Die mannigfaltigen Daten, die der Kulturlandkarte zu Grunde liegen, etablieren zwei Hauptdimensionen kultureller Variation in der Welt. Einerseits stehen traditionelle Werte den säkular-rationalen Werten gegenüber. Hier wird gemessen, welche Rolle religiöse Lehren in den Gesellschaften spielen. Stärker säkulare Werte deuten auf eine weitgehend reduzierte Rolle der organisierten Religion hin. Auf der anderen Seite spannt sich der Bogen zwischen Überlebenswerten und Werten der Selbstentfaltung. Hier geht es darum, wie unabhängig von verwandtschaftlichen Verpflichtungen die Individuen einer Gesellschaft in ihrer Lebensplanung sind.
Die aktuelle Ausgabe der Weltkarte zeigt in einer grafischen Aufbereitung, wie die einzelnen Gesellschaften der verschiedenen Erdteile hinsichtlich dieser beiden Dimensionen einzuordnen sind. So zählen etwa Ägypten, Marokko oder Qatar zu den Ländern, in denen traditionelle und Überlebenswerte einen hohen Rang haben, während Schweden, Dänemark und Norwegen Gesellschaften mit einem hohen Maß an säkular-rationalen und Selbstentfaltungswerten sind.
Eine jetzt veröffentlichte neue Version der kulturellen Weltkarte von Inglehart-Welzel veranschaulicht, dass sich die Menschheit trotz anhaltender kultureller Unterschiede weiter auf dem Weg eines emanzipatorischen moralischen Fortschritts befindet. Professor Dr. Christian Welzel von der Leuphana Universität Lüneburg ist einer der Koordinatoren der Weltwertestudie (World Values Survey), deren Daten die Grundlage für die Erstellung der Karte bilden. Sie umfasst insgesamt 111 Länder und Gesellschaften.
Für den Politikwissenschaftler Welzel machen die Ergebnisse deutlich: „Je wohlhabender und gebildeter die Bevölkerung wird, je länger sie lebt und je weniger Kinder sie zur Welt bringt, desto säkularer und selbstbewusster werden ihre Nachkommen in ihren moralischen Werten.“
Hintergrund:
Der World Values Survey (WVS) ist ein globales Forschungsprojekt, das die Werte und Überzeugungen von Menschen untersucht, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern und welche sozialen und politischen Auswirkungen sie haben. Seit 1981 werden für die Weltwertestudie Menschen rund um den Globus befragt. Die Karte basiert auf der letzten gemeinsamen Erhebungsrunde des World Values Survey und der European Values Study, die im Zeitraum 2017-2022 durchgeführt wurde. Für ausgewählte Länder, die nicht in letzter Zeit befragt wurden, werden Daten aus früheren Erhebungswellen verwendet, um den Kartenwert zu berechnen.
Weitere Informationen zur Weltwertestudie gibt es hier:
https://worldvaluessurvey.org