Der richtige Umgang mit dem Thema ESG stellt gerade mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen. Insbesondere die Erfüllung der neuen Regulierungsmaßnahmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wird intensive Arbeiten mit hohen Kosten verursachen. Die Orientierung an bestehenden Standards, die meist für börsennotierte Konzerne entwickelt wurden, ist für den Mittelstand häufig ungeeignet.
Heute legt eine Expertenkommission unter Vorsitz von Prof. Dr. Julia Redenius-Hövermann, Frankfurt School of Finance & Management, und ihrer Stellvertreterin Prof. Dr. Christina E. Bannier, Justus-Liebig-Universität Gießen, daher die praxisnahen, anwendungsorientierten Governance-Leitlinien für Nachhaltigkeit im Mittelstand vor.
Als neutrale Grundlage sollen sie es Mittelständlern erleichtern, sich mit ESG-Themen in der Unternehmensführung zu befassen und Ziele für die nachhaltige Ausrichtung ihrer Unternehmen zu setzen, die sie im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit umsetzen können – dabei bleibt Nachhaltigkeit eine unternehmerische Entscheidung.
Ein Familienunternehmen, das Nachhaltigkeit vorbildlich lebt und dafür auch durch die Rating-Agentur EcoVadis ausgezeichnet wurde, ist die Dussmann Group. Mit der Platin-Auszeichnung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zählt sie heute zu dem besten ein Prozent aller weltweit analysierten Unternehmen.
Wolf-Dieter Adlhoch, Vorsitzender des Vorstands, Dussmann Group: „Mittelständische Unternehmen, die diese Leitlinien zum Aufbau ihres Nachhaltigkeitsmanagements heranziehen, werden in der Lage sein, die Grundlage für eine wirkungsvolle Nachhaltigkeitsstrategie zu legen – und so zur nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen.“
Die Leitlinien enthalten Empfehlungen für relevante Maßnahmen zur nachhaltigen Strukturierung und Organisation des Unternehmens. Als nachhaltig wird dabei eine Unternehmenstätigkeit verstanden, die auch ökologische und soziale Ziele ausreichend berücksichtigt und Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.
Die Leitlinien stellen dem Mittelstand wissenschaftlich fundierte und zugleich anwendungsorientierte Handlungsempfehlungen in Form von 14 Grundsätzen bereit, die in die Kapitel „Geschäftsleitung“, „Aufsichtsgremium“ sowie „Unternehmensprozesse und Berichterstattung“ gegliedert sind. Die Grundsätze sind mit Best-Practice-Beispielen versehen, anhand derer die Unternehmen eine nachhaltige Governance etablieren können. Die Leitlinien sollen fortlaufend überprüft, bei Bedarf angepasst und überarbeitet werden. Zudem wird auf der Internetseite der Expertenkommission weiteres Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. https://www.frankfurt-school.de/home/research/centres/corporate-governance-insti…
Julia Redenius-Hövermann: „Die Leitlinien sollen Impulse und Hilfestellung gleichermaßen sein: Sie sollen Denkanstöße geben, ob und wie sich das Thema Nachhaltigkeit in Prozessen und Kontrollstrukturen im Sinne des Unternehmensinteresses, der Produktivität und Resilienz verankern lässt. Anhand konkreter Beispiele wird die Vielfältigkeit gespiegelt, die die Umsetzung nachhaltiger Strategien in der Unternehmensführung erlaubt.“
Christina Bannier ergänzt: „Insbesondere das Thema der Wesentlichkeit, das in der finalen Version der neuen europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten weite Spielräume zulässt, nimmt daher in den Leitlinien eine wichtige Rolle ein.“
Um die deutlichen Unterschiede mittelständischer Unternehmen in Bezug auf Größe, Rechtsform, Eigentümerstruktur, Ausrichtung oder Branchenzugehörigkeit – und die sich daraus ergebenden individuellen Herausforderungen – in den Leitfaden einfließen zu lassen, umfasst die Expertenkommission ein weites Personenspektrum: Neben wissenschaftlicher Fundierung und Neutralität ist Expertise aus dem Mittelstand – ergänzt um die Perspektive von Governance- und Prüfungs-Experten –, aus dem Finanzsektor sowie von juristischer Seite vertreten.