E-Fahrzeuge benötigen viel Energie, können aber auch einen wertvollen Beitrag zum Ausbalancieren des Stromnetzes leisten. Salzburg Research hat in den vergangenen Monaten in einem Open Innovation Ideenwettbewerb eingeladen, Ideen für smartes Teilen von Energie und neue Geschäftsmodelle einzureichen. Die besten Ideen wurden ausgezeichnet.
E-Fahrzeuge können Teil der Lösung sein, um Stromnetzschwankungen und Energieengpässe zu überbrücken. Durch intelligentes flexibles Laden kann der Ladevorgang so gesteuert werden, dass das Fahrzeug in Zeiten günstiger Netz- oder Marktbedingungen geladen wird. Bei ungünstigen Bedingungen wird der Ladevorgang gestoppt. Darüber hinaus ermöglicht das bidirektionale Laden bei Bedarf auch eine Rückspeisung von Energie aus der Batterie in das Stromnetz. Das trägt dazu bei, das gesamte Stromnetz stabil zu halten und überschüssigen Strom zwischenzuspeichern.
Die Ideen der Crowd zu smartem Laden
Aber was motiviert Besitzerinnen und Besitzer von E-Fahrzeugen, ihre Akkus für smartes/intelligentes Laden zur Verfügung zu stellen? Wie können Verbraucher:innen unterstützt werden, damit sie ihr Ladeverhalten stärker an den Bedürfnissen des Stromnetzes ausrichten? Welche (neuen) Services und Dienstleistungen sowie Kooperationsmöglichkeiten oder Geschäftsmodelle entstehen durch smartes Laden?
Salzburg Research bat mittels eines Open Innovation Ideenwettbewerbes um die Ideen der Community. Bei diesem Crowdsourcing sind alle Ideen herzlich willkommen – ganz egal, ob die Ideengeber Vorkenntnisse im Themenbereich haben oder nicht. Sowohl die Community, wie auch eine hochkarätige Fachjury bewertete anschließend die Einreichungen. Die besten Ideen wurden am 23. Februar 2023 in der MoonCity Salzburg prämiert.
Ideen fließen in ein europäisches Forschungsprojekt ein
Die Ideen aus diesem offenen Innovationsprozess fließen als Szenarien und Geschäftsmöglichkeiten in die internationale Forschungsarbeit ein. Die Forschenden konzentrieren sich in „GAMES – Grid Aware Mobility and Energy Sharing“ auf die Frage, wie mittels Digitalisierung von elektrischen Shared-Vehicle-Flotten Mobilitätsbedürfnisse befriedigt und gleichzeitig neue Einnahmequellen geschaffen werden können, indem sie Dienstleistungen für Stromnetzbetreiber und Energiegemeinschaften bereitstellen.
1. Platz: Skigebiet mit (bidirektionalen) Ladestationen in günstigen Ski- &Wanderort verwandeln
Ideengeber: Andreas Schöfegger
Hotelgäste brauchen üblicherweise ihr Auto während des Aufenthalts im Hotel wenig bis gar nicht. Die Idee: Jene, die ihr E-Fahrzeug während des Aufenthalts an die bidirektionale Ladestation anschließen und so als Speicher für das Hotel bzw. die Region anbieten, bekommen im Gegenzug Preisnachlässe oder Goodies. Auch für Tagesgäste hat diese Idee eine Lösung parat: Sie können über eine App bereits vorab einen Ladeplatz – und somit einen reservierten Parkplatz – buchen und einen individuell bestimmbaren Speicheranteil des E-Fahrzeugs als „Puffer“ freigeben. So kann das Energiepotenzial am Energiemarkt eingeplant und speziell zu prognostizierten Zeiten der Bedarf an fossilen Kraftwerken reduziert werden. Die Tagesgäste werden durch Preisnachlässe und Gamification-Methoden motiviert.
2. Platz: Prestige und Bequemlichkeit
Ideengeber: Werner Fürst
Der Ideengeber Werner Fürst setzt auf Prestige und Bequemlichkeit als Anreiz für bidirektionales Laden: Bidirektionale Ladestationen sollen auf Firmenparkplätzen im „VIP-Bereich“ nahe dem Eingang platziert werden – dort, wo sonst üblicherweise die Geschäftsführung parkt. Auf P+R-Parkplätzen sollen die bidirektionalen Ladestationen direkt neben der Einstiegsstelle für Bus oder Bahn sein. Auf innerstädtischen Parkflächen und Kundenparkplätzen befinden sich diese nahe von benachbarten Wohnhäusern und sind nach Ladenschluss auf von Nicht-Kunden benutzbar. Wer dort lädt, gibt damit auch die Einwilligung für bidirektionalen Stromfluss. Der Akku wird jeweils im optimalen Bereich zwischen 40 und 80 Prozent gehalten. In der Andockzeit werden nicht mehr als 30 Prozent abgegeben, bei viel Überschuss wird bis zu 80 Prozent geladen. Die Ladeplätze sind – wo sinnvoll – mit PV-Paneelen überdacht. Wo das nicht sinnvoll ist, kommen Rasenziegel zum Einsatz. Denn E-Autos verlieren kein Öl, und der Boden wird weniger versiegelt.
3. Platz: Carsharing durch Wohnbaugesellschaften
Ideengeber: Frank Dobbert
Dezentrale Carsharing-Angebote durch Wohnbaugesellschaften könnten eine Lösung sein: sie bieten ihren Mieter und Wohneigentümern eine integrierte Energielösung an, die aus Mieterstrom, eigenen Photovoltaikanlagen und E-Carsharingfahrzeugen besteht. Über eine interne App können Mieter und Eigentümer die Fahrzeuge für eine bessere Planbarkeit mit einer Vorlaufzeit bestellen.
Die Wohnungsbaugesellschaft wird zu so zum alleinigen Vertragspartner der Netzbetreiber und kann die Fahrzeuge auch als Strompuffer zur Verfügung stellen und im Bedarfsfall auch für eine Nutzung sperren. Alle Beteiligten profitieren: Mieter oder Eigentümer steht wohnungsnah ein Share-Fahrzeug zur Nutzung bereit, bidirektionales Laden eventuell entsprechend preiswerter. Die Wohnungsbaugesellschaften profitieren durch Zusatzeinnahmen bzw. nutzen die Fahrzeuge selbst als Energiepuffer für die hauseigenen PV-Anlagen. Der Netzbetreiber bekommen neue, planungssichere B2B-Flottenkunden.