Die Atmosphäre läuft extrem heiß

Foto: Die Linde

Forscher der Universität Graz belegen im Rahmen einer internationalen Studie, dass die weltweite Menge an Wärmeenergie in der Atmosphäre seit Beginn des 21. Jahrhunderts etwa viermal so stark zugenommen hat wie zwischen 1960 und 2000. In der Nordhemisphäre, außerhalb der Tropen, sogar rund sechsmal so stark. Grund dafür sind die vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen.

„Eine derart starke Wärmezunahme in so kurzer Zeit ist rein durch natürliche Schwankungen nicht erklärbar“, sagt Gottfried Kirchengast, einer der Hauptautoren der Arbeit, die im Fachjournal Earth System Science Data erschienen ist. „Wenn der Wärmeanteil der Lufthülle im Vergleich zu Meer und Land so unverhältnismäßig wächst, treibt das Wetter- und Klimaextreme noch stärker an“, so der Forscher vom Wegener Center und Institut für Physik der Uni Graz.

Energie-Ungleichgewicht

Durch die fortdauernden fossilen Emissionen nimmt die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre stetig zu. Das verursacht ein Energie-Ungleichgewicht zwischen der auf unserem Planeten eintreffenden Sonnenstrahlung und der Rückstrahlung der Erde, die durch den Treibhausgasanstieg vermindert wird. „Dadurch verbleibt Jahr für Jahr ein riesiger Energieüberschuss von rund 13 Billionen Gigajoule im Erdsystem, mehr als das Zwanzigfache des Weltenergieverbrauchs. Das treibt die globale Erwärmung unausweichlich voran. Nur eine Emissionsreduktion auf null kann diesen Prozess stoppen“, erklärt Kirchengast.

Wärme-Inventur

Die groß angelegte internationale Studie, die im Rahmen des „Global Climate Observing System“-Programms der Vereinten Nationen durchgeführt wurde, liefert eine aktuelle Bestandsaufnahme des Wärmehaushalts der Erde. Sie zeigt, wie stark sich seit den 1960er-Jahren die überschüssigen Energiemengen jeweils in den Meeren, den Landmassen und der Lufthülle des Planeten ansammeln sowie zum Abschmelzen der Polkappen und Gletscher führen. Rund 89 Prozent dieser Energie speichern derzeit die Weltmeere, fünf Prozent das Land, vier Prozent verbraucht das Abschmelzen des Eises, und rund zwei Prozent gehen in die Atmosphäre, so die Ergebnisse.

„Zwar nimmt die Atmosphäre – vor allem dank der Pufferspeicherung der Meere – nur die kleinste absolute Wärmemenge auf, relativ betrachtet sind ihre Veränderungen aber am stärksten und am unmittelbarsten für uns spürbar, etwa durch stärkere Wetter- und Klimaextreme“, fasst Kirchengast zusammen. „Die Wärmezunahme in der Lufthülle ist ein fundamentaler Zeiger des Klimawandels“, betont der Forscher.

Die Autoren der Studie empfehlen, die „Wärme-Inventur“ der Erde, ähnlich dem weltweiten Emissions-Monitoring, regelmäßig weiterzuführen und in die globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake) des Pariser Klimaabkommens aufzunehmen. Diese wird heuer erstmals durchgeführt, um den Fortschritt bei der Verwirklichung der vereinbarten Ziele zu bewerten.