Prof. Dr. Dr. Alexander Brink von der Universität Bayreuth hat jetzt zusammen mit der concern GmbH, einer Ausgründung aus dem Bayreuther Studienprogramm Philosophy & Economics, ein Rating entwickelt, das erstmals explizit den Beitrag eines Unternehmens, eines Produkts oder einer Dienstleistung zu einer nachhaltigen Entwicklung misst. Als erstes Unternehmen, das den Bewertungsprozess erfolgreich durchlaufen hat, wurde die Hallesche Krankenversicherung aus Stuttgart ausgezeichnet.
Das neue Rating aus Bayreuth ist ein Angebot an Unternehmen und setzt deren aktive Mitwirkung voraus. Es bewertet die Voraussetzungen dafür, dass ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Dienstleistung einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leistet, anhand von fünf Kriterien: Wichtig ist zunächst die Frage, ob ein Unternehmen überhaupt die nötige Kompetenz besitzt, um die eigenen Prozesse so zu steuern, dass Nachhaltigkeitswirkungen erzielt werden. Zudem werden Unternehmensprozesse, Produkte und Dienstleistungen daraufhin bewertet, inwieweit sie auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind.
Ein neues wesentliches Kriterium sind die tatsächlich erzielten Wirkungen unternehmerischen Handelns in den Bereichen Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Diese Wirkungen sollen nicht nur klar identifiziert werden können, sondern auch objektiv evaluierbar sein, weshalb messbare Indikatoren als zusätzliches Kriterium hinzukommen. Schließlich sollen Unternehmen die Reichweite ihres Beitrags zu einer nachhaltigen Entwicklung proaktiv fördern – sowohl intern als auch gegenüber ihren Kunden und weiteren externen Anspruchsgruppen.
Ein Rating, das die tatsächlich erzielten Nachhaltigkeitswirkungen von Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen ermittelt und bewertet, gewinnt zurzeit auch deshalb an Bedeutung, weil die EU die Zahl der zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichteten Unternehmen ab 2024 deutlich ausweiten und die Anforderungen an die Berichte erhöhen will. Dies sieht die bereits beschlossene „Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“ vor.
Auch in Zukunft stehen auf EU-Ebene die ESG-Faktoren im Zentrum: Umwelt (Environment), Soziales (Social) und gute Unternehmensführung (Governance).
„Wir müssen weg vom reinen Aktionismus und Greenwashing der Unternehmen hin zu einer vergleichbaren Nachhaltigkeitswirkung. Die EU hat die Leitplanken nun definiert, jetzt muss der Markt wieder übernehmen. Mit dem Rating Nachhaltigkeitswirkung wollen wir einen Beitrag dazu leisten – wir beschreiten mit der Architektur unseres Ratings, das einzelne Produkte und Dienstleistungen niemals unabhängig von der Gesamtheit der Nachhaltigkeitswirkungen eines Unternehmens bewertet, echtes Neuland,“ sagt Prof. Dr. Dr. Alexander Brink, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Universität Bayreuth.
Aktuelle wirtschaftswissenschaftliche Studien zeigen: Nachhaltigkeit hat sich zu einem Wettbewerbsvorteil von Unternehmen entwickelt. Besonders ausgeprägt ist dieser Vorteil, wenn Unternehmen ihr Handeln nicht nur an entsprechenden ethischen und rechtlichen Normen ausrichten, sondern dadurch nachweisbar mehr Nachhaltigkeit bewirken.
„Die nachhaltige Transformation gelingt nur, wenn verschiedene Disziplinen wie Ethik und Ökonomie in der Praxis zusammenwirken“, erklärt Brink, der im Verzahnungsbereich des Bayreuther Studienprogramms Philosophy & Economics forscht und lehrt. „Es braucht erstens eine konsequente Verbindung von Haltung, Handlung und Wirkung, zweitens eine Relevanz auf der Kundenseite und drittens ein gemeinsames Verständnis von Nachhaltigkeit in den ESG-Faktoren, wie es in dem neuen Berichtsstandard definiert wird. Auf dieser Grundlage haben wir nun ein Bewertungssystem entwickelt, das diese verschiedenen Elemente miteinander verbindet.“
„Wir sind stolz, mit der Universität Bayreuth einen starken und kompetenten Partner für den Transfer in die Praxis zu haben“, sagt Dr. Markus Groß-Engelmann, Partner und Ratingexperte der concern GmbH. „Die Universität Bayreuth steht für das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Facetten: von Forschung und Lehre, über die Weiterbildung bis hin zu Social Entrepreneurship und die Aktivitäten rund um das Nachhaltigkeitsbüro GreenCampus.“
Auf der Basis des neuen Nachhaltigkeitsrankings wurde vor kurzem die Hallesche Krankenversicherung a. G. als Gesundheitspartner im Bereich der privaten und betrieblichen Krankenversicherung ausgezeichnet. „Mit dem Rating erhalten wir eine erste Bewertung von außen, die uns zeigt, wo wir schon gut aufgestellt sind und wo wir uns noch weiterentwickeln können,“ sagt Wiltrud Pekarek, die im Vorstand der ALH Gruppe verantwortlich für die Hallesche Krankenversicherung ist.