Der im Rahmen der Our Fish-Kampagne veröffentlichter Bericht zeigt den Zustand des Dorsches in der östlichen und westlichen Ostsee auf: Trotz des geltenden Rückwurfverbots wird in der Ostsee weiterhin eine erschreckend hohe Menge an Dorsch über Bord geworfen und nicht angelandet.
DUH und Our Fish kritisieren, dass die Dorschbestände in der Ostsee damit weiter in ernsthafter Gefahr sind. Noch im Jahr 1984 haben die Fischer mehr als 440.000 Tonnen Dorsch aus der Ostsee angelandet, heute bringen sie durch die kleiner werdenden Bestände weniger als 40.000 Tonnen mit nach Hause. Die Dorsche werden nicht nur weniger, sie werden auch kleiner. Individuen, die länger als 45 Zentimeter sind, sind praktisch verschwunden.
Tiefstand beim Dorschbestand
Der Dorschbestand in der westlichen Ostsee hat seinen Tiefpunkt bereits vor neun Jahren erreicht und verbleibt, von einem einmaligen Anstieg abgesehen, seit zehn Jahren auf einem äußerst niedrigen Niveau. Die fischereiliche Sterblichkeit liegt deutlich über dem von Wissenschaftlern empfohlenen nachhaltigen Maß. Aufgrund des sehr geringen Nachwuchses ist der Bestand immer noch so fragil, dass auch in den vergangenen Jahren Schließungen der Dorschfischerei während der Laichzeit in der Ostsee beschlossen und strengere Quotensenkungen vorgenommen wurden, um den Bestand zu retten. Diese Bemühungen dürfen nicht konterkariert werden.
„Die EU-Mitgliedsstaaten müssen aufhören, illegalen und umweltschädlichen Fischfang zu begünstigen und stattdessen mit dem Aufbau nachhaltiger Fischereien beginnen, die geschützte Bestände, florierende Küstenregionen und ein transparentes Fischereimanagement gewährleisten können“, fordert Rebecca Hubbard, Direktorin der Our Fish-Kampagne.„Die Umverteilung von Fangquoten auf Fischer, die selektivere Fanggeräte nutzen, würde das Risiko von Schäden an den Fischbeständen verringern und einen Beitrag zur Stützung der lokalen Fischereigemeinschaften leisten.“
„Angesichts der noch immer angespannten Lage der Fischbestände besteht dringender Handlungsbedarf. Deutschland muss sich für nachhaltige Fangquoten im Jahr 2019 einsetzen“, fordert Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „
Ohne umfangreiche Kontrollen wird weiterhin ungewollter Fisch, der mit an Land gebracht werden müsste, über Bord geworfen. In welchem anderen Industriezweig würde die Kontrolle von weniger als einem Prozent der Aktivitäten auf Einhaltung der geltenden Vorschriften als angemessen gelten? Nur mit einer tatsächlichen Kontrolle der Umsetzung der Anlandeverpflichtung werden Anreize geschaffen, selektivere Fanggeräten einzusetzen, um den unerwünschten Beifang anderer Arten und kleiner Fische zu reduzieren.“
Die Deutsche Umwelthilfe und Our Fish fordern die Fischereiminister der Ostsee-Anrainerstaaten vor dem kommenden AGRIFISH-Treffen in Luxemburg vom 15. bis 16. Oktober 2018 auf, den wissenschaftlichen Empfehlungen zu folgen und die jährlichen Fanggrenzen auf nachhaltigem Niveau und entsprechend der Anforderungen der Gemeinsamen Fischereipolitik festzulegen; Fanggrenzen auf der Grundlage von wissenschaftlichen Gutachten zu den erwünschten Fängen
festzusetzen, wobei „Quotenaufstockungen“ für unerwünschte Fänge nur jenen Flotten gewährt werden dürfen, die mithilfe elektronischer Fernüberwachung die lückenlose Einhaltung der Anlandeverpflichtung nachweisen; sowie Fangflotten, die in Verdacht stehen, das Rückwurfverbot zu missachten, zu verpflichten, die Einhaltung der geltenden Vorschriften mithilfe elektronischer Fernüberwachung und Videoüberwachung bzw. Beobachtern an Bord nachzuweisen.
Hintergründe:
Durch die 2014 reformierte Gemeinsame Fischereipolitik der EU wurde zur Umsetzung des Rückwurfverbots die sogenannte Anlandeverpflichtung eingeführt, die festlegt, dass alle Fische, für die Fangbegrenzungen oder Mindestreferenzgrößen existieren, mit an Land gebracht und auf die Fangquoten angerechnet werden müssen. Doch da keine effektiven Kontrollen existieren, werden die Fische, die ungewollt im Netz landen, immer noch tot oder sterbend über Bord geworfen.