Was braucht die Gesellschaft für den Übergang von einer fossilen zu einer biobasierten Wirtschaft? Um die gesellschaftlichen Treiber und Auswirkungen der globalen Bioökonomie zu untersuchen, baut die Umweltökonomin Dr. Terese Venus die bisher größte Nachwuchsforschergruppe an der Universität Passau auf.
Bioökonomie ist zu einem politischen Schlagwort geworden
Es gibt Strategien auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene, um den Übergang von einer fossilen zu einer biobasierten Wirtschaft zu unterstützen. Zu diesen Initiativen gehört das Programm „Bioökonomie als gesellschaftlicher Wandel“ des BMBF, in dessen Rahmen Dr. Terese Venus erfolgreich die Nachwuchsforschungsgruppe „Bioeconomy Economics“ eingeworben hat, die sie an der Universität Passau aufbauen wird. Das Vorhaben startet zum 1. März und hat eine Laufzeit von fünf Jahren.
Der Begriff „Bioökonomie“ kommt von „Biomasse“
Es handelt sich dabei um Materialien, die von lebenden Organismen wie Pflanzen oder Bäumen stammen. „Eine der größten Herausforderungen, die gesamte Wirtschaft auf Biomasse zu stützen, besteht darin, dass überhaupt genügend Biomasse zur Verfügung steht“, erklärt Dr. Venus. Denn diese wird normalerweise für Nahrungs- oder Futtermittel verwendet. „Wo können wir also Biomasse finden, die nicht um Ackerland konkurriert? Eine Antwort könnte in landwirtschaftlichen Reststoffen liegen.“ Die Technologien, um Pflanzenreste für Energie und Produktmaterialien zu nutzen, seien vorhanden. Aber wie steht es um die gesellschaftliche Akzeptanz und was sind die sozioökonomischen Auswirkungen?
Projekt „ReValueD“: Fallstudien zu Reststoffen aus dem globalen Süden
„Es steckt enormes Potenzial in der Verwertung von Reststoffen sowohl für Industrie- als auch für Entwicklungsländer“, sagt Dr. Venus. „Für die stark landwirtschaftlich geprägten Länder des globalen Südens bietet die Bioökonomie einen Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung ohne fossil getriebene Industrialisierung und für entwickelte Länder stellt Biomasse aus dem Ausland Chancen für neue Produkte und Märkte dar“, erklärt sie.
All diese Aspekte erforscht das Team um Dr. Venus im Projekt „ReValueD: Reststoffverwertung für bio-basierte Produkte in Entwicklungsländern: Schließung der Lücke zwischen technischem Wissen und sozioökonomischen Realitäten.“ Es konzentriert sich auf tropische Früchte, die überwiegend im globalen Süden angebaut werden.
Dr. Venus betreut drei Doktorandinnen und Doktoranden, die sich jeweils schwerpunktmäßig mit einem Land befassen, das als wichtiger Produzent tropischer Früchte gilt: Costa Rica in Lateinamerika, Ghana in Afrika und die Philippinen in Südostasien. Unterstützung erhält sie von Forschenden aus den Fallstudienländern, einem multidisziplinären wissenschaftlichen Beirat sowie Vertreterinnen und Vertretern von NGOs, aus der Industrie und von Startups, die einen schnellen Transfer der Erkenntnisse ermöglichen sollen.
Forschung zu Nachhaltigkeit und Bioökonomie an der Universität Passau
„Die Forschungsschwerpunkte von Dr. Venus fügen sich hervorragend in die Nachhaltigkeitsforschung der Universität Passau ein“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Bartosch, Präsident der Universität Passau. „Wir freuen uns, dass wir eine solch engagierte und vielversprechende Nachwuchswissenschaftlerin im Forschungsfeld der nachhaltigen Bioökonomie gewinnen konnten.“
Es ist denn auch die bestehende Expertise im Bereich der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, die Dr. Venus von der TU München nach Passau gezogen hat. Eng zusammenarbeiten wird sie mit Entwicklungsökonom Prof. Dr. Michael Grimm, der sich in mehreren Projekten in Afrika und Indonesien mit der Umstellung auf Biolandbau befasst. „Ich freue mich sehr auf die Kooperation mit Dr. Venus. Wir werden gemeinsam mit ihrer Gruppe die Forschung zu Transformationsprozessen der Landwirtschaft in Ländern des Globalen Südens hin zu Bioökonomie vorantreiben“, sagt der Inhaber des Lehrstuhls für Development Economics.
Anknüpfungspunkte gibt es auch zu anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Passau, etwa der Agrarsoziologin Prof. Dr. Martina Padmanabhan, die Teil der Bioökonomie-Arbeitsgruppe des Deutschen Komitees für Nachhaltigkeitsforschung in Future Earth (DKN) ist, oder der Mensch-Umwelt-Geographin Prof. Dr. Christine Schmitt, die Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen von Wäldern erforscht. Ein wichtiger Bestandteil des Vorhabens ist zudem der Bereich Kommunikation. Hier erhofft sich Dr. Venus wichtige Impulse von Hannah Schmid-Petri, Professorin für Wissenschaftskommunikation und Mitglied im Sachverständigenrat Bioökonomie Bayern.