Kiel und Kherson gründen deutsch-ukrainischen Hochschulkooperation

Unterzeichneten gleichzeitig in Kiel und in der Ukraine die Kooperationsvereinbarung „Memorandum of Unterstanding“ (von links, 1. Reihe): Prof. Simone Fulda, Prof. Christian Martin und Prof. Kai Carstensen.

Notebooks, Stipendien, Honorare und Lehrunterlagen: Seit mehr als einem halben Jahr unterstützt die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) die südost-ukrainische Kherson State Agrarian and Economic University (KSAEU) während des russischen Angriffskrieges. Jetzt wollen beide Seiten die Zusammenarbeit festigen. Am Freitag (31. März) trafen sich daher die Spitzen beider Hochschulen per Videokonferenz, um eine entsprechende Vereinbarung zu unterzeichnen. „Wir stehen weiterhin an der Seite des ukrainischen Volkes. Deshalb freut es mich außerordentlich, dass wir Forschung und Lehre an der KSAEU unterstützen können. Die Universitäten in Kiel und Kherson profitieren darüber hinaus vom fachlichen Austausch miteinander. Ich danke Ihnen allen für Ihr großartiges Engagement und freue mich über die weitere, nun auch institutionell verankerte Zusammenarbeit“, sagte CAU-Präsidentin Prof. Dr. Simone Fulda.

„Wie geht digitale Lehre im Krieg? Das war die Hauptfrage, die wir uns in unserem ukrainisch-deutschen Team immer wieder gestellt haben. Durch sich wiederholende Stromausfälle oder instabile Internetverbindungen war es vielen Studierenden oft nicht möglich, an den digitalen Vorlesungen live teilzunehmen. Deshalb mussten die Lehrenden vermehrt auf asynchrone Lehre setzen und unser umfangreiches Lehrmaterial entsprechend umwidmen“, beschreibt Prof. Dr. Kai Carstensen, Projektleiter und Prodekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, die besondere Situation.

Per Videoübertragung nahmen von der KSAEU teil (von links): Prof. Viktoriia Krykunova (Dekanin der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät), Rektor Prof. Yurii Kyrylov und Vize-Rektorin Prof. Viktoriia Hranovska.

Derzeit entwickeln beide Institutionen ein gemeinsames „Certificate in Quantitative Analysis for Business, Economics and Public Administration“, das zunächst an der KSAEU zum Einsatz kommt, mittelfristig aber auch Studierenden der Universität Kiel offenstehen soll. Im Mai ist der Besuch einer dreiköpfigen ukrainischen Delegation in Kiel geplant.

Die Kooperation begann mit einem Stipendium der WiSo-Fakultät für eine geflüchtete Professorin der KSAEU, Prof. Tetiana Skibina. Seit August 2022 fördert der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) das Projekt aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das Institut für Statistik und Ökonometrie an der CAU schickte der KSAEU seitdem Notebooks und Arbeitsunterlagen sowie Videos für die Lehre – inzwischen auch in ukrainischer Sprache.

Über 90 Studierende der KSAEU erhielten bisher Stipendien in Höhe von jeweils 800 Euro pro Semester, um das Studium während des anhaltenden Krieges fortsetzen zu können. Fünf Studierende wurden an die CAU eingeladen. Zudem konnten notwendige Veranstaltungen ukrainischer Lehrkräfte auf Honorarbasis engagiert werden. Prof. Skibina hält ihre Veranstaltungen von der CAU aus in digitaler Form und fungiert als Verbindungsperson zur KSAEU. Das DAAD-Projekt wurde Anfang dieses Jahres bis Ende 2023 verlängert.