Der Botschafter der Ukraine in Deutschland, S. E. Oleksii Makeiev, hat gestern gemeinsam mit dem Generalkonsul der Ukraine in Frankfurt am Main, Vadym Kostiuk, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz besucht. Hier wurde er zunächst durch das Präsidium der JGU empfangen, in dessen Beisein er sich auch ins Goldene Buch der Universität eintrug. Im Gespräch mit Prof. Dr. Stephan Jolie, Vizepräsident für Studium und Lehre, und Prof. Dr. Stefan Müller-Stach, Vizepräsident für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, betonte der ukrainische Botschafter den wertvollen Kontakt zwischen den Universitäten beider Länder und insbesondere „zwischen den Menschen, die unsere Universitäten ausmachen“, so Botschafter Makeiev.
Dieses Anliegen unterstützt die JGU tatkräftig, unter anderem indem sie wenige Tage nach der Eskalation des Kriegs im Februar 2022 alle ukrainischen Universitäten zu Partnerhochschulen erklärte. So besteht für Studierende aus der Ukraine die Möglichkeit, sich für ein oder zwei Semester mit dem Status „Exchange student / Freemover“ unabhängig von bestehenden Kooperationsabkommen an der JGU einzuschreiben. „Natürlich können sich Studierende aus der Ukraine auch für ein reguläres Studium bei uns einschreiben“, betont Vizepräsident Jolie. „Meiner Erfahrung nach sprechen viele junge Menschen aus der Ukraine hervorragend Deutsch. Anderenfalls können wir sie vor Aufnahme eines Fachstudiums auch zunächst in unser Studien- und Sprachenkolleg zur Studienvorbereitung und für Sprachkurse einschreiben.“
Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen in der Ukraine berichtete der Botschafter von großen Einschränkungen in universitärer Forschung und Lehre seit Kriegsbeginn. Umso wichtiger sei es, die Verbindung zu europäischen Universitäten, zu europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu pflegen und zu suchen. Dies gelingt an der JGU mit Unterstützung verschiedener Initiativen wie der Philipp-Schwartz-Initiative oder der VolkswagenStiftung, die den Aufenthalt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Ukraine an deutschen Universitäten fördern.
„Wir schätzen das Know-how unserer ukrainischen Kolleginnen und Kollegen sowie des Fachpersonals etwa in den Bereichen IT und Technik sehr und würden uns freuen, wenn wir mit Unterstützung der Botschaft und des Generalkonsulats für unsere Universität als attraktiven Arbeitgeber werben könnten“, bekräftigt Vizepräsident Müller-Stach.
Gesprächsrunde mit Studierenden
In der anschließenden Gesprächsrunde mit Studierenden der JGU im vollbesetzten Hörsaal P2 im Philosophicum schilderte Botschafter Makeiev eindrücklich, wie Ukrainerinnen und Ukrainer seit mehr als einem Jahr tagtäglich für die Einheit und eine demokratische Zukunft ihres Landes kämpfen und damit auch entschieden die europäischen Werte und den Frieden in Europa verteidigen. „Aber Freiheit fällt nicht einfach vom Himmel. Sie muss erkämpft werden“, so Makeiev. „Wir Ukrainer leben in dieser Eskalation seit neun Jahren.“
Außerdem ging es in dem Gespräch unter anderem um die Perspektive der Ukraine für einen EU-Beitritt, für den sich der Botschafter keinen „Rabatt“ für sein Land wünscht, sondern vielmehr Unterstützung bei der Erfüllung und Umsetzung der Beitrittsbedingungen, sowie um die Frage der Berücksichtigung der Zivilgesellschaft beim Wiederaufbau der Ukraine nach Kriegsende. „Warum nicht das Weimarer Dreieck zu einer Achse Paris – Berlin – Warschau – Kiew erweitern, auch im Hinblick auf die angestrebte EU-Mitgliedschaft der Ukraine“, so der Botschafter.
Unterstützungsangebote, Ringvorlesung und Mainzer Sprachbrücke
In Reaktion auf den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 sind an der JGU verschiedene Initiativen und Hilfsangebote insbesondere für geflüchtete und gefährdete Menschen aus der Ukraine entstanden. So informiert die JGU unter https://www.international.uni-mainz.de/hilfe-ukraine/ beispielsweise über Beratungsangebote, Fördermöglichkeiten und Finanzierungshilfen für Studierende und Forschende.
Dem universitären Bildungsauftrag entsprechend, wurde bereits im Sommersemester 2022 eine öffentliche Ringvorlesung „Ukraine im Fokus“ veranstaltet, die aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven auf die Hintergründe des Konflikts blickt. Die Ringvorlesung wurde aufgezeichnet und ist unter https://www.studgen.uni-mainz.de/ringvorlesung-ukraine/ abrufbar. Darüber hinaus hat die JGU das Netzwerk Kulturgutschutz Ukraine / Ukraine Art Aid Center unterstützt, unter anderem durch Einrichtung eines Crowdfunding-Spendenkontos für Materialtransporte zum Schutz wertvoller Museumssammlungen und Denkmäler.
Eine besonders nachhaltige Initiative ist die Mainzer Sprachbrücke, die JGU-Studentin Alexandra Mihai im März 2022 ins Leben gerufen hat. Kurz nach Kriegsbeginn brachte sie innerhalb weniger Monate ein vielköpfiges Team zusammen mit dem Ziel, Flüchtlingen aus der Ukraine die deutsche Sprache näherzubringen. Sowohl die Stadt Mainz als auch die JGU unterstützen dieses Projekt. Mittlerweile engagiert sich die Sprachbrücke an Mainzer Grundschulen und kooperiert mit der Ukrainischen Samstagsschule, vermittelt durch und in enger Zusammenarbeit mit dem Ukrainischen Verein Mainz.
Ausstellung „Unissued Diplomas“ im Sommersemester 2023
Mit Vorlesungsbeginn im Sommersemester 2023 wird zudem die digitale Ausstellung „Unissued Diplomas“ (https://www.unissueddiplomas.org/) vor Ort auf dem Gutenberg-Campus präsentiert. In eindrücklichen Kurzporträts in Posterformat begegnen Studierende der JGU hier gleichaltrigen Ukrainerinnen und Ukrainern, die ihr Leben und damit ihre Zukunft im Ukrainekrieg verloren haben.