Die Tropen beherbergen den größten Teil der biologischen Vielfalt der Erde. Um dieses wertvolle Gut zu erhalten, müssen sich viele Menschen vor Ort engagieren und gut informiert sein. Die Tropenökologie und die Naturschutzwissenschaften sind jedoch noch häufig von kolonialistischen und diskriminierenden Praktiken geprägt, die den Erfolg des Naturschutzes beeinträchtigen können.
Ein internationales Team führender Universitäten in der Tropenforschung, darunter die Universität Göttingen, hat nun vorgeschlagen, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Globalen Südens, der häufig aus historisch durch den Kolonialismus geschädigten Nationen besteht, Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung besser fördern können. Ihr Positionspapier ist in der Zeitschrift Perspectives in Ecology and Conservation erschienen.
Das Team von Forschenden aus mehr als zwölf Ländern – aus Südamerika, Afrika, Asien, Europa und Nordamerika – hat Erfahrungen aus der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der terrestrischen und marinen Tropenökologie, des Naturschutzes sowie der Diskussion in Initiativen zur Förderung der Diversifizierung wissenschaftlicher Fachgesellschaften zusammengetragen.
Sie schlagen zehn Maßnahmen für Forschende aus dem Globalen Süden vor, um Verbesserungen in den Bereichen Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration zu fördern. Dazu gehören Maßnahmen auf institutioneller, nationaler und internationaler Ebene, um zu erreichen, dass Forschungsteams im globalen Süden integrativer und vielfältiger werden und gut auf internationale Kooperationen auf Augenhöhe vorbereitet sind.
Die Autorinnen und Autoren sind der Meinung, dass die gegenwärtigen Forschungsverbünde in der Tropenforschung die große Vielfalt der Menschen und Perspektiven in den tropischen Regionen oft nicht vollständig berücksichtigen, was die Umsetzung wissenschaftlicher Praktiken behindert. Sie sind sich jedoch auch der hohen Anfangskosten bewusst, mit denen die Einführung von Systemen für eine gerechte Beteiligung verbunden ist.
„Diese Maßnahmen erfordern von uns allen viel Arbeit und Selbstreflexion über unsere Handlungen und Einstellungen. Aber wir sind zuversichtlich, dass die Vorteile beträchtlich sind, sowohl für die Qualität der Wissenschaft, die wir betreiben, als auch für den Schutz tropischer Ökosysteme“, sagt die Erstautorin und Postdoktorandin Carolina Ocampo-Ariza aus der Abteilung Agrarökologie an der Universität Göttingen.
Erfolgreiche Naturschutzmaßnahmen hängen von der Beteiligung möglichst aller lokaler Interessengruppen ab, einschließlich der lokalen Regierungen und Gemeinden in ländlichen Gebieten. „Wir hoffen, dass wir die Menschen, die unmittelbar die tropische Biodiversität erleben, zu mehr Führungsstärke ermutigen können“, sagt Prof. Dr. Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen. Dazu gehört, dass Forschende im Globalen Süden ihre Forschungsprojekte öffentlichkeitswirksamer darstellen, Forschungsziele gemeinsam mit lokalen Interessengruppen wie den indigenen Gemeinschaften und lokalen Bauern entwickeln und eine führende Rolle in internationalen Forschungsteams übernehmen.
„Die laufenden internationalen Diskussionen über Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion werden uns hoffentlich helfen, nachhaltigere und fairere Kooperationen in der Forschung zu etablieren“, ergänzt Co-Autorin Isabelle Arimond, Abteilung Funktionelle Agrobiodiversität der Universität Göttingen.