verschiedenen Luftmessstationen im Umfeld des Frankfurter Flughafens, beispielsweise im Frankfurter Stadtteil Schwanheim und in Raunheim. Im vergangenen Jahr analysierten Wissenschaftler:innen um Prof. Alexander Vogel von der Goethe-Universität die chemische Zusammensetzung der Ultrafeinstaubpartikel und stießen auf eine Gruppe organischer Verbindungen, die ihren chemischen Fingerabdrücken zufolge aus Turbinen-Schmierölen stammten.
Jetzt hat das Wissenschaftsteam diesen Befund durch weitere chemische Messungen der Ultrafeinstaubpartikel bestätigt: Die Partikel stammen zu einem bedeutenden Teil aus synthetischen Turbinenschmierölen und waren besonders stark in den kleinsten Partikelklassen vertreten, die 10 bis 18 Nanometer große Partikel umfassen. Solche Schmieröle können zum Beispiel über Entlüftungsöffnungen, in denen nanometergroße Schmieröltröpfchen und Öldämpfe nicht vollständig abgeschieden werden, in den Abgasstrom der Turbine gelangen.
In Laborexperimenten gelang es zudem, die Bildung ultrafeiner Partikel aus Schmierölen nachzustellen. Dazu wurde ein gängiges Turbinenschmieröl in einem heißen Gasstrom, der die Turbinenabgase simulierte, zunächst bei rund 300 Grad Celsius verdampft, dann abgekühlt und anschließend die Anzahl-Größenverteilung der gebildeten Partikel gemessen.
Der Atmosphärenchemiker Prof. Alexander Vogel vom Institut für Atmosphäre und Umwelt der Goethe-Universität erklärt: „Wenn das verdampfte Schmieröl abkühlt, sind die gasförmigen synthetischen Ester übersättigt und bilden die Kerne für neue Partikel, die rasch zu Partikeln von rund 10 Nanometern Größe anwachsen können. Diese Partikel, so legen es unsere Untersuchungen nahe, machen einen großen Teil des Ultrafeinstaubs aus, der an Flugzeugturbinen entsteht. Die bisherige Annahme, Ultrafeinstaub entstehe vorwiegend aus Schwefel- und aromatischen Verbindungen aus dem Kerosin, trifft offenbar nicht zu. Eine Reduzierung der Schmierölemissionen birgt nach unserer Erkenntnis ein wichtiges Potenzial zur Minderung der ultrafeinen Partikel.“
Die Untersuchungen zeigen, dass die Bildung ultrafeiner Partikel an Turbinen nicht auf die Verbrennung von Kerosin allein beschränkt ist. Dies sollte bei möglichen Minderungsmaßnahmen berücksichtigt werden. Die Verwendung schwefelarmer Kerosine oder die Umstellung auf nachhaltig hergestellte Kraftstoffe können somit nur einen Teil der Ultrafeinstaubbelastung reduzieren.
Die Belastung durch ultrafeine Partikel und deren gesundheitliche Auswirkung wird ab 2023 im Rahmen einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie des Landes Hessen untersucht werden. Hierbei können die Ergebnisse der aktuellen Studie helfen, flughafenspezifische Partikel zu identifizieren und mögliche Minderungsmaßnahmen abzuleiten.